Die Fahrertausche bei Toro Rosso waren völlig legitim
Dominik Geißler: Im Fußball gibt es zwei Transferperioden. Eine im Sommer vor der Saison und eine im Januar, wenn in den Ligen Halbzeit ist. Jetzt stellen wir uns mal vor, es würde diese Transferfenster nicht geben. Dann würde jeder Verein je nach Gemütslage Spieler kaufen und verkaufen. Vielleicht schon nach einem Spiel, vielleicht erst nach zehn Spielen. Völliges Chaos wäre vorprogrammiert und die Fans wüssten überhaupt nicht mehr, mit welcher Elf ihre Mannschaft am kommenden Wochenende auflaufen wird.
Genau dieser Fall trat in der Formel 1 ein. Dank Renault und Toro Rosso, das sich im Herbst dazu entschied, seine Fahrer plötzlich wild hin- und herzuschieben. Erst kickte man Daniil Kvyat für Malaysia und Japan aus seinem Cockpit und setzte stattdessen Pierre Gasly ins Auto, dann holte man den Russen für den US-GP wieder zurück. Neben ihm fuhr nun aber weder Gasly noch Carlos Sainz Jr., der bei Renault spontan Jolyon Palmer ersetzte, sondern Brendon Hartley. Kurz gesagt: Innerhalb von drei Rennen saßen vier verschiedene Fahrer in zwei Cockpits. Wer soll da noch durchblicken?
Lukas Zahrer: Da kommt der Wirtschaftler in mir durch. Es ist ein schlecht gehütetes Geheimnis, dass die Geldbörsen der Piloten über die Cockpits der Formel 1 mitentscheiden. Kvyat hatte ein gut gefülltes, aber seine Leistungen waren ab einem gewissen Zeitpunkt nicht akzeptabel. Das Team versucht an jedem Wochenende zwei starke Piloten in ihren Cockpits zu haben, die am besten aber noch eine Menge dafür zahlen, um Punkte und Preisgelder einfahren zu dürfen.
Im Falle von Toro Rosso - zur Erinnerung: dem Farm-Team von Red Bull - ist es nicht weiter schlimm, keine Stammfahrer im klassischen Sinn zu haben. Sie können so den Ernstfall testen, ob einer der Zöglinge ihrer Talenteschmiede für die Formel 1 bereit ist.
Für den Zuschauer ist es gewiss schade, dass dies keine Fahrer mit einer gewissen Identität sind. Aber wer bitte - abgesehen von russischen Fans - will sich unbedingt eine Kappe von Daniil Kvyat kaufen? Die Fahrer mit Temperament und Image sitzen in den fünf, sechs besten Teams. Der Rest ist austauschbar - und das ist legitim.