"Williams-Duell? Habe mich zurückgehalten"

Karsten Braasch (r.) gewann im Laufe seiner Karriere sechs ATP-Doppel-Titel
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Sein wilder Aufschlag wurde zum Markenzeichen, sein Duell mit Serena und Venus Williams legendär: Karsten "Katze" Braasch. Im Interview mit SPOX und Tennisnet spricht der 49-Jährige über seine Reise um die Tennis-Welt, den Geschlechterkampf in Australien, bemerkenswerte Begegnungen mit Superstars wie Pete Sampras, den Werdegang von Boris Becker und sein Image, das auch durch Kippen und Bierchen geprägt wurde.

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SPOX/Tennisnet: Herr Braasch, im März haben Sie die deutschen Hallenmeisterschaften im Einzel und im Doppel gewonnen und angekündigt, in Ihrer Altersklasse die Nummer 1 der Welt werden zu wollen. Sind Sie auf einem guten Weg?

Karsten Braasch: Ich will zumindest in absehbarer Zeit die Nummer 1 in Deutschland werden. Ich behaupte, dass es derzeit keinen besseren 50er in Deutschland gibt als mich - und das soll die Rangliste darstellen. Aktuell belege ich nämlich nur Platz drei, die größeren Turniere stehen aber jetzt erst an. Anfang Juli spiele ich in Essen und in Barcelona, Ende des Jahres fahre ich zur Weltmeisterschaft. Die steigt in Miami und tut deshalb gar nicht weh. (lacht)

SPOX/Tennisnet: Dann sind Sie also immer noch viel unterwegs?

Braasch: Die Reisestrapazen und der Stress halten sich in Grenzen. Als ich beispielsweise das letzte Mal in Barcelona war, habe ich das direkt genutzt, um mit meiner Freundin Urlaub zu machen. Das war großartig, weil Spielbeginn nie vor 18 Uhr war. Man konnte tagsüber Sightseeing machen und Spaß haben, abends hat man dann noch ein bisschen Tennis gespielt.

SPOX/Tennisnet: Selbst spielen ist die eine Sache, Ihr Hauptaugenmerk richtet sich allerdings auf das Coaching. Wen trainieren Sie denn so?

Braasch: Kinder, Jugendliche, Erwachsene - alles ist dabei. Ich bin in mehreren Vereinen und auch ein bisschen privat tätig. Drei Mal in der Woche helfe ich einem befreundeten Tennistrainer in Velbert, einmal die Woche bin ich in Langenfeld. Und zwei Mal die Woche bin ich in Köln und spiele mit der Tochter eines Mannschaftskollegen, die ziemlich ambitioniert ist. So habe ich eine schöne Abwechslung in meinem Leben.

SPOX/Tennisnet: Käme es für Sie theoretisch in Frage, als Coach noch einmal auf der ATP-Tour unterwegs zu sein?

Braasch: Früher hätte ich gesagt, dass das genau das ist, was ich machen will. Jetzt fühle ich mich aber mit meiner Lebenssituation sehr wohl. Ich sag mal so: Ich will es nicht ausschließen. Falls ein Angebot kommen sollte, müsste es sich lohnen. Es ist sicher nicht der einfachste Job, von einem Spieler oder einer Spielerin abhängig zu sein. Wenn der oder die dann irgendwann keine Lust mehr auf einen hat, ist das relativ doof.

SPOX/Tennisnet: Sie sind im Ruhrgebiet groß geworden, wo bekanntlich so ziemlich jeder Junge Fußballer werden möchte. Wie kamen Sie zum Tennis?

