Es lief die 32. Minute in der BayArnea, da wurden die Zuschauer in Leverkusen Zeugen eines Zweikampfes, der stellvertretend stand für das Spiel der Werkself gegen den spanischen Meister. Ein Zweikampf, der als Symbolbild herhalten kann für den Auftritt des Underdogs gegen den Favoriten aus Madrid. Ein Zweikampf, der sich jedoch nicht auf dem Feld, sondern in der Coaching Zone abspielte.
Bayer-Trainer Roger Schmidt war es, der sich ein heftiges Wortgefecht lieferte. Zuerst mit Atleticos einschüchterndem Co-Trainer German Burgos. Dann mit Diego Simeone. Dann mit beiden.
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Nach Abpfiff der Partie stand Schmidt dann grinsend in den Katakomben der Leverkusener Arena. "Angst hab ich vor dem nicht", sagte der 47-Jährige bei "Sky" über Burgos. " Man weiß ja, wie das ist. Der wird vorgeschickt wie ein Türsteher." Und: "Von dem lasse ich mir nichts gefallen, schon gar keine Beleidigungen oder Provokationen."
Die alte Stärke wiederentdeckt
Angst war an diesem Abend aus Leverkusener Sicht auch nicht angebracht. Weder vor Simeones Türsteher, noch vor Atletico. Dafür waren zum einen die Gäste zu schwach, zum anderen reaktivierte die Werkself gerade im bislang prestigeträchtigsten Spiel der Saison die Tugenden, die Bayer am Anfang der Spielzeit so stark machten.
"Wir waren von Anfang an da, haben Gas gegeben und temperamentvoll gespielt, deshalb hat alles geklappt", schwärmte Karim Bellarabi, der das Siegtor durch Hakan Calhanoglu gewieft per Hacke vorbereitete. "Wir haben eine Reaktion gezeigt auf die Kritik und die ein bisschen schlechteren Spiele. Wir haben super verteidigt", lobte Keeper Bernd Leno.
Und auch der Coach hatte wenig auszusetzen am bärenstarken Auftritt seiner Mannen. Vielmehr fühlte sich Schmidt an die grundsätzlichen Stärken Bayers und seines Fußballs erinnert. "Wir haben das gemacht was uns eigentlich auszeichnet", erklärte der Coach, der in Bundesligaspielen nach der Rückrunde nur einen Sieg aus fünf Spielen bejubeln durfte.
Mit Reife zu einem "runden Spiel"
65,7 Prozent Ballbesitz standen nach Abpfiff der 90 Minuten unter dem Strich bei Leverkusen. Mit cleverem und starkem Spiel gegen den Ball sorgte die Werkself nicht nur dafür, dass die Gäste quasi zu keinen klaren Torchancen kamen, sondern zwangen die Colchoneros zu einer unterirdischen Passquote von 57,9 Prozent.
"Wir waren geschlossen gegen den Ball und kompakt. Wir haben sehr gut nach vorne umgeschaltet, hatten einen guten Rhythmus. Die Mannschaft hat wenig zugelassen und immer wieder Aktionen nach vorn gehabt und eine gewisse Reife gezeigt. Insgesamt war das ein sehr rundes Spiel von uns", befand der Coach, der nach den unbefriedigenden Resultaten der letzten Wochen Hoffnung schöpft, dass der Knoten bei Bayer in der Rückrunde endlich geplatzt sein könnte.
"Wir wollen das irgendwann zum Standard machen", sagte Schmidt. "Das ist natürlich ein hohes Niveau, da gehört viel Fokussierung der Mannschaft dazu. Es ist nicht einfach, das alle drei, vier Tage abzuliefern. Wir arbeiten dran, so etwas regelmäßig hinzukriegen."Wenn das endlich gelingen sollte, dann sind die Leverkusener Hoffnung auf das ein oder andere Spiel am Dienstag- oder Mittwochabend berechtigt. "Wir haben alle Möglichkeiten. Wir sehen das ganz klar als Chance, ins Viertelfinale einzuziehen", macht Schmidt keinen Hehl daraus, dass man mit dem 1:0 das Tor zum Viertelfinale weit aufgestoßen hat.
"Wir waren die klar bessere Mannschaft und haben verdient gewonnen", nannte Siegtorschütze Calhanoglu das Kind beim Namen. Beim Tor, so der Deutsch-Türke, habe er "alles rausgelassen. Wir müssen im Rückspiel genauso auftreten wie heute, dann haben wir eine gute Chance".
"Eine traumhaft schöne Situation"
An diese Chance glaubt man jedoch auch in der spanischen Hauptstadt. "Leverkusens Torwart hat wirklich sehr gut gehalten", suchte Simeone des Rätsels Lösung in Keeper Leno, der bis auf einen sensationellen Reflex gegen einen Seitfallzieher von Tiago aber weitestgehend beschäftigungslos blieb. "Wir hätten noch ein Tor machen können. Leider hat das nicht geklappt. Aber ich denke, dass es eine gute Grundlage ist."
Im Gegensatz zum Trainer der Colchoneros, der beim Handshake nach dem Spiel Schmidt keine Sekunde zu viel Augenkontakt schenkte, gab's aber auch lobende Worte aus dem Lager von Atleti. "Es war ein schwieriges Spiel für uns. Sie waren aggressiv und haben viel gepresst. Leverkusen hat den Sieg verdient", zollte Gabi der Leistung der Leverkusener Respekt.
Auf ein schwieriges Spiel werden sich die Madrilenen auch am 17. März einstellen dürfen, wenn es im Vicente Calderon endgültig um den Einzug in die nächste Runde geht. Dass mit Tiago nach seinem dämlichen Platzverweis und Abwehrchef Godin wegen seiner zweiten Gelben Karte zwei wichtige Spieler fehlen, macht die Sache für die Colchoneros nicht gerade einfacher.
Und dann ist die Krise am Rhein vielleicht schon bald passe. Gewichen für eine "traumhaft schöne Situation", wie es Schmidt ausdrückte. Er und sein Team müssen aber noch einmal mindestens 90 Minuten mindestens genauso viel kämpfen und vor allem vor niemandem Angst haben.
Leverkusen - Atletico: Die Statistik zum Spiel