Steht der nächste Djoker schon bereit?

Miomir Kecmanovic gilt als große Tennis-Hoffnung Serbiens
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Die Tante: Managerin und Flüchtlingshelferin zugleich

Mit Hilfe der Akademie stellte Kecmanovic rasch seine Ernährung, wie Djokovic im Übrigen auch, um. Seitdem wurde in der WG bestehend aus Misha und seiner Tante nur noch Gluten frei gekocht.

Seine Verbissenheit im Training, seine Anlagen und die professionellen Strukturen machten Kecmanovic über die Jahre zum besten Nachwuchsspieler der Welt. Gefördert und gefordert durfte er zunächst mit älteren Collegespielern, später gar mit Profis wie dem Doppelspezialisten Max Mirnyi oder Top-Ten-Spieler Kei Nishikori trainieren.

"Ich dachte erst: Hier bist du völlig falsch. Ich war nervös und habe kaum einen Ball rübergebracht", erinnerte sich der Youngster, der sich vor allem gegen Mirnyi "am Netz überhaupt nicht wohlgefühlt habe. Da hatte und habe ich noch einiges zu lernen." Aber dieser permanente Druck sei gut für den Lernprozess gewesen, so Kecmanovic.

Training mit Nishikori und Co. als Reifeprüfung

"Wenn Kei heute auf die Anlage kommt, fragt er immer zuerst, ob Misha verfügbar ist", berichtete Coach Lambert kürzlich in einem Videopoträt. Mirnyi, auf den Youngster während der Australian Open angesprochen, erklärte vielsagend: "Ich will mich noch nicht auf Rankings festlegen, aber er ist definitiv bereit für die Herrentour."

Das bewies Kecmanovic selbst spätestens mit dem Double aus Orange Bowl und dem nicht minder bekannten Eddie-Herr-Turnier. Beide Turniere hatte zuletzt Dominic Thiem im Jahr 2011 gewonnen.

Von einem Top-Ten-Spieler wie Thiem ist der Finalist der letztjährigen US-Open-Junioren-Konkurrenz zwar noch weit entfernt. Doch der Serbe hat 2017 mit dem als äußerst hart geltenden Übergang vom Junior zum Profi begonnen. Momentan schlägt er auf der drittklassigen Future Tour auf. Sein erstes Turnier dort entschied er aus der Qualifikation heraus für sich und schlug dabei vier Spieler, die Älter als 21 Jahre alt waren.

Vergleiche zu Dominic Thiem

Als Belohnung ging es prompt 200 Plätze nach oben im Ranking. Im März ist er bereits unter den ersten 700 der Welt angelangt. Die ersten Niederlagen setzte es in diesen Wochen und Monaten allerdings auch. Geht es nach seinem langjährigen Förderer Nick Bolletieri, ist das völlig normal. "Misha muss noch viel lernen. Aber er hat die Gabe, sein bestes Tennis in Drucksituationen abrufen zu können. Das unterscheidet ihn von anderen talentierten Spielern in seinem Alter." Wenn er mental und körperlich fitbleibe, könne er es zu einem außergewöhnlichen Profi schaffen.

Eines haben aber alle Experten gemein: Mit genauen Rankingangaben halten sie sich zurück. Denn Druck macht sich der serbische Youngster ohnehin genug. "Ich musste ihn früher wie heute zwingen, auch mal an den Strand oder ins Kino zu gehen", erklärte seine Tante.

Kecmanovic selbst gibt sich bei den wenigen öffentlichen Auftritten in der Tat sehr fokussiert. In einem ATP-Videoporträt fügte er an: "Ich habe viele Privilegien in meiner Jugend als Tennisspieler genossen. Ich durfte viel Reisen und mein größtes Hobby auf der ganzen Welt ausüben. Mein Ziel ist es, dass das so bleibt."

Top 300 als Ziel

2017 soll ihn unter die ersten 300 der Welt spülen. "Er arbeitet konsequent an seinem Aufschlag. Die Möglichkeiten; das dieses Jahr zu packen, hat er", sagte Lambert. Nicht wenige behaupten hinter vorgehaltener Hand, dass der Weg nach oben noch schneller frei werden könnte.

Die serbischen Fans werden das gerne hören. Sie lechzen nach einem wie Djokovic. Einem, der mit seiner Besessenheit eine ganze Nation vor dem TV fesseln kann. Diesen Fokus scheint Miomir Kecmanovic zu besitzen. Wenn er seine Qualitäten langfristig auf den Platz bringt, dürften mögliche Vorurteile ob seiner Herkunft rasch an Bedeutung verlieren.

Und wer weiß: Taucht der Youngster in den kommenden ein, zwei Jahren in der erweiterten Weltspitze auf, könnte das vielleicht auch den Djoker nochmal anstacheln. Fürs serbische Tennis könnte das nur gut sein.

Die aktuelle ATP-Weltrangliste

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