"Mein Vater nennt mich noch immer Figo"

Christian Pulisic war bei seinem Debüt der achtjüngste Spieler der Bundesliga-Geschichte
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Frage: Haben Sie im Vorfeld viel über Deutschland oder Dortmund gewusst?

Pulisic: Nein, kein bisschen. Ich habe mich auch nicht intensiv damit auseinandergesetzt, da ich einfach unvoreingenommen in eine neue Kultur und eine neue Stadt eintauchen wollte. Die ersten Dinge, die ich dann mit Deutschland verband, waren Bier und Schnitzel. Es waren aber von Anfang an alle sehr nett zu mir und haben gerade in der Jugendabteilung versucht, auch Englisch mit mir zu sprechen.

Frage: Wie sah Ihr Alltag während dieser Anfangsphase aus?

Pulisic: Ich bin auf eine ganz normale deutsche Schule gegangen und habe natürlich keinen Menschen verstanden. In Amerika hatte ich mich in der Schule immer für die Spanischkurse angemeldet. Hätte ich da mal gewusst, dass ich eines Tages in Deutschland lande... (lacht) Ich hatte dann aber jeden Tag Deutschunterricht, was mich in dieser Hinsicht enorm nach vorne gebracht hat. So habe ich auch schnell deutsche Freunde gefunden. Das Training fand dann immer am Abend statt.

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Frage: Sie sind gut mit Felix Passlack, dessen Alter und Rolle bei den Profis ja ähnlich zu Ihrer ist, befreundet.

Pulisic: Das hat sich irgendwie von Anfang an so ergeben. (lacht) Es war wichtig, einen guten Freund wie ihn an meiner Seite zu haben und damit quasi nicht allein bei den Profis zu sein. Auch Nuri Sahin hat mir viele Ratschläge gegeben, wie man sich als Profi in jungem Alter verhält und welche einzelnen Schritte oder auch Fehler auf ihn damals zugekommen sind.

Frage: Ihr Cousin Will ist Torhüter und spielt mittlerweile auch in Dortmund. Haben Sie die Verantwortlichen überredet, ihn zu verpflichten?

Pulisic: Nein, nein. Er kam zunächst nur für einen Monat, um mit der U19 zu trainieren. Das hat den Verantwortlichen dann gefallen, so dass sie entschieden, ihn ein gesamtes Jahr lang zu behalten und zu schauen, wie er hier zurechtkommt. Eines Tages kam er nach Hause und hat das erzählt. Ich konnte das erst gar nicht glauben, wir haben das auch nicht den Verantwortlichen nahegelegt. Mittlerweile wohnen wir aber zusammen.

Frage: Sie haben am 30. Januar 2016 in der Bundesliga für die Borussia debütiert und haben nun neun Spiele und zwei Tore auf dem Konto. Können Sie noch problemlos durch die Stadt laufen oder hat sich das bereits verändert?

Pulisic: Es ist mehr geworden und wird jetzt wohl auch nicht mehr abnehmen. Die Leute sprechen mich an oder erkennen mich einfach. Ich hatte das aber auch nicht anders erwartet. Das ist eben eine Begleiterscheinung und macht auch Spaß. Aus Amerika kamen dann auch viele Medienanfragen, die Menschen habe mich nun mehr auf dem Schirm als zuvor.

Frage: Sie machen trotz Ihres jungen Alters einen sehr reifen und geerdeten Eindruck.

Pulisic: Das ist nicht immer einfach. Manchmal frage ich mich schon, wie es denn wäre, würde ich kein Fußballer sein und ein in Anführungszeichen normales Leben führen. Andererseits ist ja das, was ich derzeit erlebe, auch mein Wunsch gewesen. Ich bin darüber also nicht enttäuscht oder sage, ich habe meine Zeit als Jugendlicher verschwendet.

Frage: Fällt es Ihnen leicht, diszipliniert zu sein?

Pulisic: Wenn ich Videos oder Bilder meiner Kumpels sehe und wie sie zusammen Spaß haben, würde ich auch gerne Teil davon sein. Manchmal wollen sie auf der anderen Seite aber auch gerne in meiner Haut stecken. Auch wenn es nur ein paar Wochen waren, konnte ich sie jetzt im Heimaturlaub besuchen und das war auch mal wieder richtig toll.

Frage: Ende März hat Sie dann auch US-Nationalcoach Jürgen Klinsmann erstmals in der A-Elf spielen lassen, nach der Saison waren Sie mit dem Team bei der Copa America unterwegs. Welche Beziehung haben Sie zu Klinsmann?

Pulisic: Vor einem halben Jahr war es noch vollkommen unvorstellbar für mich, in Dortmund bei den Profis geschweige denn im US-Nationalteam zu spielen. Das ging alles unglaublich schnell. Jürgen Klinsmann hat immer versucht, mich zu erden und mir ganz nüchtern aufzuzeigen, weshalb etwas gut für meine Entwicklung ist. Er war der Meinung, dass ich für die Copa America bereit sei. Er spricht mit mir häufig und ist ein sehr netter Mensch.

Frage: Beim BVB kamen nun einige neue Spieler, ein paar davon sind kaum älter als Sie. Der Konkurrenzkampf hat dadurch angezogen. Spüren Sie das bereits?

Pulisic: Man sollte im Fußball nicht davon überrascht sein, dass innerhalb einer Mannschaft Konkurrenzkampf herrscht. Wir verstehen uns alle sehr gut und sind Kumpels, so dass es für uns einfach nur cool ist, zusammen in einem Team zu spielen. Natürlich wird es für mich dadurch nicht einfacher, in die Mannschaft zu kommen, aber so läuft es nun einmal im Fußball und bei praktisch jedem anderen Sport auch. Man muss sich jeden Tag im Training seine Position aufs Neue erkämpfen.

Frage: Mit welchen Erwartungen gehen Sie also in Ihre zweite Saison?

Pulisic: Ich bin einfach darauf gespannt, wie Trainer und Klub mit mir planen und mich einsetzen. Ich werde immer 100 Prozent geben. Wohin mich das dann führen wird, ob zu regelmäßiger Einsatzzeit oder als tatkräftige Unterstützung der Mannschaft, wird man dann sehen. Ich freue mich sehr auf die neue Saison und vor allem die Champions League, die ich als Kind ja so häufig im Fernsehen gesehen habe.

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