Nordrhein-Westfalen wagt einen neuen Vorstoß in der Diskussion um die Kostenreduzierung der Bereitschaftspolizei. In einem Pilotprojekt sollen an den ersten vier Spieltagen der Fußball-Bundesliga bei ausgewählten Partien weniger Polizisten zum Einsatz kommen. Einen entsprechenden Bericht der Bild-Zeitung bestätigte am Montag NRW-Innenminister Ralf Jäger - und stieß damit sogar bei der Deutschen Fußball Liga (DFL) auf Verständnis.
"Wir waren im Vorfeld nicht über entsprechende Konzepte informiert. Die Überlegungen des nordrhein-westfälischen Innenministeriums sind aber im Grundsatz durchaus nachvollziehbar", ließ Ligapräsident Reinhard Rauball mitteilen. Jäger habe ihm "in einem persönlichen Gespräch glaubhaft versichert, dass es nicht darum geht, die Polizei aus dem öffentlichen Raum zurückzuziehen".
Ganz besonders nicht, wenn es sich um Risikospiele wie das Derby Dortmund gegen Schalke handelt. "Es geht uns allein um die Spiele, die in den letzten drei Jahren ohne Krawalle geblieben sind. Hier wollen wir den Kräfteeinsatz der Bereitschaftspolizei lageangepasst runterfahren", sagte Jäger und erklärte den Beschluss mit dem gestiegenen Kostendruck: "Bereits jetzt verwendet die Bereitschaftspolizei ein Drittel ihrer Einsatzzeit nur für die Sicherheit bei Fußballspielen. Machten wir weiter wie bisher, würde sich das nochmal deutlich erhöhen. Das kann ich dem Steuerzahler nicht mehr vermitteln."
Fans bereit für mehr Verantwortung
Gespräche mit Fans hätten gezeigt, "dass sie bereit sind, mehr Verantwortung zu übernehmen. Das können sie jetzt unter Beweis stellen", sagte Jäger: "Es ist unser Ziel, gemeinsam für ein friedliches Fußballerlebnis zu sorgen. Nach Ablauf des Pilotprojekts werden wir sehen, ob uns dies gelungen ist." Auch Rauball warnte vor vorschnellen Schlussfolgerungen: "Man wird sehen, zu welchen Ergebnissen der Pilot-Versuch kommt."
Unterstützung bekam SPD-Politiker Jäger von Rainer Wendt, Vorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG). "Ich halte den Vorstoß für mutig und richtig", sagte Wendt dem SID: "Wir müssen von den hohen Einsatzstunden der Polizei runterkommen. Das Modell überträgt einen Teil der Verantwortung an die Vereine, die Fans und die Fanvertreter."
Für Wendt ist der NRW-Entschluss auch eine Chance, die Diskussion über eine Kostenbeteiligung der DFL an Fußball-Großveranstaltungen "entbehrlich" zu machen. Zuletzt hatte der Bremer Senat beschlossen, die DFL an den Ausgaben für die Polizeieinsätze bei Fußballspielen zu beteiligen. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) hatte Bremen daraufhin die Ausrichtung des Länderspiels gegen Gibraltar entzogen.
Gladbach angetan vom Versuch
Auch NRW-Klubs wie Borussia Mönchengladbach und der 1. FC Köln begrüßten den Vorstoß. Durch das Projekt werde "das Bewusstsein aller Fans geschärft und ihre Verantwortung gefördert", sagte Gladbachs Geschäftsführer Stephan Schippers. Kölns Präsident Werner Spinner fügte an: "Es gibt Spiele, in denen eine massive Polizeipräsenz, die Steuergeld kostet und Überstunden anhäuft, gar nicht nötig ist." Bei Risikospielen dürfe sich allerdings nichts ändern.
Das Pilotprojekt in Nordrhein-Westfalen, das bis zum 27. September gilt, stößt jedoch nicht nur auf Zustimmung. Es gebe nur eine Gruppe, die sich über diesen Plan freuen werde, sagte Wolfgang Bosbach (CDU), Vorsitzender des Innenausschusses im Deutschen Bundestag, der Funke-Mediengruppe: "Die Problemfans, insbesondere die Gewaltbereiten, werden über diese Pläne ganz gewiss nicht traurig sein."