BVB vs. FC Bayern: Als Sebastian Kehl zu Borussia Dortmund wechselte und der FCB mit Klage drohte

Heißer Winter 2001/02: Der BVB in Person von Manager Michael Meier schnappen dem FC Bayern und Uli Hoeneß Sebastian Kehl vor der Nase weg.
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BVB schnappt FCB Kehl weg: Deal mit dem "Schlangen-Franz"

Längst war da schon durchgesickert, dass auch der BVB seine Fühler nach Kehl ausgestreckt hatte. "Es war nichts unterschrieben. Das muss man wissen. Wir haben ganz offiziell Kontakt zum SC Freiburg aufgenommen. Wir haben ganz normal mit Andreas Rettig (damals Manager des SC Freiburg) und Trainer Volker Finke gesprochen", erzählt Meier über die erste Kontaktaufnahme der Dortmunder in der Causa Kehl.

Das erste Treffen sei in Dortmund am Rande eines Europapokalspiels gewesen. Kehl war damals noch nicht mit dabei, nur Rettig und Finke. Später folgten Gespräche mit dem "Schlangen-Franz". So nannte man in der Branche Kehls Berater Franz Gerber wegen seiner früheren Vorliebe für Reptilien. "Nach einer gewissen Zeit hat sich herausgestellt, dass es eine Ausstiegsklausel gab und wir dieser Klausel gerecht werden konnten", erzählt Meier.

Und als die Dortmunder ganz offiziell ihren Hut in den Ring warfen, begann es auch, in Kehl zu rattern. "Die Familie fing an, zu überlegen und teilte uns dann mit: 'Wir haben nichts unterschrieben und tendieren zu Borussia Dortmund.' Dann haben wir das gemacht", sagt Meier.

BVB und FC Bayern im Clinch: Als Zorc noch Heiapopeia machte

Hoeneß drohte Kehl daraufhin mit einem Gang vors Arbeitsgericht und bezeichnete die Einigung aus dem Sommer als Geschäft, "das wir ohne Wenn und Aber abgemacht haben". Zu einem Zeitpunkt, als der Dortmunder Sportdirektor Michael Zorc "noch Heiapopeia gemacht hat", wie es Hoeneß formulierte.

Der Ton wurde merklich rauer, Spott kam besonders von Gerd Niebaum. "Uli Hoeneß sollte doch langsam verstehen, dass dies eine Loser-Veranstaltung für ihn ist", sagte der damalige BVB-Präsident. So wie sich Hoeneß äußere, "verliert er die Souveränität". Überhaupt sei es Hoeneß, der im Glashaus sitze und von da aus "mit ganz dicken Felsbrocken" um sich werfe.

Der FC Bayern schaltete in der Folge Sportrechtsanwalt Christoph Schickhardt ein, für den der FCB im Recht war. Kehl sei vertraglich ganz eindeutig an Bayern gebunden, weil er "alle denkbaren Handlungen der Willenserklärung" vollzogen habe, "ob schriftlich oder mündlich".

Dass Kehl keinen Vertrag unterschrieben und angeblich sogar einen 1,5-Millionen-Mark-Scheck der Bayern im November zuzüglich Zinsen zurückgeschickt hatte ("Ich habe das Geld nicht angerührt"), war nach Auffassung Schickhardts einerseits "Vertragsreue" und andererseits juristisch irrelevant.

Fädelten geschickt 2001 den Transfer von Sebastian Kehl zum BVB ein: Sportdirektor Michael Zorc und Manager Michael Meier.
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Fädelten geschickt 2001 den Transfer von Sebastian Kehl zum BVB ein: Sportdirektor Michael Zorc und Manager Michael Meier.

BVB holt Kehl im Winter: "Was bildet sich der Mann ein?"

Doch alle Drohgebärden halfen nichts. Nur neun Tage, nachdem Hoeneß den Wechsel von Kehl zum FC Bayern bekanntgegeben hatte, wechselte Kehl tatsächlich. Dieses Mal zum BVB und zwar "im kommenden Jahr". Der 21-Jährige gab "sportliche Gründe" für seine Entscheidung an, die er sich "reiflich" überlegt habe.

Und in München? Da platzte Uli Hoeneß endgültig der Kragen. Sein erstes Ziel: Kehl, der "immer als smarter, netter Kerl verkauft" werde. "Aber hier treibt er ein Spiel der übelsten Sorte", echauffierte sich der Bayern-Manager.

"Wenn jemand so lügt, wie in dieser Geschichte gelogen wird, dann macht es wenig Spaß mit solchen Leuten", sagte Hoeneß: "Dortmund versucht, ihn mit Geld zuzuschütten, und ein Spieler mit labilem Charakter ist davon leicht zu überzeugen." Nach der Bekanntgabe des BVB forderte Hoeneß sogar eine Ablöse für "seinen" Spieler, die er dann der Afghanistan-Hilfe spenden wolle.

"Bayern München hat immer sehr empfindlich reagiert. Das ist aber auch menschlich, wenn ein Transfer, der geplant war, nicht funktioniert", ordnet Meier diesbezüglich heute ein: "Dann hat man dem Gegenüber halt unlautere Methoden vorgeworfen." Vor 19 Jahren aber bot er Hoeneß Paroli und bezeichnete seine Afghanistan-Aussagen als "billige Nummer".

