"Wieso kein Draft-System?"

Wolfgang Holzhäuser ist Associate Partner bei der Beratungs- und Forschungsgruppe Goldmedia
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SPOX: Hat der Fußball durch die Geldpolitik der Neureichen ein Problem, das nur durch bereits andiskutierte Mittel wie ein Draft-System oder ein Salary Cap behoben werden kann?

Holzhäuser: Das Geld an sich, das in den Fußball kommt, ist nicht das Problem. Es bleibt ja mehr oder weniger im Fußball-Kreislauf und dient jedem so ein bisschen. Das eigentliche Problem besteht darin, dass man heute nicht mehr eine Mannschaft zusammenstellen und nachhaltig aufbauen kann, um mit ihr irgendwann einmal ein Niveau zu erreichen, auf dem man mit den Besten mithalten kann. Immer dann, wenn ein, zwei eigene Spieler eine gewisse Klasse darstellen, holen die großen Vereine genau diese Diamanten weg und man muss wieder von vorne anfangen. Das ist das Problem. Wieso also beispielsweise kein Draft-System? Das wäre sicherlich interessant.

SPOX: Wie sollte das in Ihren Augen aussehen?

Holzhäuser: Die sportlich schwächsten Vereine sollen über einen Draft die Möglichkeit haben, die interessantesten Spieler vom Markt zu holen. Natürlich nicht gegen den Willen des Spielers, denn der muss immer die Chance haben, Ja oder Nein zu sagen. Ein Draft ist wirklich ein konstruktiver Vorschlag, der allerdings einer Rechtsgrundlage bedarf. Doch das wäre im Rahmen der EU in Abstimmung mit den einzelnen Ländern für meine Begriffe machbar. Man muss nur wollen. Es ist für mich noch nie ein Argument gewesen zu sagen: Das ist nicht machbar.

SPOX: Sie haben vor Jahren schon vorgeschlagen, Halbfinalspiele um die deutsche Meisterschaft auszutragen. Man wollte aber nicht.

Holzhäuser: Das stimmt. Es ist doch so: die Bundesliga wird vom FC Bayern dominiert und es scheint, als würde sich diese Situation immer weiter verfestigen. Deshalb sollte man über Lösungsansätze nachdenken. Wenn ich aber vorschlage, den Bayern 50 Millionen weg zu nehmen und dieses Geld auf die anderen 17 Vereine zu verteilen, dann verändere ich die Situation natürlich nicht. Man würde sie aber verändern, indem man dem Viertplatzierten die Chance gäbe, auch um die deutsche Meisterschaft mitspielen zu können. Damit würde die Spitze verbreitert. Würde man die so erzielten Einnahmen den nicht beteiligten Klubs geben, dann wäre das sicherlich ein denkbarer Ansatz.

SPOX: Weil sich die beiden Halbfinalspiele und das Finale ideal vermarkten ließen?

Holzhäuser: Jedenfalls kann man aus dem Kampf um die deutsche Meisterschaft sportlich wie finanziell weitaus mehr herausholen als aktuell. Bestes Beispiel ist das Pokalendspiel in Berlin. Das ist deshalb eines der Highlights der Saison, weil es eben ein Endspiel ist. Stellen Sie sich vor, sie haben innerhalb von drei Wochen zwei Halbfinalspiele und ein Finale. Da würde die Fußballnation beben.

SPOX: Ist der Fußball für solch innovative Veränderungen nicht grundsätzlich zu konservativ?

Holzhäuser: Das ist er in vielen Bereichen sicherlich, er hat über zahlreiche Jahre hinweg auch von seiner einfachen Natur gelebt. Das ist aber eine Verklärung dessen, was Fußball mittlerweile geworden ist. Fußball ist Business, eine Unterhaltungsindustrie mittels Fußball. Und dem muss man sich stellen. Doch das macht man nicht. Siehe das Thema Tatsachenentscheidung des Schiedsrichters.

SPOX: Was meinen Sie genau?

Holzhäuser: Wir haben heutzutage in jedem Stadion über 20 Kameras, die das Spielgeschehen aus allen erdenklichen Blickwinkeln einfangen. Doch wir drücken jedem Klub eine spezielle Torkamera für mehrere hunderttausend Euro auf. Bezogen auf die vielleicht fünf strittigen Fälle im Jahr, für die man sie braucht, ist das sicherlich richtig. Wir haben doch aber ein kostenloses Signal von Sky. Dieses darf von einem Schiedsrichter allerdings nicht genutzt werden.

