Alexander Zverev hob die Arme, ließ den Kopf in den Nacken fallen, blickte mit einem Lächeln in den wolkenverhangenen Himmel - und verdrückte sogar ein paar Tränen. Zum dritten Mal in seiner Karriere, zum ersten Mal in Deutschland durfte sich der 20 Jahre alte Hamburger beim ATP-Turnier in München als Sieger feiern lassen. Bei seiner Rede bedankte sich Zverev vor allem bei seinem Vater, "alle diese Titel haben auch für ihn eine große Bedeutung, ohne ihn ist das alles nicht möglich", sagte er. Vater Alexander war gerührt.
Nach einer beinahe dreistündigen Regenverzögerung besiegte Zverev im Finale der BMW Open den wackeren Qualifikanten Guido Pella aus Argentinien, zuletzt nur die Nummer 158 der Weltrangliste, eindrucksvoll mit 6:4, 6:3. Und weil das in München mittlerweile so üblich ist, gab es zum Preisgeld von 85.945 Euro und einer Hybrid-Flunder des Titelsponsors auch eine Lederhose. Darüber hinaus wird Zverev in der neuen Weltrangliste auf Rang 17 geführt werden - so weit oben wie nie in seiner bemerkenswerten Karriere.
Starkes Comeback in Satz eins
In der gut passenden, schicken Lederhose kurvte Zverev kurz im mattschwarzen Sportwagen über den Court, dabei hatte das Finale nicht gut begonnen für ihn. Bei 13 Grad auf feuchter Asche fühlte er sich erkennbar nicht wohl. Beim Stand von 2:4, 15:40 drohte er zum zweiten Mal seinen Aufschlag zu verlieren - drehte dann Satz und Match aber in beeindruckender Manier: Er gewann zehn Punkte in Serie - bis zum 3:0 im zweiten Satz waren es 28 von 34 oder sieben Spiele. Nach 72 Minuten brachte der erste Matchball die Entscheidung.
Bereits nach seinem beeindruckenden Sieg im Halbfinale gegen den an Nummer zwei gesetzten spanischen Sandplatzspezialisten Roberto Bautista Agut (7:5, 7:5) hatte Zverev betont, wie viel ihm sein erster Sieg in Deutschland bedeuten würde. "Der erste Turniersieg bleibt einem immer in Erinnerung - und der erste Heimsieg würde auch für immer in Erinnerung bleiben", hatte er gesagt und danach ergänzt: "Ich freue mich, dass ich im Finale bin. Es wird etwas Besonderes sein, weil es in München ist, in Deutschland." Zudem betonte er mehrfach, wie gut ihm der Sportwagen gefalle.
Fünftes Finale, dritter Sieg
Seinen ersten Turniersieg auf deutschem Boden hatte Zverev im vergangenen Juni gegen Florian Meyer (Bayreuth) in Halle/Westfalen verpasst. Kurz zuvor hatte er in Nizza erstmals im Finale eines ATP-Turniers gestanden, er verlor dort gegen den Österreicher Dominic Thiem. Bei den beiden darauf folgenden Finalteilnahmen aber war Zverev dann erfolgreich: Im vergangenen September in St. Petersburg gegen Stan Wawarika (Schweiz), im Februar dann auch beim Hallenturnier in Montpellier gegen Richard Gasquet (Frankreich). Dort holte er mit Bruder Mischa auch den Doppel-Titel
Der Turniersieg von Zverev auf der Anlage des MTTC Iphitos ist der achte Erfolg eines deutschen Spielers in der Open-Ära, seine Vorgänger waren Jürgen Faßbender (1974), Rolf Gehring (1980), Michael Stich (1994), Philipp Kohlschreiber (2007, 2012, 2016) sowie Tommy Haas (2013). Titelverteidiger Kohlschreiber war diesmal bereits im Achtelfinale gescheitert.
Das ATP-Turnier in München im Überblick