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NFL - Week 12, Gewinner und Verlierer: Als die Football-Welt kurz um Scott Hanson bangte

Von Stefan Petri
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In Week 12 der NFL Regular Season steht Football kurzzeitig nicht im Mittelpunkt - stattdessen bangt die Fangemeinde um RedZone-Host Scott Hanson. Die Pittsburgh Steelers finden ihre Offense (mit einer Ausnahme), in Buffalo gehen die Lichter aus und Philly ist einfach unschlagbar. Außerdem: Das beste Play der Woche, mehrere Meilensteine und Verlierer, die am Ende doch zu den Gewinnern zählen. Die Erkenntnisse der Woche.

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NFL, Week 12 - Gewinner: Philadelphia Eagles

Einen "Super-Bowl-Hangover" nach dem verlorenen Endspiel im vergangenen Februar hatte es nicht gegeben, doch wie viel der gute Saisonstart der Eagles wirklich wert war, schien lange unklar - die guten Gegner würden ja erst noch kommen. Nach Siegen gegen die Dallas Cowboys, bei den Kansas City Chiefs und nun gegen die Buffalo Bills gehören diese Fragezeichen der Vergangenheit an: Die Eagles sind eine absolute Macht!

Nicht deshalb, weil sie einen Gegner nach dem anderen abschießen - überhaupt wurden nur drei der zehn Saisonsiege mit mehr als sechs Punkten Unterschied gewonnen. Sondern weil sie am Ende eben immer gewinnen. Auch wenn es knapp ist. Auch wenn sie zur Pause einem Rückstand hinterherlaufen, wie in den letzten vier Spielen. Weil sie ein gutes, tiefes, stark gecoachtes Team haben. Weil sie den "Tush Push" haben. Ein gutes Lauf- und ein gutes Passspiel. In Jake Elliott einen eiskalten Kicker. Einen starken Pass Rush. Den wohl besten Center der NFL in Jason Kelce. Und natürlich Quarterback Jalen Hurts (mehr zu ihm im MVP-Ranking im weiteren Wochenverlauf).

Eine NFL-Saison ist verflixt lang, jedes Team ist am richtigen Tag brandgefährlich, so oft entscheiden ein Play oder ein paar Zentimeter. Deswegen hat jedes Team der Liga schon mindestens drei Niederlagen kassiert - außer eben Philadelphia.

Sind die Eagles auf dem Weg zum Top-Seed in der NFC noch abzufangen? Am kommenden Sonntag kommt es im heimischen Lincoln Financial Field zum Gipfeltreffen mit den San Francisco 49ers (8-3). Der elfte Sieg und das Ding ist eigentlich durch, auch wenn die anschließenden Auswärtsspiele in Dallas und Seattle auch nicht ohne sind. Aber wir legen uns fest: Der Weg zum Super Bowl führt in der NFC nur durch die Stadt der brüderlichen Liebe.

PS: Wie zum Geier haben die JETS gegen Philly gewonnen?

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NFL, Week 12 - Verlierer: Buffalo Bills

Machen wir doch direkt weiter mit dem Spiel der Woche. Buffalo steht hier nicht, weil man knapp gegen die Eagles verloren hat - wem passiert das nicht? Aber die Art und Weise tut mal wieder richtig weh, weil das Team so lange so gut spielte, weil es so knapp war - und weil man es am Ende wieder selbst verbockte. Über 500 Yards Offense auswärts in Philadelphia sind sensationell gut, Quarterback Josh Allen präsentierte sich über weite Strecken in MVP-Form (und besser als Gegenüber Jalen Hurts!). Aber da gab es auch wieder eine überflüssige Interception, oder zwei vergebene Field-Goal-Versuche von Tyler Bass, der plötzlich wackelt. Eine spät verspielte Führung obendrauf - und die sechste Niederlage im sechsten Overtime-Spiel in Allens Karriere.

So wird es im Kampf um die Playoffs in der extrem ausgeglichenen AFC richtig schwer: Maximal eine Niederlage dürfen sich die Bills im Rennen um den Postseason-Platz vielleicht noch erlauben, auch das könnte schon zu viel sein - und es warten noch Spiele bei den Chiefs, gegen die Cowboys und bei den Dolphins.

Wie bitter das Verpassen der Playoffs wäre, zeigt folgende Statistik: Mit einem Point Differential von +101 nach zwölf Wochen ist Buffalo in dieser Hinsicht das viertbeste Team der NFL. Das letzte Team, das in dieser Statistik so stark war, aber dennoch keine positive Bilanz aufwies, waren die Eagles - und zwar 1950! Aber die Bills vergeigen eben auch ein enges Spiel nach dem anderen: Von acht One-Score-Games wurden sechs verloren, damit liegt man gleichauf mit den New England Patriots. Und das sagt dann auch schon alles.

