SPOX: Herr Bender, Sie haben im Trainingslager in La Manga gesagt, dass Sie Ihre Spielweise nicht verändern werden. Wie viel an Erziehung seitens Ihres Vaters, der ja Ihr Trainer in der Jugend war, steckt da denn drin?
Sven Bender: Eine ganz große Menge. Meinem Bruder und mir wurde mit auf den Weg gegeben - oder auch eingetrichtert (lacht) -, immer alles zu geben. Das Credo meines Vaters, das wir von klein auf mitbekommen haben, war: Ihr dürft einen schlechten Tag haben, aber ihr könnt immer laufen und kämpfen. So haben wir Tag für Tag das Fußballspielen gelernt. Das ist bis heute erhalten geblieben und spiegelt sich in meiner Spielweise wider: Ich gehe immer sehr intensiv ans Limit.
SPOX: Wie war es, den eigenen Vater als Trainer zu haben: Wurden die Spiele da auch noch in den eigenen vier Wänden weiter besprochen?
Bender: Nein, es wurde zu Hause nicht noch einmal gesondert analysiert. Wir haben jedoch relativ viele Einzeltrainingseinheiten mit ihm absolviert. Die waren schon ziemlich deftig, aber ich bin froh darüber, dass es damals etwas intensiver zur Sache ging. Es hat sich ja letztlich ausgezahlt, denn mein Vater hat diese Mentalität in uns verankert.
SPOX: Wie deftig ging es denn zur Sache?
Bender: Die genauen Trainingsmethoden bleiben geheim (lacht). Es war jedenfalls nicht ganz ohne und anstrengend, eine echte Willensschulung. Mein Bruder und ich konnten noch nie verlieren - und schon gar nicht gegeneinander. Wenn es dann beim Privattraining auf den gegenseitigen Wettkampf ankam, war das immer maximal am Limit.
SPOX: Es herrschte also ein immer währender Zweikampf zwischen Ihnen beiden?
Bender: Auf jeden Fall. Wenn ich verloren habe, dann war ich wirklich richtig sauer. Da wurde dann auch kurzzeitig nicht mehr miteinander geredet, weil uns eine Niederlage so gewurmt hat - egal ob das bei Sprints, Liegestützen oder Zweikämpfen der Fall war. Wir konnten auf keinen Fall gegen den anderen verlieren, in jeder Situation. Es verhielt sich mit Sieg und Niederlage allerdings sehr ausgeglichen und wir haben uns auch gegenseitig hochgezogen.
SPOX: Wie sehr war dadurch auch manchmal der Familienfrieden gefährdet?
Bender: Wenn wir vom Fußballplatz gekommen sind, war das in der Regel relativ schnell gegessen. Es gab auch Momente, in denen man etwas länger stinkig war. Das ist eben unser Naturell. Wir können mit Niederlagen einfach schwer umgehen, weil wir Benders wohl von Natur aus den größtmöglichen Erfolg anstreben.
SPOX: Hatten Sie in der Pubertät mal eine Phase, in der der Sport an zweite Stelle gerückt ist?
Bender: Nein, der Fußball hat uns immer am meisten Spaß gemacht. Wenn man mal Probleme abseits des Spielfelds hatte, war der Fußball der Bereich, der einen abgelenkt hat. Der Fußball ist tatsächlich mit das Wichtigste in unserem Leben. Die Familie mal ausgenommen stand in unserem Leben nie etwas darüber. Alles andere hat sich am Fußball orientiert, war aber weniger wichtig.
SPOX: Wenn man mit Ihnen spricht, kommt man nicht umher, dass auch Ihr Bruder thematisiert wird. Wie empfinden Sie das?
Bender: Es ist angenehmer geworden. Als wir früher zusammengespielt haben, wurde immer alles doppelt abgewickelt. Heute hat jeder seinen eigenen Verein und seine eigene Karriere. Deshalb ist es auch kein Problem, wenn ab und zu Fragen zum Bruder kommen. Was in der Vergangenheit jedoch störend war, waren die immer selben Fragen zum Bruderduell.
SPOX: War es früher hinderlich, dass Sie beide häufig nur als Kollektiv wahrgenommen wurden?
Bender: Nein, eher das Gegenteil. Ich hatte immer jemanden an der Seite, der den gleichen Weg mit denselben Abläufen durchgemacht hat. Man wusste sofort, wie man über die Probleme des anderen sprechen konnte. Die Gefühle sind vielleicht mal unterschiedlich, aber dadurch, dass Lars wie ich im Bereich Profifußball integriert ist, weiß er immer direkt Bescheid, was Sache ist. Dieser Austausch zwischen uns war gerade in jungen Jahren, aber auch bis hin zu den ersten Schritten bei den Profis, enorm wichtig. Er ist ein richtig guter Ansprechpartner.
SPOX: Einen "Iron-Lars" gibt es aber nicht. Sie nennt man "Iron-Manni", obwohl man Sie auch als größten Pechvogel beim BVB bezeichnen könnte. Sie mussten schon häufig mit kleineren Verletzungen aussetzen.
Bender: Ich möchte ich selbst bleiben - auch wenn ich mich verletze. Das ist mir wichtig. Ich weiß mit diesen kleinen Rückschlägen umzugehen, sie können aufgrund meiner Spielweise einfach passieren. Ich lasse mich davon aber kein bisschen beeinflussen, sondern werde weiterhin wie bislang zur Sache gehen. Wenn man schaut, welche Verletzungen ich hatte und wie schnell ich wieder fit war, dann zeigt das auch, dass ich sehr professionell mit diesen Rückschlägen umgegangen bin.
SPOX: Schmeichelt es Ihnen, diesen martialischen Spitznamen zu tragen?
Bender: Es ist schön, wenn man damit in Verbindung gebracht wird. Aber nach dem Rückspiel gegen Neapel hat mich das "Iron-Manni" ehrlich gesagt genervt, weil ich einfach ein Mannschaftsspieler bin und möchte, dass das Team nach einem solch außergewöhnlichen Spiel als Ganzes gewürdigt wird. Anschließend wurde jedoch fast nur über mich berichtet. Das hat mir nicht gefallen. Ich musste dann irgendwann sagen, dass es reicht.
SPOX: Gegen Napoli haben Sie sich einen Nasenbeinbruch zugezogen, aber durchgespielt. Das erscheint grenzwertig. Wie denkt denn die Familie über solche Situationen?
Bender: Das werde ich hier jetzt nicht verraten (lacht). Ich habe in jedem Fall auch meinen eigenen Kopf. Es weisen mich schon manches Mal Leute darauf hin und fragen, ob das immer alles richtig und gut ist. Als Außenstehender ist es auch mitunter schwierig zu verstehen, weshalb ich das mache.
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Sven Bender im Steckbrief