Von Jens Huiber aus Valencia
Alexander Zverev ist schon in jungen Jahren ein Meister der feinen Ironie. In seinen Anmerkungen bei Pressekonferenzen finden sich große Körner Wahrheiten, aber eben auch kleine Krümelchen von Anekdoten, die die großen Wahrheiten noch interessanter machen. Eine komplette Davis-Cup-Mannschaft hätte es also gebraucht, plus seinen Hund, um Zverev am Freitag einigermaßen pünktlich auf Touren zu bringen.
Wenn dem tatsächlich so war, dann sollte die deutsche Nummer eins schleunigst einen Ratgeber für Langschläfer auf den Markt bringen. Denn keine 70 Minuten nach dem Beginn seiner Wachphase hat Alexander Zverev mit Tim Pütz sehr ordentlich auf Bälle geschlagen, nicht viel später dann David Ferrer vor einer immer ruhiger werdenden Fan-Kulisse vom Platz geschossen.
Der Samstag nun war der Ruhe gewidmet, Zverev hat, wie schon spät im Kohlschreiber-Match, auf den etwas schlichten Stühlen links hinter dem Schiedsrichter Platz genommen. Wenn auch mit Pausen, nicht so wie sein sonntäglicher Gegner Rafael Nadal. Der hatte sich als erster und lautstärkster Fan von Feliciano und Marc Lopez gezeigt, am Ende vergeblich.
Auch Nadal am Samstag Zuschauer
Bei Pressegesprächen versprüht Nadal andererseits, wenn überhaupt, den Hauch von Ironie nur in seiner Muttersprache. Den internationalen Journalisten gegenüber gibt er sich höflich, aber auch seltsam wachsam, geradewegs so, als wolle ihm das versammelte deutsche Pressewesen sein Erfolgsrezept mit einer einzigen, geschickt formulierten Frage auf immer entreißen.
Dabei liegt dieses Rezept ganz breit zur allgemeinen Einsicht vor: Es beruht auf maximaler Fitness, die auf dem Court in permanente Aggressivität umgesetzt wird. Auch in Ballwechseln, in denen Nadal in der Defensive ist, kommt zumeist der eine Moment, in dem der Spanier das Momentum drehen kann. Und das war´s dann für die meisten Gegner. Auch wenn Nadal gegen Philipp Kohlschreiber ein paar grotesk einfache Fehler angeboten hat.
Dass Nadal sich den Samstag ebenfalls als Zuschauer geben würde, daran hat der deutsche Teamchef Michael Kohlmann erst geglaubt, als tatsächlich die Herren Lopez und Lopez in die Stierkampfarena eingezogen sind.
Zverevs Siegesserie
Und so kommt es also am Sonntag (ab 11:00 Uhr, live auf DAZN) zur Climax in der Stierkampfarena in Valencia, jener Konstellation, die das Protokoll eigentlich vorsieht: Die beiden besten Spieler eines Landes spielen gegeneinander, in einer Partie, die für das Endergebnis noch relevant ist. Nach der Niederlage von Tim Pütz und Jan-Lennard Struff im Doppel für Alexander Zverev noch relevanter.
Der kommt mit einer Drei-Matches-Siegesserie auf den Court, Australien und Ferrer lassen grüßen. Rafael Nadal andererseits hat die letzten 23 Davis-Cup-Matches gewonnen, überhaupt erst eines verloren: Gegen Jiri Novak im Jahre Schnee. Gegen Zverev ist die Bilanz der Nummer eins der Welt makellos, alle drei Partien gingen an Nadal, die letzte davon auf Sand in Monte Carlo nicht einmal knapp.
Die Matches von Rafael Nadal gegen Alexander Zverev:
Jahr | Turnier | Sieger | Ergebnis |
2017 | Monte Carlo (Sand) | Rafael Nadal | 6:1, 6:1 |
2017 | Australian Open (Hartplatz) | Rafael Nadal | 4:6, 6:3, 6:7 (5), 6:3, 6:2 |
2016 | Indian Wells (Hartplatz) | Rafael Nadal | 6:7 (8), 6:0, 7:5 |
Chancen bei der Spieleröffnung
Bei den Australian Open 2017 allerdings hat Alexander Zverev den Linkshänder nachhaltig gequält, musste sich erst nach fünf Sätzen geschlagen geben. Von der Spielanlage her bringt der gebürtige Hamburger exakt jene Zutaten mit, die Nadal nicht schmecken: Zverev kann die Topspin-Bälle des Mallorquiners in jeder Höhe nehmen, kann mit Vor- und Rückhand flach und schnell in die Vorhand Nadals spielen.
Mit diesem Rezept hat Novak Djokovic in seiner besten Zeit Nadal alt aussehen lassen, viel älter als gerade jetzt. Gegen Kohlschreiber war indes nicht alles vom Feinsten, das den Schläger Nadals verlassen hat. Vor allem nicht beim Aufschlag. Gerade das ist dann auch jene Facette des Spiels, bei der Alexander Zverev einen kleinen Vorteil hat: der Spieleröffnung. Es wird spannend zu beobachten sein, ob er diesen nutzen kann. Zumal es am Samstagabend in Valencia wie aus Kübeln geschüttet hat. Und der Platz in der Stirekampfarena wohl noch langsamer als in den letzten Tagen sein wird.