Reaktion auf die Moderne

Pep Guardiola, Louis van Gaal und Joachim Löw haben ihre eigene Auffassung
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Anders gestaltet sich dies bei einer Dreierkette. In einem 3-5-2 oder einem 3-4-3 lassen sich die meisten Dreiecke bilden, jeder Spieler hat immer mindestens zwei Anspielstationen. Durch den einen Mann mehr im Mittelfeld herrscht zudem Überzahl im zweiten Drittel, der Spielaufbau kann ruhig und überlegt vorgetragen werden.

Spielt man beispielsweise gegen ein 4-4-2, erlangt man schnell die Überhand über das Spiel. Die beiden Stürmer haben es schwer, gegen drei Spieler und den Torwart einzugreifen. Werden sie überspielt, herrscht im Mittelfeld ein vier gegen vier, bei einer falschen Neun sogar ein fünf gegen vier.

Dies erreicht man jedoch auch mit einer situativen Dreierkette. Agiert man nun allerdings mit spielstarken Innenverteidigern, muss sich kein Mittelfeldspieler mehr nach hinten fallen lassen und kann einerseits Lücken auflaufen, andererseits sich aber auch selbst anbieten und den Wandspieler für einen aufrückenden Mann aus der Defensive geben.

Effektiv gegen Mittelpressing

Dies macht nicht nur eine Mannorientierung im Mittelfeld, wie sie beispielsweise gegen Sergio Busquets oder Thiago gerne eingesetzt wird, schwieriger, als auch ein klares Mittelfeldpressing. Gegen Mannschaften, die gerne mit dem Ball spielen, entscheiden sich viele Trainer dazu, den Gegner nach außen zu locken und dort mit der Seitenauslinie in die Enge zu treiben.

Mit einer standardmäßigen Dreierkette, einem herausrückenden Mittelfeldspieler, dem Flügelspieler und einem Offensivakteur wird diese Pressingfalle aber schnell überspielt. Eröffnet der halbrechte Innenverteidiger das Spiel, entsteht auf dem Flügel eine fünf gegen vier Situation für die ballbesitzende Mannschaft - dabei ist es doch eigentlich das Ziel eines Pressings, selbst Überzahl herzustellen.

Gerade in diesem Punkt spielt die Dreierkette einen weiteren Trumpf aus. Solange die Mannschaft hoch verteidigt, hält sie zahlenmäßig das Gleichgewicht. Nach Ballverlusten stehen viele Spieler bereits in der Nähe des Balles, die Dreierkette steht in der Nähe der Mittellinie. So wird das Spielfeld sehr klein, die Wege in den Zweikampf sind vergleichsweise kurz. Das Gegenpressing kann schnell anlaufen und der Ball wird ebenso schnell zurückerobert.

Ebenso ist ein Angriffspressing möglich. Durch die sieben Spieler, die in der Hälfte des Gegners auftauchen, wird es schwer für diesen, sich spielerisch zu befreien. Ungenaue Bälle sind die Folge, die schnell abgefangen werden, weil die restliche Mannschaft nachrückt. Allerdings: Umso tiefer die eigene Mannschaft steht, umso riskanter wird die Dreierkette - hier ist der fließende Übergang zur Variante mit fünf Spielern auf einer Linie gefordert.

Nicht für jeden gemacht

Denn sonst wird nicht mehr die ganze Breite abgedeckt, zwischen Halbspielern und Seitenaus entstehen große freie Räume, die von schnellen Gegenspielern genutzt werden können. Die Dreierkette muss sich also im Rückwärtsgang verstärken, sonst laufen die drei Verteidiger Gefahr, in 1-gegen-1-Situationen gezwungen zu werden und die Nähe zu ihren Mitspielern zu verlieren.

Dies sowie die hohen Ansprüche im technischen Bereich, machen es für unterlegene Mannschaften schwer, effektiv nur mit drei Verteidigern zu spielen. Diese Grundordnung sieht hohe Ballsicherheit und spielerisch starke Innenverteidiger vor. Ebenso wichtig ist die Frage der Spielfüße. Eine Dreierkette muss praktisch zwangsweise - je nach Vorstellung des Trainers - mit einem Linksfuß auf der linken Halbseite und einem Rechtsfuß auf der rechten Halbseite besetzt sein.

Die Grafik: Toni Kroos' Heatmap gegen Schottland (2:1): Besonders in der zweiten Hälfte hielt sich der Real-Spieler merklich auf der linken Seite auf. Weil Schottland wenig Druck aufbaute, konnte er sich auch des Öfteren in den linken Halbraum fallen lassen und von dort lange Diagonalbälle spielen.

Guardiola setzt beim FC Bayern auf einen flachen Aufbau. Dementsprechend fällt es schwer, einen Rechtsfuß auf der linken Seite zu platzieren. Dieser dreht nach einem Anspiel auf und muss sich erst neu positionieren, um in die Mitte zu spielen.

Anders dagegen Joachim Löw. Gegen Schottland zog dieser Toni Kroos als Rechtsfuß in eine situative Dreierkette auf die halblinke Position. Dieser sollte mit langen Diagonalbällen die Schwachstellen der Schotten bespielen, weil das Zentrum verschlossen war.

Seite 1: Dreierkette nicht gleich Dreierkette

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