Moderator Gerhard Delling stellte seinen Gesprächspartner Wolfgang Niersbach beim Neujahrstreffen des Niedersächsischen Fußballverbands in Barsinghausen als Surfer vor.
Der Generalsekretär des DFB reite auf einer Welle des Erfolges, bewertete Delling die Vita des designierten Nachfolgers von Theo Zwanziger als Präsident des größten nationalen Sportfachverbandes der Welt. Der 61 Jahre alte gelernte Journalist Niersbach griff zwar das Surfer-Bild auf, widersprach aber zugleich vor 150 geladenen Gästen im NFV-Hotel: "Eher bin ich in eine Welle geraten."
"Pokal nach Deutschland holen"
Niersbach, früherer Mediendirektor des DFB und einer der entscheidenden Macher der WM 2006, stellte seine Visionen und Wünsche vor. "Endlich wieder mal einen Pokal nach Deutschland holen", sagte er und umriss die Chancen der Nationalmannschaft bei der EM in diesem Sommer.
"Wir gehören zu den Favoriten. Es kann immer mal eine Niederlage dazwischen kommen. Aber wir haben ein tolles Team, vom Zeugwart bis zum Koch. Es ist grandios, wie eingespielt die Abläufe sind."
Alle Aufgaben sind nur im Team zu lösen
Persönlich hofft Niersbach, authentisch zu bleiben. "Das habe ich mir fest vorgenommen. Ich habe großen Respekt vor dem neuen Amt, denn es war keineswegs beabsichtigtes Lebensziel oder gar Lebensplanung, DFB-Präsident zu werden." Niersbach betonte mehrmals, dass er ein Teamplayer sei.
"Die Aufgaben im DFB sind nur als Team zu bewältigen. Da sind wir bestens aufgestellt. Andere Verbände beneiden uns darum." Er selbst gilt als schneller Entscheider, akribischer, loyaler Arbeiter und Manager. Ob er ein Machtmensch sei? "Macht kommt von machen, das Machbare umsetzen. Das geht nur gemeinsam. Fußball ist ein Mannschaftssport", erklärte Niersbach.
Mit der Übernahme des Präsidentenamtes können auch Aufgaben bei FIFA und UEFA verbunden sein. In Zürich bei der FIFA ist Zwanziger noch bis 2013 im Mandat, in Nyon bei der UEFA bis 2015. Niersbach interessiert offenbar aber eher eine zukünftige Mitarbeit am Genfer See. "Michel Platini bei der UEFA bevorzugt agierende Präsidenten", gab er augenzwinkernd einen Wink zu FIFA-Präsident Sepp Blatter - aber auch ein Engagement bei der FIFA wollte er nicht ausschließen.
Dass er von Zwanziger zahlreiche Baustellen und Probleme erbt, steht außer Frage. "Es wird unter mir keine Revolution geben, sondern Evolution", sagte Niersbach: "Theo Zwanziger ist viele schwierige Themen offensiv angegangen. Da werde ich weiter dahinter stehen. Fußball ist Emotionalität, mit großartigen Gefühlen bis hin zu Enttäuschungen."
"Wer Randale macht, ist kein Fußball-Fan"
Insbesondere das Gewalt-Thema sei zu lösen. Es herrsche eine gewisse Hilflosigkeit. Umso mehr müsse der DFB klare Positionen umsetzen. "Es gibt Regeln. Wer sich nicht daran hält, muss die Konsequenzen tragen. Dieses werden wir durchsetzen. Wer Randale macht, ist kein Fußballfan", erklärte der gebürtige Düsseldorfer.
"Wenn Prävention nicht greift, hilft nur Sanktion. Wir werden Maßnahmen konkret erarbeiten. Wir brauchen beim Fußball die friedliche Atmosphäre wie bei der WM 2006", sagte Niersbach. Auch in Sachen Pyrotechnik hat er einen klaren Standpunkt. "Feuerwerke sind gefährlich und verboten. Das wird so bleiben."
Doch noch Friede im Fall Ballack?
Im Fall Manfred Amerell wollte Niersbach sich nicht zu Prognosen festlegen. In der noch schwelenden Steueraffäre der Schiedsrichter sei klar zu machen, dass nicht der Zahlende, sondern der Zahlungsempfänger in der Verantwortung stehe.
Für den Frauenfußball deutete er gravierende Veränderungen an, wollte sich aber noch nicht festlegen. "Ich habe ein gutes Verhältnis zum Frauenfußball. Steffi Jones ist eine tolle Frau. Ich war schon beim EM-Gewinn 1989 dabei und habe jetzt einige Dinge im Kopf. Doch ist es vor der Wahl verfrüht, über Details zu sprechen", meinte er.
Als "Friedensengel" versucht er sich ebenfalls zu profilieren. Am Tag nach Barsinghausen war er für die Feier des 60. Geburtstages von Uli Hoeneß in München angekündigt. Michael Ballack vielleicht noch einmal dazu zu bewegen, seinen Konflikt mit Joachim Löw auszuräumen, ist nur eines der Ziele des künftigen DFB-Präsidenten.