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NFL, Week 12 - Alarm der Woche: Scott Hanson

Wer liebt ihn nicht, den sympathischen, breitschultrigen Moderator mit kantigem Kinn und stets perfekter Frisur! Scott Hanson führt seit 2009 an jedem Sonntag durch die rund sieben Stunden lange NFL RedZone und dürfte in den Staaten beliebter sein als bei uns Günter Jauch. Hanson bringt so schnell nichts aus der Ruhe - doch diesmal gab es tatsächlich auch für ihn eine Premiere: Feueralarm! "Wir müssen das Gebäude evakuieren", erklärte er live on Air, während im Hintergrund der Alam jodelte. Also ließ sein Team das Eagles-Bills-Spiel laufen und er verabschiedete sich.

Glücklicherweise stellte sich das Ganze als falscher Alarm heraus, und so war der 52-Jährige, für den es auf dem College nur für das Scout Team reichte, schon wenige Minuten später wieder an seinem angestammten Platz im Studio zu sehen. "Das erinnert mich an ein altes chinesisches Sprichwort: Mögest du in interessanten Zeiten leben", moderierte er den Vorfall gewohnt souverän weg, obwohl der Alarm noch nicht abgeschaltet war. "Über 250 Folgen NFL RedZone - aber das gab es noch nie", sagte er später bei The Athletic.

Übrigens: Vorwürfe, er habe mit dem Feueralarm nur die erste Toilettenpause seiner RedZone-Karriere verdecken wollen, verwies Hanson ins Reich der Fabeln. Hätten wir ihm auch nicht zugetraut!

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NFL, Week 12 - Gewinner: Offense der Pittsburgh Steelers

Dass wir Kenny Pickett am letzten Montag zum vielleicht schlechtesten Quarterback der NFL erkoren haben, ist an der Verantwortlichen in Pittsburgh nicht spurlos vorbeigegangen: Einen Tag später wurde Offensive Matt Canada entlassen, gegen die Cincinnati Bengals sollte nun alles anders werden. Das Ergebnis: Heureka! Die Offense lebt! Sie lebt!

Na gut, ein "Heureka" war laut Head Coach Mike Tomlin nicht angebracht, mehr als einen Pflichtsieg wollte er gegen die Joe-Burrow-losen Bengals nicht akzeptieren. Und bei stolzen 16 erzielten Punkten kann man die Kirche auch im Dorf lassen. Aber 421 Yards Offense! Das gab es bei den Steelers seit 58 (!) Spielen nicht mehr. Zusammen setzte sich das aus 153 Rushing Yards (4,6 pro Carry) und 278 Yards von Pickett, Saisonbestleistung. Es gab Big Plays, es gab Würfe in die Feldmitte, es gab lange Drives ... Pickett wurde nur zweimal gesackt und blieb ohne Turnover. Ein Hoch auf den neuen Playcaller Mike Sullivan. Jetzt nur noch die Probleme in der Redzone in den Griff bekommen und - ruhig bleiben, liebe Steelers-Fans! - die 20 Punkte sind nächste Woche gegen Arizona in Reichweite.

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NFL, Week 12 - Arbeitsverweigerung der Woche: Diontae Johnson

Erst ein Touchdown, noch kein Spiel mit 100 Receiving Yards: Die offensiven Probleme der Steelers sind auch an Receiver Diontae Johnson nicht spurlos vorbeigegangen. Was allerdings locker-flockig an ihm vorbeiging, war der Fumble von Teamkollege Jaylen Warren: Vertraut mir, diese Szene muss man gesehen haben!

Okay, dass sich Receiver und Cornerback bei einem Running Play auf einen unausgesprochenen "Nichtangriffspakt" einigen, das gibt es schon mal: "Lass mal locker bleiben und Kräfte sparen, das Play hat mit uns nichts zu tun." Man kann es aber, wie im obigen Clip gesehen, auch auf die Spitze treiben. Wie Johnson beim Fumble keinen Finger krumm macht, während sein Gegenspieler (!) den Ball aufnimmt und zurückträgt, ist beeindruckend in seiner "Geht mir doch am Arsch vorbei"-Attitüde. Offenbar noch nie vom Mantra "Play to the whistle" gehört.

"Ich habe den Ball nicht gesehen", sagte er später in der Kabine. Stattdessen habe er "das gemacht, was ich da gerade eben gemacht habe, geblockt oder was auch immer." Richtig, deswegen schaltete er auch prompt den Turbo ein, als ihm klar wurde, dass der Spielzug noch nicht vorbei war ... obwohl: Vielleicht wäre er sowieso in die falsche Richtung gelaufen.

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NFL, Week 12 - Gewinnender Verlierer: New England Patriots

Ja, es gibt kein "Tanking" im NBA-Sinne in der NFL. Dafür ist die Saison zu kurz, die Verträge sind nicht garantiert, und der Sport ist physisch einfach zu hart und zu gefährlich, um auf dem Rasen ein paar Prozent rauszunehmen (gut, Diontae Johnson ist die Ausnahme dieser Regel).