Braasch: Ich habe erstmal mit Leichtathletik angefangen. Sprinten, Weitsprung, Weitwurf - da war ich recht gut drin. Dann bekam ich Wachstumsstörungen in der Hüfte und durfte ein Jahr keinen Sport treiben. Als ich grade wieder mit Leichtathletik angefangen hatte, ging der ganze Mist in der anderen Hüfte los. Wieder musste ich aussetzen. Da mein Vater die acht oder zehn Mark Mitgliedsbeitrag pro Monat nicht umsonst bezahlen wollte, meldete er mich ab. Als ich wieder fit war, wollte ich wieder Leichtathletik machen, doch der Verein forderte, dass ich eine neue Aufnahmeprüfung mache. Das war meinem Papa zu doof. Er nahm mich mit in den Tennisklub, wo ich erstmal umsonst mitmachen durfte, weil er Mitglied war. Dann bekam ich ein paar Trainerstunden, hatte Spaß und war relativ schnell erfolgreich.

SPOX/Tennisnet: Wussten Sie damals schon, dass es zum Profi reichen könnte?

Braasch: Nein. Ich wurde mit 12 Jahren zwar Vize-Westfalenmeister und war zwei Jahre später in meiner Altersklasse die Nummer fünf oder sechs in Deutschland. An eine Profikarriere dachte ich trotzdem nicht. Ich hatte einfach tierischen Spaß und machte immer weiter. Dann kamen viele Kleinigkeiten, Zufälle und glückliche Umstände dazu, die mich haben immer besser werden lassen. Mit 18 wurde ich schließlich deutscher Jugendmeister. Aber: Die gleichaltrigen Spieler wie Boris Becker oder Carl-Uwe Steeb waren zu diesem Zeitpunkt längst Profis. Nur mal zur Einordnung: Als Boris 1985 Wimbledon gewann, war ich beim Juniorenturnier in Wimbledon dabei - und habe in der zweiten Runde verloren.

SPOX/Tennisnet: Wann erfolgte der Schritt zum Profi?

Braasch: Erstmal machte ich Abitur, musste dann zur Bundeswehr. Dort hatte ich das Glück, nach drei Monaten in eine Sportförderkompanie zu kommen. In dieser Zeit gab es immer häufiger den Gedanken, es einfach mal als Profi zu versuchen. Das habe ich schließlich auch gemacht.

SPOX/Tennisnet: Wie lief es am Anfang?

Braasch: Am Ende des ersten Jahres stand ich in der Weltrangliste irgendwo so um Nummer 360 herum. Ein Jahr später war es die Nummer 250. Ich bin einfach dabeigeblieben und es hat immer besser funktioniert. Ab der zweiten Jahreshälfte 1993 spielte ich dann sehr anständig.

SPOX/Tennisnet: Sogar verdammt gut. 1994 erreichten Sie die beste Platzierung Ihrer Karriere und standen auf Rang 38 der Welt. Von 1992 bis 1995 standen Sie bei 15 von 16 Grand-Slam-Turnieren im Hauptfeld. Welche Highlights sind Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?

Braasch: Das größte Highlight für mich war der Davis Cup 1994 gegen Spanien in Halle, als ich an der Seite von Michael Stich im Doppel antrat und wir die Partie gewannen. Wie wir gefeiert wurden, diese Emotionen, als die Nationalhymne gespielt wurde - diese Stimmung werde ich niemals vergessen.

SPOX/Tennisnet: Sie setzten aber auch Ausrufezeichen, als Sie auf sich alleine gestellt waren.

Braasch: Stimmt. 1994 in Hamburg schlug ich Ivan Lendl, in Key Biscayne Stefan Edberg. In San Jose spielte ich einmal ein fantastisches Match gegen Michael Chang. Das habe ich zwar verloren, wenn aber 10.000 Amerikaner 20 Minuten nach dem Spiel - ich hatte so lange Autogramme geschrieben - einen mit Standing Ovations verabschieden, ist das auch ein großartiges Gefühl.

SPOX/Tennisnet: Und dann wäre da noch der Auftritt gegen Pete Sampras 1995 in Wimbledon, als sie 6:7, 7:6, 4:6 und 1:6 den Kürzeren zogen.

Braasch: Ich durfte in Wimbledon das Turnier auf dem Center Court gegen den Titelverteidiger eröffnen. Mit meiner Spielweise brachte ich die Zuschauer auf meine Seite und machte Sampras lange Zeit das Leben schwer.