SPOX: Wie wäre das sinnvoll machbar?

Holzhäuser: Man setzt einen weiteren Schiedsrichter in den Ü-Wagen, um auf Anweisung des Unparteiischen auf dem Platz strittige Szenen anschauen und schnell entscheiden zu können. Wieso tut man das nicht? Weil die Tatsachenentscheidung des Schiedsrichters dann angeblich gefährdet sei! Das ist nicht nur konservativ, sondern vor allem unsinnig, weil es eben nicht stimmt. Wenn allein der Schiedsrichter entscheidet, ob noch einmal nachgeschaut werden muss oder nicht, dann ist es seine Entscheidung.

SPOX: Welche Vorschläge für den heutigen Fußball haben Sie noch in petto?

Holzhäuser: Ich bin nach wie vor der Meinung, dass die Bundesliga mit 16 Vereinen ausgelastet ist. Ich würde auch die 3. Liga dem Ligaverband zuordnen und dann zwischen den ersten drei Ligen eine Relegation spielen lassen. Aber nicht nur eine einzige Relegation: der Erste und Letzte steigen immer auf- beziehungsweise ab, Platz zwei und drei werden jedoch über die Relegation ausgespielt. Das würde ich dann auch getrennt voneinander vermarkten und die erzielten Einnahmen oder zumindest einen Teil davon den anderen Klubs zukommen lassen.

SPOX: Man merkt, dass Sie noch voll in der Thematik sind. Gehen Sie eigentlich noch regelmäßig ins Stadion?

Holzhäuser: Ich habe eine Zweitwohnung auf Mallorca, dort halte ich mich nun regelmäßiger auf. Wenn ich aber hier bin, schaue ich mir nach wie vor jedes Bayer-Spiel im Stadion an - aber nicht mehr jede andere Partie. Ich habe mir auch schon ganz klassisch eine Karte für ein Zweitligaspiel geholt. Ich mag die Spiele der 2. Liga oder auch der U21-Nationalelf. Dort wirkt vieles nicht so überzüchtet wie beispielsweise bei der A-Nationalmannschaft, wo nicht unbedingt jeder im VIP-Raum über die Spielphilosophie von Joachim Löw Bescheid weiß. (lacht)

SPOX: Gibt es sportliche Fehlentscheidungen, die Ihnen heute noch etwas nachhängen?

Holzhäuser: Ja, da gibt es zwei. Wir waren uns schon mit dem 18-jährigen Mesut Özil weitgehend einig, der damals auf Schalke Krach mit Mirko Slomka hatte. Sein Vater hat dann über den Boulevard Druck gemacht, sodass wir ihn für etwa fünf Millionen hätten bekommen können. Ich aber meinte: Was will ich mit einem 18-Jährigen für dieses viele Geld, der seinen Verein über den Boulevard beschimpft?

SPOX: Und Nummer zwei?

Holzhäuser: Als wir Andre Schürrle aus Mainz verpflichtet hatten, wollten wir auch Ilkay Gündogan. In guter Verfassung ist er für mich auf seiner Position zusammen mit Andres Iniesta der beste Mittelfeldspieler Europas. Wir waren uns auch mit ihm und dem 1. FC Nürnberg einig. Ich hatte aber nicht mehr die Muße, mit meinem Gesellschafterausschuss zu diskutieren, ob man neben den acht Millionen Euro für Schürrle auch noch fünf Millionen für Gündogan ausgeben sollte. Heute sage ich: hätte ich es doch lieber mal gemacht.

SPOX: Solche und andere Geschichten würden sich ideal für einen Internetblog eignen, den Sie einmal für sich einrichten wollten. Weshalb ist daraus nichts geworden?

Holzhäuser: Ich würde das auch heute noch gerne von Zeit zu Zeit und in unregelmäßigen Abständen machen. Meine damalige Büroleiterin und ich hatten gegen Ende meiner Amtszeit bereits einen Blog vorbereitet, da stand eigentlich schon alles. Ich habe mich dann dennoch dagegen entschieden, weil mir viele nahe stehende Personen davon abrieten. Denn nachher heißt es: sieh an, der Alte kann nicht loslassen. Das hat mich abgeschreckt, denn da wäre sicherlich auch etwas dran. (lacht)

SPOX: Eine Rückkehr ins operative Geschäft ist aber vollkommen ausgeschlossen, oder?

Holzhäuser: Ja. Alles hat seine Zeit. Ich hatte meine und die war nicht so schlecht. Jetzt ist eine andere Zeit angebrochen.

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