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NHL-Superstar Leon Draisaitl exklusiv: "Im Eishockey ist ein Nowitzki-Status wohl leider nicht zu erreichen"

Leon Draisaitl spielt in der NHL für die Edmonton Oilers.
© SPOX

Deutschland hat einen absoluten Superstar im US-Sport, der nicht auf den Namen Dirk Nowitzki hört, aber kaum jemand bekommt es mit. Leon Draisaitl spricht im SPOX-Interview über sein Schattendasein, seine herausragende persönliche Saison, die Probleme der Edmonton Oilers und eine mögliche WM-Teilnahme in der Slowakei.

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In der NHL gibt es aktuell nur zwei Spieler, die mehr Tore auf dem Konto haben als Leon Draisaitl. An der Spitze steht natürlich - möchte man sagen - Alexander Ovechkin (Washington Capitals) mit 43 Treffern. Dahinter folgt Patrick Kane (Chicago Blackhawks/38 Tore), danach leuchtet schon der Name Draisaitl auf.

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Der 23-Jährige ist gerade in den vergangenen Wochen mit 12 Toren in den letzten 13 Spielen heiß gelaufen und steht jetzt schon bei 36 Buden (14 davon im Power Play). Damit hat Draisaitl nach nur 60 Spielen jetzt schon 7 Tore mehr auf dem Konto als in seiner bisher besten Saison 2016/17 (29). Auch in der Scorerliste liegt Draisaitl, eigentlich eher Playmaker als Sniper, mit 73 Punkten auf Rang acht, unter anderem gleichauf mit Penguins-Superstar Sidney Crosby.

Heißt: Ein deutscher Eishockeyspieler ist in der NHL auf 100-Punkte-Pace! Das hat es - natürlich - noch nie auch nur ansatzweise gegeben. Draisaitls persönlicher Rekord steht bei 77 Punkten in seiner dritten NHL-Saison.

Leon Draisaitl spielt in der NHL für die Edmonton Oilers.
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Leon Draisaitl spielt in der NHL für die Edmonton Oilers.

Draisaitl: Top-Leistungen trotz schlechter Saison der Oilers

Ein Hauptgrund dafür, warum Draisaitls Saison nicht die Beachtung findet, die sie verdienen würde: Die Oilers sind als Team eine Katastrophe. Das formidable Duo aus Megastar Connor McDavid, der mit 85 Scorerpunkten in den Top-3 der Liga liegt, und Draisaitl reicht nicht aus. Es gibt kein Duo, auf dem so viel Last liegt. In der Liste der Stürmer mit der meisten Eiszeit in der Liga liegen McDavid und Draisaitl auf den Rängen eins und fünf.

In der ganzen Liga gibt es punktetechnisch nur drei schlechtere Mannschaften als Edmonton. Die Wahrscheinlichkeit ist sehr hoch, dass Draisaitl in seinem fünften Jahr zum vierten Mal die Playoffs verpasst.

Leon, persönlich erleben Sie eine überragende Saison, aber als Team läuft es für die Oilers überhaupt nicht. Nur die L.A. Kings haben in der Western Conference weniger Punkte. Wie groß ist der Frust aktuell?

Leon Draisaitl: Ich bin natürlich relativ zufrieden mit meiner eigenen Saison, aber Eishockey ist und bleibt ein Teamsport. Es geht um den Erfolg der Mannschaft und nicht um mich persönlich. Deshalb ist es sehr frustrierend. Wir sind nicht in der besten Ausgangsposition, aber es ist noch nicht vorbei. Wir müssen einfach versuchen, das Ding umzudrehen und so viele Spiele wie möglich zu gewinnen, um doch noch irgendwie in die Playoffs reinzurutschen.

Obwohl die Oilers elf der letzten 13 Spiele verloren haben, ist der Rückstand auf einen Playoff-Platz mit "nur" 6 Punkten immer noch aufholbar.

Draisaitl: Das stimmt, es sind immer noch genügend Spiele. Wir müssen jedes Spiel so spielen, als ob es unser letztes wäre. Wir kriegen nichts geschenkt. Die Liga ist unglaublich eng geworden, jede Mannschaft hat Topspieler in ihren Reihen.

Trainerwechsel für Draisaitl "keine große Sache"

Sie haben in dieser Saison auch einen Trainerwechsel erlebt. Ken Hitchcock steht inzwischen an der Bande und hat die Mannschaft vor ein paar Wochen auch öffentlich scharf kritisiert. Wie sind Sie als einer der Leader damit umgegangen?

Draisaitl: Für mich war das keine große Sache. Es ist das gute Recht eines Trainers, öffentlich seine Meinung zu sagen, wenn er das Gefühl hat, dass die Mannschaft nicht gut spielt. Wir sind alle Profis und wissen, wie wir damit umzugehen haben.

Für Sie läuft es in dieser Saison vor allem im Torabschluss so gut wie noch nie. Was ist Ihre Erklärung dafür?