"Wie kannst du ein so sensibles Gebilde wie den Afghanistan-Konflikt in Verbindung bringen mit dem Fall Kehl? Was bildet der Mann sich eigentlich ein?", fragte Meier und prangerte besonders Hoeneß' "Scheckbuchpraxis" mit Darlehen an künftige Bayern-Spieler an.

"Es ist ein Skandal, wenn man einem Spieler vorab 1,5 Millionen überweist. Und dieser Spieler muss vielleicht noch zwei Mal mit seinem Klub gegen die Bayern spielen", sagte Meier: "Stellen Sie sich mal vor, wir spielen gegen Hertha und überweisen vorher dem Marcelinho 500.000 Mark Darlehen. Und sagen: Das ist für die Tatsache, dass wir dich eventuell holen", polterte er. Thematisiert werde aber nur, ob Kehl eine Zusage gegeben habe oder "ein Charakterschwein" sei.

Arbeiteten fast 30 Jahre gemeinsam in der Fußball-Branche: Ex-BVB-Manager Michael Meier und Bayern-Legende Uli Hoeneß.
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Arbeiteten fast 30 Jahre gemeinsam in der Fußball-Branche: Ex-BVB-Manager Michael Meier und Bayern-Legende Uli Hoeneß.

Kehl der Raffzahn? "Er ist durch ein Stahlbad gegangen"

Noch heute sieht Meier jene Vorgänge kritisch, besonders den Umgang mit dem noch so jungen Kehl seitens der Freiburger prangert er an. "So etwas macht man nicht. Einem Spieler den Charakter abzusprechen", sagt Meier: "Er ist in seinen letzten Spielen für Freiburg durch ein Stahlbad gegangen, wurde als Raffzahn geoutet. Als abgebender Verein habe ich eigentlich eine Pflicht dem Spieler gegenüber."

Während die Bayern und ihr Anwalt Schickhardt auf ihre Einigung mit Kehl "auf der Bayern-Geschäftsstelle und nicht in irgendeiner Würstchenbude in Kleinkleckersdorf" beharrten, rieten andere Juristen von etwaigen Klagen ab.

"Wenn ein Partner vor dem Standesamt 'Nein' sagt, kann kein Gericht in Deutschland ihn zwingen, die Ehe einzugehen", sagte beispielsweise der Kölner Arbeitsrechtler Uli Weber. Und obwohl Hoeneß auch noch nach dem Jahreswechsel betonte, "in der Sache Kehl" nicht nachgeben zu wollen, wurde längst an einer friedlicheren Lösung gearbeitet. Und plötzlich war sie da.

Hatte ein Imageproblem beim SC Freiburg, nachdem sein Wechsel zum FC Bayern unter Handgeld-Fluss bekannt wurde.
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Hatte ein Imageproblem beim SC Freiburg, nachdem sein Wechsel zum FC Bayern unter Handgeld-Fluss bekannt wurde.

"Man konnte sehen, dass es dann doch noch Respekt gibt"

"Uli hat seinen 50.Geburtstag gefeiert und er hat Gerd Niebaum und mich trotz allem eingeladen. Am Abend vorher ist das Ganze unter der Vermittlung von DFL-Geschäftsführer Wilfried Straub geklärt worden", erzählt Meier. Einzige Bedingung von Hoeneß damals: Kehl solle die Wahrheit sagen, "dann bin ich zufrieden".

Und so ließ sich Kehl mit jenen zwei Sätzen in einer Pressemitteilung am 6. Januar zitieren, sagte, dass er sich von der Bayern-Meinung im Transferstreit habe überzeugen lassen und dass er Verständnis für die Enttäuschung des Rekordmeisters habe. Und so konnte der BVB die Ausstiegsklausel (circa 3,2 Millionen Euro) ziehen und Kehl wurde noch Anfang Januar ein Dortmunder.

Hoeneß wiederum sei dann der Hoeneß gewesen, den Meier aus 30 Jahren Zusammenarbeit in der Branche kennengelernt hatte. "Wenn es geklärt war, war auch alles wieder schnell in Ordnung", lobt Meier rückblickend das an die außergerichtliche Einigung im Transferstreit folgende Verhalten von Hoeneß: "Daran konnte man sehen, dass es in dieser Liga doch noch irgendwo Respekt gibt."

Und Kehl? Den ordnet Meier noch heute als absoluten "Top-Transfer von einem Top-Charakter, einer Führungsperson und einem unheimlich ehrgeizigen und authentischen Spieler" ein. Authentisch deshalb, "weil er austeilen konnte und gleichzeitig aber auch viel eingesteckt hat." Das hatte Kehl tatsächlich bereits früh in seiner Karriere, als er beinahe zum FC Bayern wechselte, in Freiburg als "Raffzahn" verschrien und anschließend beim BVB zur Legende wurde.

Kehl: Spielerstatistiken beim BVB, Freiburg und H96

VereinSpieleToreTorvorlagen
Borussia Dortmund3622228
SC Freiburg50812
Hannover 96352-
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