Sam Querrey hat etwas geschafft, das man ausgerechnet ihm nicht zwingend zugetraut hätte: Zwei Wimbledonturniere in Folge hat er nun den Titelverteidiger und die Nummer eins der Welt besiegt, im Vorjahr Novak Djokovic, in diesem Jahr Andy Murray. Geht da noch mehr für den Mann, der in den vergangenen Jahren vermehrt für Aktivitäten außerhalb des Tennisplatzes - wie die Teilnahme an der Datingshow "Millionaire Matchmaker" und absurde Tanzvideos - bekannt war?
Querreys Bilanz bei den Majors war bislang nicht überragend. Ein Viertelfinale in Wimbledon 2016, ein Halbfinale 2017, so die Ausbeute des ehemals großen Hoffnungsträgers der USA, dem designierten Nachfolger von Andy Roddick. Dessen Spielweise mag ihm ähneln, die Zeit, in der Querrey spielt, ist jedoch eine andere. Eine, in der weniger oder nicht mehr ausschließlich die Power-Aufschläger und Gewalt-Vorhänder gesucht werden, als vielmehr diejenigen, die ebenso die Defensive perfekt meistern.
Auf Gras ticken die Uhren zumindest noch ein bisschen anders, und hier war es das Djokovic-Match im Vorjahr, durch das Querrey neues Selbstvertrauen getankt hatte, es doch mal bei einem Major in die finalen Runden schaffen zu können. "Das vergangene Jahr hat meinem Spiel definitiv einen Aufschwung gegeben, dass ich es schaffen kann. Aber es gab Zeiten in meiner Karriere, wo ich, wenn ich eine Wette darüber hätte abschließen müssen, dass ich ein Halbfinale erreiche, eher nein getippt hätte." Einmal dort, will Querrey mehr. "Nachdem ich das Viertelfinale im Vorjahr erreicht habe und nun das Halbfinale, habe ich Selbstvertrauen. Ich denke, dass ich noch etwas weiter kommen kann."
Klare Bilanz, enge Matches
Das Match gegen Cilic - es könnte ein enges Ding werden, auch wenn der Kroate scheinbar deutlich mit 4:0 in der internen Bilanz führt. Drei der vier Duelle fanden auf Rasen statt, 2009 in Wimbledon gewann Cilic in knappen fünf Sätzen, ebenso 2012 (mit 17:15 in Satz fünf). Die letzte Begegnung in Washington 2015, auf Hartplatz, endete zwei Mal im Tiebreak.
Darum weiß auch der Kroate, der durch seinen Sieg über Gilles Muller nach drei Wimbledon-Viertelfinals in Folge erstmals im Halbfinale steht. Sein Vorteil gegenüber Querrey ist natürlich die Erfahrung, bereits ein, gar zwei Schritte weitergegangen zu sein, mit dem US-Open-Sieg 2014. Während Cilic zu jener Zeit unter Anleitung eines Wimbledonsiegers stand, Goran Ivanisevic, der Cilics Aufschlag umbastelte, steht nun Jonas Björkman an seiner Seite. Unter dem Schweden habe er an unterschiedlichen Dingen gearbeitet, sagte Cilic. "Ich glaube, wir haben eine gute Formel gefunden, dass ich konstant auf einem guten Level spiele. Das war etwas, das mir im Laufe meiner Karriere gefehlt hat."
Im Halbfinale treffen zwei ähnliche Spielsysteme aufeinander, sowohl Querrey als auch Cilic bevorzugen den schnellen Punktgewinn mit möglichst schnellem Spiel. Querrey führt die Wimbledon-Asse-Bilanz mit 126 Stück an, Cilic steht mit 105 unerreichbaren Aufschlägen auf Rang drei. Beide werden versuchen, über den Aufschlag und die Kombination Aufschlag-Vorhand zu punkten, mit der ein oder anderen Volley-Einlage.
Dass Querrey ihn ärgern kann, weiß Cilic, und er weiß auch, auf was es in erster Linie ankommt. "Ich muss bereit sein und sehr fokussiert auf mein eigenes Spiel."