Draisaitl: Der Hauptfaktor ist, dass ich meinen Schuss mehr nutze. Ich habe gute Mitspieler, die wissen, wie sie mich einsetzen können und ich habe ein bisschen mehr Vertrauen in meinen Schuss entwickelt. Ich suche und nehme jetzt auch häufiger mal selbst den Schuss, statt nur immer den Pass zu spielen. Und wenn es bei einem Offensivspieler mal läuft, dann fühlst du dich natürlich auch gut, dann gehen auch mal ein paar glückliche Dinger rein und es läuft teilweise von alleine. Aber ich habe immer noch Luft nach oben. Ich bin immer noch relativ jung und versuche, mich Jahr für Jahr weiterzuentwickeln, besser zu werden und neue Stärken in meinem Spiel zu finden.

Belohnung für Ihre starke Saison war, dass Sie von den Fans noch ins All-Star Game gewählt wurden. Wie haben Sie das All-Star-Wochenende in San Jose erlebt?

Draisaitl: Das ganze Event war eine unglaubliche Erfahrung für mich. Alleine jetzt sagen zu können, dass ich dabei gewesen bin, bedeutet mir viel. Auch in der Kabine neben den Jungs zu sitzen und sie näher kennenzulernen, gegen die man normalerweise auf dem Eis kämpft, war etwas Besonderes. Es war ein richtig cooles Wochenende.

Der größte deutsche US-Sport-Superstar, wahrscheinlich aller Zeiten, ist natürlich Dirk Nowitzki. Er erlebt gerade wohl seine letzte Saison. Rein sportlich gehören Sie jetzt auch zu den Superstars, stehen aber dennoch im Schatten.

Draisaitl: Dirk Nowitzki war eine Inspiration für mich. Ich habe immer angestrebt, so zu sein wie er und so einen Status zu haben wie er. Im Eishockey ist ein Nowitzki-Status wohl leider nicht zu erreichen. Das zu schaffen, wird nicht ganz möglich sein. Was Dirk geleistet hat, über so viele Jahre, ist natürlich überragend. Er ist eine absolute Legende im deutschen Sport.

Leon Draisaitl kritisiert DEB-Nachwuchsförderung

Im deutschen Eishockey rumort es aktuell. Moritz Müller war der Erste, der mit seiner harten Kritik an den Medien, aber auch vor allem an der mangelnden Nachwuchsförderung in der DEL für Schlagzeilen gesorgt hat. Auch Yannic Seidenberg hat im SPOX-Interview Ähnliches geäußert. Wie haben Sie das aus der Ferne erlebt?

Draisaitl: Ich kriege es auch aus der Ferne mit und kann Moritz Müller nur zustimmen. Ich halte mich zwar größtenteils raus aus der Diskussion, aber es ist einfach schade, dass in Deutschland die jungen Spieler so gut wie gar nicht gefordert und gefördert werden. Natürlich brauchst du ausländische Spieler, die ein gewisses Niveau haben, aber es ist Fakt, dass kaum ein junger deutscher Spieler im Power Play eingesetzt wird. Wie soll man dann bitte erwarten, dass die Jungs offensiv was zustande bekommen? Dass sie auch von Scouts gesehen werden? Das ist schade. Ich hoffe sehr, dass sich das bald doch einmal ändert und die Jungs mehr Eiszeit kriegen, um gerade im offensiven Bereich Erfahrung sammeln zu können.

Es sieht ganz danach aus, als ob Sie wieder Zeit hätten, die WM zu spielen und für das DEB-Team aufzulaufen. Ist es beschlossene Sache, dass wir Sie bei der WM sehen werden?

Draisaitl: Ich weiß noch nicht, ob ich bei der WM dabei sein werde. Das werden wir dann sehen. Aber ich habe schon Kontakt zum neuen Bundestrainer Toni Söderholm gehabt und wir haben uns ein bisschen ausgetauscht.

Eventuell könnten Sie bei der WM mit Ihrem guten Freund Dominik Kahun zusammenspielen, der bei den Chicago Blackhawks eine richtig gute Rookie-Saison spielt (11 Tore, 19 Assists). Es gibt jetzt auch in Chicago ein bisschen "Kahun, Kahun, Kahun". Was sagen Sie zu seiner Saison?

Draisaitl: (lacht) Ja, Dominik spielt eine super Saison. Er hat eine gute Rolle gefunden und spielt mit richtig guten Mitspielern zusammen, es ist perfekt für ihn. Es freut mich natürlich total für ihn, wir stehen regelmäßig im Austausch.

Letzte Frage: Sie haben sich im Herbst 2018 dazu entschieden, jedes Jahr 150.000 Dollar Ihres Gehalts für wohltätige Zwecke in Edmonton zu spenden. Warum war Ihnen das so wichtig?

Draisaitl: Seitdem ich in Edmonton einen so langfristigen Vertrag unterschrieben habe und klar ist, dass ich einen großen Teil meiner Karriere dort verbringen werde, war für mich wichtig, dass ich eine Verbindung zur lokalen Community aufbauen will. Als sich dann eine gute Möglichkeit ergeben hat, habe ich das sehr gerne gemacht, zumal ich dort die Chance habe, Kinder zu unterstützen. Auch ich kann im Austausch mit den Kids noch sehr viel lernen. Es macht einfach Spaß zu sehen, wie engagiert sie sind.

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