Von Jens Huiber aus London
Einfach Novak Djokovic folgen. Das scheint dieser Tage ein Erfolgsrezept zu sein, nicht nur sportlich. Wer die Jubilee Line also an der Station Greenwich North verlässt, wird von Werbeplakaten des Weltranglisten-Ersten begrüßt, sein Ausrüster hat sich nicht lumpen lassen. Selbst die Rolltreppe ist mit einem Arrangement von Dojokovic und René Lacoste dekoriert. Zweifel, ob die Besucher hier richtig liegen, kommen aber ohnehin nicht auf: Die Ausgangstore an der U-Bahn weisen zweifellos auf das Saisonabschlussturnier für die Herren hin.
Novak Djokovic plädiert für einen Wechsel
Die Frage ist: Wie lange noch? Novak Djokovic selbst hatte ja angeregt, dass die ATP Finals wieder auf Tour gehen sollten, so schön es in London auch ist. Zwei Ausgaben wird es in der O2 Arena vertragsgemäß ganz sicher noch gebe, die Verhandlungen, was nach dem Masters 2020 passiert, sind hinter den Kulissen wohl schon voll im Gang.
Der Publikumszuspruch in London ist nach wie vor enorm - auch wenn am Montagabend beim Match von Djokovic gegen John Isner im obersten Rang einige Plätze unbesetzt geblieben waren. So richtig Stimmung wollte andererseits bis jetzt auch nicht aufkommen, zu eindeutig verliefen die Matches im Einzel - auch wenn die Fans einige Tiebreaks serviert bekommen haben.
Alexander Zverev kann sich das United Center vorstellen
Alexander Zverev sieht die Sache etwas anders als Branchenprimus Djokovic. Die O2 Arena sei der bestmögliche Austragungsort, ließ der Deutsche in seiner Pressekonferenz nach dem Auftaktsieg gegen Marin Cilic wissen. Die Halle in Paris-Bercy sei zwar toll, einem Vergleich mit jener in London würde diese aber niemals standhalten. Zverev wüsste jedenfalls keinen vergleichbaren Austragungsort in Europa.
Gut, eine Halle in den USA, das wäre schon etwas anderes, ergänzte Zverev. Das United Center in Chicago, wo Mitte September der Laver Cup ausgetragen wurde, da würde auch die deutsche Nummer eins schwach werden.
John Isner fliegt in die USA und zurück
Generell stellt sich aber die Frage, ob ein Wechsel der Kontinente im Sinne der Spieler ist. Und im Sinne der Umwelt. Kevin Anderson etwa hatte vor Beginn der Finals betont, dass die ATP in Zukunft auch vermehrt auf die ökologischen Fußabdrücke achten wollten. Wenn nun nach dem Turnier in Paris-Bercy der Tross von 24 Spielern plus zwei oder drei Ersatzleute zuzüglich Begleitpersonal einen transatlantischen Flug antreten, würden die Bemühungen um ein umweltfreundlicheres Denken ein wenig ad absurdum geführt werden.
John Isner andererseits hat sich in diesemJahr darüber weniger Gedanken gemacht. Der US-Amerikaner ist nach seinem Ausscheiden in Bercy gegen Karen Khachanov nach Hause gereist, erst am vergangenen Donnerstag zurück nach London gekommen. Der Aufwand hat sich für Isner gelohnt: Frau und Kind sind mit dem Debütanten zurück nach Europa gereist.