Auf der hell erleuchteten Strecke spielte sich Außergewöhnliches ab, aber wen interessierte das schon. Lewis Hamilton an der Spitze der Zeitentabelle, das gibt es doch eigentlich gar nicht mehr in der Formel 1. Die Rennserie allerdings hatte zum abendlichen Auftakt der Saison in Bahrain ganz andere Dinge im Kopf - es geht weiterhin um Christian Horner, und mittlerweile ist es ein Krimi, ein Drama, mit Sport jedenfalls hat es wenig zu tun.
Der Teamchef des Weltmeister-Rennstalls Red Bull ist in diesen Tagen an der Rennstrecke, die interne Untersuchung gegen seine Person ist abgeschlossen. Das Thema aber längst noch nicht: Am Donnerstagabend sah Horner sich zu einem Statement gezwungen, er werde nicht auf "anonyme Spekulationen" reagieren. Passiert war folgendes.
Während des freien Trainings verschickten anonyme Absender zwei Mails an mehr als 100 Personen in der Formel 1. Darunter die übrigen Teamchefs, Vertreter des Weltverbandes FIA und auch alle permanent akkreditierten Journalisten. In der Mail ein Link zu zahlreichen Dateien, angebliche Informationen zum Fall Horner. Der Absender ist unbekannt, die Echtheit nicht zu überprüfen, auch ist nicht bekannt, ob die Inhalte Teil der genauen Vorwürfe gegen Horner waren.
Allein der Vorgang gewährt allerdings einen Blick darauf, mit welchen Mitteln dieser Kampf mittlerweile geführt wird. Schon der Leak aller relevanten Email-Adressen ist bemerkenswert und wirft weitere Fragen auf. Jemand im Umfeld der Formel 1 hat großes Interesse daran, dass der Fall Horner ein anderes Ende nimmt.
Bislang steht die Mitteilung vom Mittwochabend aus dem Red-Bull-Konzern, "die Beschwerde wurde abgewiesen", hieß es darin. "Die beschwerende Partei", eine Mitarbeiterin Horners, könne Berufung einlegen. Und: "Red Bull ist überzeugt, dass die Untersuchung fair, gründlich und unbefangen war."
Horner selbst wiederholte am Donnerstagabend weitgehend, was er zuvor bereits betont hatte. "Ich habe die Anschuldigungen stets zurückgewiesen, ich habe die Integrität der unabhängigen Untersuchung respektiert und voll kooperiert", hieß es in einem Statement. Er bleibe "voll fokussiert auf den Start der Saison."
Nach wie vor ist der genaue Vorwurf nicht bekannt, von "unangemessenem Verhalten" war stets die Rede, offiziell wurde das nie kommentiert. Der Konzern Red Bull ordnete die Untersuchung innerhalb des Teams an, auch der abschließende Bericht blieb intern. Er liegt bislang wohl auch dem Weltverband FIA und der Formel 1 nicht vor.
Daran wiederum hatte am Donnerstagmittag bereits die Konkurrenz Kritik geübt. Toto Wolff und Zak Brown regten eine erneute Prüfung durch die sportliche und kommerzielle Führung an. "Als Sport können wir es uns nicht erlauben, die Dinge im Ungenauen zu lassen", sagte Mercedes-Motorsportchef Wolff. McLaren-CEO Brown sah "weiterhin viele Gerüchte, viel Spekulation, viele offene Fragen".
Der Weltverband habe "eine Verantwortung für uns. Sie müssen klarstellen, dass die Dinge für sie transparent abgelaufen sind." Spekulationen seien "nicht gesund für den Sport".