Man kann aber durchaus daran schrauben, die eigenen Siegchancen etwas zu verkleinern. Etwa, in dem man einem offensichtlich überforderten Quarterback Mac Jones eine Chance nach der anderen gibt, nur um ihn im Spielverlauf immer wieder auf die Bank zu verfrachten und so sein Selbstvertrauen vollends zu zerstören. So wie Bill Belichick bei den New England Patriots zuletzt. Man könnte vor einem "Must-Lose-Game" gegen ebenfalls recht grottige Giants die Trainings-Snaps auf zwei Quarterbacks aufteilen und durchsickern lassen, dass beide spielen werden, damit keiner wirklich in den Rhythmus kommt. So wie Bill Belichick bei den Patriots diese Woche.

Das kann auch funktionieren, wie man an den zusammen 136 Passing Yards und drei Interceptions von Jones und Bailey Zappe gegen die Giants ablesen kann. Trotzdem braucht es noch ein bisschen Hilfe, wenn die eigene Defense hält und das Running Game immerhin 147 Yards auflegt. Ihr Auftritt, Chad Ryland: Der Rookie-Kicker wusste in den Schlusssekunden offenbar was Phase ist, und zielte bei seinem Field Goal zum Ausgleich leeeiiiider knapp vorbei. Zumindest, wenn man es ihm positiv auslegen will, denn sonst war es einfach nur ein ganz miserabler Kick.

Wie dem auch sei: Die Patriots halten durch die Pleite Kurs auf einen Top-3-Pick im kommenden Draft. Und das macht sie dann irgendwie doch zu Gewinnern.

(Ganz im Gegensatz zu Mac Jones. Wer die schlimmste Interception der Woche sehen will, der klicke hier.)

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NFL, Week 12 - Trick Play der Woche: Keenan Allen (Los Angeles Chargers)

Ein richtig schönes Trick Play lässt doch jedem Football-Fan das Herz aufgehen. Sei es ein Flea Flicker, ein Fake Punt oder ein Offensive Tackle, der plötzlich als Receiver einen Touchdown erzielt. Was in meinen Augen in den Playbooks immer noch viel zu kurz kommt, sind Lateral-Pässe, also Pässe nach hinten. Natürlich sind sie von Natur aus riskant, aber mit einigermaßen geschickten Skill Playern lässt sich so etwas wunderbar einstudieren. Das perfekte Beispiel boten die Chargers im Sunday Night Game gegen die Baltimore Ravens, als Keenan Allen einen Pass seinerseits an Austin Eckeler an der Seitenlinie weiterschickte und die Chargers so ein schwieriges First Down holten.

Vielleicht braucht es noch fünf Jahre, vielleicht auch zehn, aber ich bin überzeugt, dass solche Plays früher oder später fest in (fast) jedem Playbook verankert sein werden.

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NFL, Week 12 - Statistik der Woche: Quarterback-Starts

Kommt von NFL-Guru Adam Schefter, seines Zeichens Breaking-News-Maschine von ESPN: Jake Browning wurde bei den Cincinnati Bengals der ligaweit 50. Starting Quarterback in dieser Saison. Und das ist ... weniger als letztes Jahr! Da waren es nach zwölf Wochen nämlich 53 (2021 auch 50 und 2022 sogar 52).

Ich habe es zwar nicht persönlich nachgerechnet, aber trotzdem überraschend, dass wir uns 2023 trotz der vielen verletzten Stars und Starter im Durchschnitt der letzten Jahre befinden. Wieder was gelernt!

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NFL Week 12 - Meilensteine der Woche

Für ein paar lobende Schulterklopfer ist noch Zeit:

  • Dank 76 Rushing Yards beim 17:10 über die Carolina Panthers ist Derrick Henry von den Tennessee Titans jetzt der achte Running Back der NFL-Geschichte mit mindestens 9.000 Rushing Yards und 80 Touchdowns vor seinem 30. Geburtstag. Insgesamt 84 Rushing TDs bedeuten Platz 17 all-time.
  • Lamar Jackson von den Baltimore Ravens hat die 5.000 Rushing Yards geknackt. Das haben vor ihm nur die Quarterbacks Michael Vick, Cam Newton und Russell Wilson geschafft. Als einziger schaffte Jackson das in unter 100 Spielen (82).
  • T.J. Watt verbuchte gegen die Bengals den 90. Sack seiner Karriere, und zwar in seinem 97. NFL-Spiel. In unter 100 Spielen hatte diese Marke vor ihm nur Hall of Famer Reggie White geknackt.
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NFL Week 12 - die besten Spiele von Week 13

Die Saison biegt ins letzte Drittel ein, also warum nicht kurz schauen, was nächste Woche auf uns wartet?

  • Houston Texans vs. Denver Broncos: Beide Teams stehen bei 6-5 und kämpfen um eine Wildcard in der AFC - eine Niederlage und die rutscht erst einmal wieder außer Reichweite
  • Philadelphia Eagles vs. San Francisco 49ers: Die beiden wohl besten Teams der NFC - der NFL? - im direkten Duell. Verlieren die Niners, ist der Top-Seed definitiv futsch.
  • New York Jets vs. Atlanta Falcons: Zach Wilson vs. Desmond Ridder - ein Spiel für Feinschmecker!

Das war's! Dolly, bring uns nach Hause!

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