SPOX: Herr Fischer, Sie haben im Dezember 2007 mit 18 Jahren Ihr Profidebüt für den VfB Stuttgart gegeben - in der Champions League, im Camp Nou, gegen Barcelona. Wie lange ist das gefühlt für Sie schon her?
Manuel Fischer: Das ist ganz weit weg, so etwas vergisst man aber nie. Ich trage die Erinnerungen noch mit mir, aber ich lebe nicht in der Vergangenheit. Das ist eine schöne Randnotiz in meiner Karriere. Ich habe damals kurz davor mit der Europaauswahl gegen Afrika gespielt, auch im Camp Nou. Bojan Krkic war in meinem Team, mit ihm habe ich dann auch das Trikot getauscht.
SPOX: Da Mario Gomez und Cacau verletzt ausfielen, durften Sie ran. Wie überraschend kam das denn?
Fischer: Sehr. Ich war montags noch bei meinen Eltern in Aalen, als mich ein Journalist anrief und fragte, was das denn nun für ein Gefühl sei. Ich wusste gar nicht, was der wollte. Kurz darauf hat mich dann der Verein informiert, dass ich zum Profi-Training kommen solle. Am Wochenende zuvor hatte ich noch gegen Ludwigshafen-Oggersheim gekickt. Erst Oggersheim, dann Barcelona - Wahnsinn! (lacht) Es ist aber nicht so, dass ich mir darauf irgendetwas einbilde und jedem erzähle: Hey, ich habe mal in der Champions League gegen Barca gespielt.
SPOX: Hansi Kleitsch, Ihr A-Jugendtrainer in Stuttgart, verglich Ihre Knipser-Fähigkeiten damals mit denen von Gerd Müller.
Fischer: Ich hatte das auch gelesen. Hansi hatte eben eine gute Meinung von mir, da ich auf einem guten Level gespielt habe und mir solch ein Lob letztlich erarbeitete. Gerd Müller war für mich damals nicht wirklich greifbar. Ich hatte ihn nie spielen sehen. Als ich ihn zu meiner Zeit bei Bayern II als Co-Trainer kennen lernen durfte, war ich fasziniert. Er ist ein cooler Typ, wir hatten eine tolle Verbindung zueinander. Ich habe ihn öfter mal heimgefahren. (lacht)
SPOX: Im Jahr vor Ihrem Profistart beim VfB wurden Sie bei der U17-Europameisterschaft mit fünf Treffern zusammen mit Bojan Krkic und Tomas Necid Torschützenkönig. Toni Kroos wurde als bester Spieler des Turniers ausgezeichnet. Haben Sie noch Kontakt zu den Jungs von damals?
Fischer: Ich habe Toni getroffen, als er noch mit den Bayern in Großaspach gespielt hat. Im Fußball trennen sich die Wege eben irgendwann. Beim einen geht es steil nach oben, beim anderen nicht. Im Endeffekt sind wir alles gleichwertige Menschen. Ich gönne es jedem, den Sprung geschafft zu haben. Ich habe meinen Weg genommen und bin damit absolut zufrieden. Ich glaube fest daran, dass alles seinen Sinn hat und bin ein glücklicher Mensch. Das ist sowieso viel wichtiger als alles andere.
SPOX: Dem VfB sicherten Sie mit Ihrem Tor am letzten Spieltag der Saison 2007/2008 den Einzug ins internationale Geschäft. Ihr Profivertrag lief bis 2011. Wieso hat es nicht geklappt, sich dort zu etablieren?
Fischer: Es gehört auch immer etwas Glück dazu - und ich hatte vielleicht auch ein bisschen mehr Pech als andere. Damals war es noch so, dass man als junger Kerl nach einem Treffer nicht gleich in der Bundesliga angekommen war. Nach meinem Tor war die Saison vorbei. Hätte ich es am 22. Spieltag geschossen, wäre vielleicht eine Woche später gleich die nächste Chance gekommen. So kam aber die Sommerpause, eine Vorbereitung, Neuzugänge. Es sind solche Kleinigkeiten, die entscheiden können.
SPOX: Sie waren daraufhin plötzlich raus. Wie wurde das Ihnen gegenüber begründet?
Fischer: Begründungen gibt es im Profifußball nicht. Es gibt in meinen Augen wenige Trainer, die zu dir kommen und sagen: 'Du spielst heute nicht und das hat folgenden Grund.' In den meisten Fällen hängt ein Zettel an der Kabinenwand und da steht man dann eben drauf oder nicht. Damit muss man klarkommen.
SPOX: Sie unterzeichneten in Stuttgart einen Profivertrag, wurden sechs Monate später zur TuS Koblenz in die 2. Liga ausgeliehen, gingen zurück zum VfB und kamen dort meist nur in der zweiten Mannschaft zum Zug.
Fischer: In Koblenz herrschte Abstiegskampf, den man ohne junge Spieler bestreiten wollte. Mal spielte ich, mal nicht. Ich kam in keinen Rhythmus. Ich hatte während meiner gesamten Karriere leider auch immer wieder Probleme mit dem Knie. Was viele gar nicht wissen: ich riss mir schon mit 14 das Kreuzband und habe sieben Jahre ohne Kreuzband gespielt. Natürlich waren auch die Ausleihen, später ging ich ja noch nach Burghausen, für mich als junger Kerl nicht einfach. Man ist alleine, kommt wieder zurück und steht dann zwischen Tür und Angel. Es fehlte eine feste Zugehörigkeit und auch Beständigkeit, um sich in einem harmonischen Umfeld entwickeln zu können.
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