SPOX: Bei Union-Fans waren Sie Publikumsliebling. Über den Verein hinaus aber auch ein Symbol für Fußballnostalgiker, eine Art Steven Gerrard von Union. Haben Sie das wahrgenommen?
Mattuschka: Klar bekommt man das ein bisschen mit, wenn man zum Beispiel durch Deutschland reist und überall erkannt wird. Das macht einen stolz. So ein kleiner Bubi, der noch bis 21 irgendwo auf dem Dorf gespielt hat, dann deutschlandweit bekannt und verdienter Zweitligaspieler ist. Wenn das so wahrgenommen wurde, dann freut mich das natürlich, dass meine Art und Weise da draußen ankommt. Es ist schön, dass die Verbindung Union-Mattuschka so in den Köpfen verankert ist.
SPOX: Hegen Sie selbst Bewunderung für Spieler wie Gerrard, die ihr Leben einem einzigen Klub widmen?
Mattuschka: Ja natürlich, ich finde so etwas geil, weil ich selber ein bodenständiger Typ und ziemlich verwurzelt bin. Das ist heutzutage im Fußball eher selten. Manche hauen sofort ab, wenn es mal schwierig wird, das passt aber nicht zu mir. Man muss einfach manchmal die "Jetzt-erst-recht"-Einstellung haben. Bei Steven Gerrard denke ich, dass es für ihn persönlich jetzt auch nicht einfach ist, nochmal woanders hinzugehen. Er ist da einfach die Liverpool-Ikone schlechthin. Jeder Fußballer will in einem Verein das Gefühl haben, gebraucht zu werden. Das ist auch in der Kreisliga so. Wenn dort einer unter der Woche gar nicht zum Training kommt und dann am Wochenende trotzdem an deiner Stelle spielt, dann sagt man sich vielleicht auch mal: "Leck mich doch am Arsch, ich geh woanders hin." Weil man Fußball spielen will. Etwas schöneres gibt es nicht.
SPOX: Sie sollen einst in Cottbus von der Sportschule geflogen sein. Wie kam es dazu?
Mattuschka: Ich habe die Klassenstufe nicht geschafft, war in der Schule so wie ich noch immer bin - nur noch ein wenig schlimmer. Ich hätte lernen müssen, um gut zu sein. Ich hatte allerdings nur Fußball im Kopf. Zu dem Zeitpunkt war ich in der B-Jugend und ich musste dadurch auch den Verein wechseln. In meinem letzten Spiel haben wir 15:0 gewonnen und ich habe zwölf Tore gemacht. Dann bin ich wieder aufs Dorf zu meinen Kumpels gegangen.
SPOX: Bereuen Sie das heute?
Mattuschka: Das habe ich mich selbst schon oft gefragt. Vielleicht hätte meine Karriere noch besser laufen können, aber ich kann das jetzt nicht mehr ändern. Fakt ist, dass ich in den wichtigen Jahren in der Jugend auf dem Dorf war und mir dadurch vermutlich Athletik und Schnelligkeit gefehlt haben. Aber das ist Spekulation. Trotzdem bin ich froh, dass ich als Quereinsteiger doch noch Profi wurde.
SPOX: Ab der Saison 1997 sollen Sie für den SV Dissenchen in 100 Spielen 100 Tore erzielt haben. Ist da was dran?
Mattuschka: Ich denke schon. Aber damals war es ja einfach nur Arsch rausstrecken, drehen und schießen. Dennoch: Durch solche Geschichten ist man bekannt geworden. Und mein Opa hat es dann immer wieder probiert, er wollte dass ich es zum Profi schaffe. Er hat die Amateur-Trainer von Energie immer wieder bequatscht und dann haben sie irgendwann gesagt, dass ich mal zum Spiel kommen soll.
SPOX: Also stimmt es wirklich, dass Ihr Opa dafür verantwortlich ist, dass Sie überhaupt Profi geworden sind?
Mattuschka: Ganz genau. Irgendwann wurde dann auch mal der Kontakt hergestellt, dass ich auch mal bei den Profis in einem Trainingsmatch mitspielen konnte. Trotz meiner damals 100 Kilo habe ich dann ein Tor gemacht und - ich glaube - zwei vorbereitet. Dann kam Ede Geyer zu mir und hat gesagt: "Du musst abnehmen!" Ich habe meine Lehre als Maler noch fertig gemacht und bin dann zum FC Energie gewechselt. Man sollte einfach immer an sich glauben, nie aufgeben und kämpfen für das, was man wirklich in seinem Leben erreichen will.
SPOX: Ist denn ein Karriereende überhaupt schon in Sicht?
Mattuschka: Ich denke schon, ja. Sollte es aber nach den noch zweieinhalb übrigen Jahren immer noch Spaß machen, wenn ich immer noch geradeaus laufen und der Mannschaft helfen kann, dann spiele ich womöglich weiter. Das kann ich aber nicht beeinflussen und vorhersagen. Fakt ist aber auch: Wenn ich merke, dass ich es nicht mehr hinbekomme, dann bin ich der Letzte, der auf Teufel komm' raus sagt: "Komm, ich mach noch'n Jahr."
SPOX: Ist nach dem Schlussstrich schon etwas geplant?
Mattuschka: Noch nichts Konkretes. Einen Co-Trainer-Posten könnte ich mir vorstellen. Heute sind die jungen Spieler reifer, aber man muss ihnen trotzdem mal Tipps geben und sagen können: "Bis hierhin und nicht weiter." Ich geh zwar auch gerne mal feiern, aber es kommt drauf an, wann man es macht. Ich war auch mal auf einer Party bis früh um 4 Uhr und dann um 6 Uhr auf dem Bau. Von daher weiß ich, wie ich das jetzt einzuschätzen habe. Was ich erleben darf und was für ein Leben ich führen kann. Ich bin nichts besseres, weil ich in der Öffentlichkeit stehe und ab und zu mal im Fernsehen zu sehen bin. Auch Fußballprofis furzen, genau wie jeder andere (lacht).
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Torsten Mattuschka im Steckbrief