3. Der Reload: Stellschrauben neu gedreht
Die Teams, die einen Reload anpeilen, sehen sich selbst im Titelfenster oder zumindest kurz davor. In aller Regel sind es Teams mit einem guten bis sehr guten Quarterback noch zu günstigen Konditionen - also auf dem Rookie-Vertrag - und einem Kader, dem nicht viel fehlt, um den letzten Schritt zu gehen und nach einem (weiteren?) Titel zu greifen.
Die Bills in der vergangenen Offseason waren so ein Beispiel. Buffalo schien zwei Jahre lang ganz nah dran, was merklich fehlte war der Elite-Pass-Rusher, der ein Playoffspiel in der entscheidenden Phase an sich reißen kann. Die Bills bezahlten viel Geld, um Von Miller nach Buffalo zu locken und dieses Problem zu lösen.
Es ist, aus neutraler Perspektive zumindest, schade, dass wir die Bills aufgrund der Verletzung nicht mit Von Miller auch tatsächlich in den Playoffs gesehen haben. Buffalo hatte in der Phase der Saison dann einige Probleme, doch der Mangel an Dominanz in der Defensive Line wurde insbesondere beim Playoff-Aus gegen Cincinnati deutlich.
Der Reload der Chiefs führt zum Titel
Die Kansas City Chiefs wären ein anderes Beispiel dafür. Nicht aus der vergangenen Offseason, sondern in der Offseason, nachdem Patrick Mahomes hinter einer dezimierten Offensive Line im Super Bowl vom Pass-Rush der Buccaneers über das ganze Feld gejagt worden war.
Die Chiefs investierten 2021 im Draft und in der Free Agency viele Ressourcen, um ihre Offensive Line komplett umzukrempeln. Joe Thuney kam für viel Geld als Free Agent, Orlando Brown wurde via Trade aus Baltimore eingekauft, und im Draft fand man die Starter Creed Humphrey und Trey Smith.
Es dauerte eine Weile, bis die Chiefs im Laufe der 2021er Saison auch passend dazu ihre Spielweise umstellten, und man merkte hier auch den gelegentlichen Sand im Getriebe, als Defenses die Chiefs dazu zwangen, sehr geduldig zu spielen und die Big Plays minimierten.
Doch bereits im Laufe der 2021er Saison merkte man, wie die Rädchen ineinander griffen - in der gerade beendeten Saison wurde das dann nochmal auf ein anderes Level gehoben. Trotz einer schwächeren Receiver-Gruppe hatten die Chiefs die beste Offense der Liga, auch dank einer Top-5-Line.
Bengals 2022 im Reload-Prozess
Nicht ganz so radikal wie die Chiefs, aber in eine ähnliche Richtung gedacht waren die Bengals nach ihrem verlorenen Super Bowl gegen die Rams unterwegs.
Cincinnati war 2021 auf dem Rücken einiger herausragender Defense-Auftritte durch die Playoffs marschiert, die Defizite in der eigenen Offensive Line wurden dabei aber immer wieder deutlich - auch im Super Bowl gegen Aaron Donald, Von Miller und Co.
Cincinnati wählte nicht die Hochkaräter wie die Chiefs, tauschte aber in der vergangenen Free Agency drei Starter aus und ersetzte sie durch Ted Karras, Alex Cappa und La'el Collins. Verletzungen spielten hier eine Rolle in den Playoffs, doch die Verbesserungen auf die Saison betrachtet waren deutlich spürbar.
Am Ende fehlte den Bengals ein Sieg, um erneut im Super Bowl zu spielen - mit der angeschlagenen Line insbesondere im Championship Game gegen Kansas City als erneuter Problemzone.
Reloads als ein Ritt auf der Rasierklinge?
Weniger erfolgreich waren die Los Angeles Chargers: Die Chargers nutzten die vergangene Offseason ebenfalls, um ihre größte Baustelle - die Defensive Line - anzugehen.
Unter anderem Morgan Fox, Sebastian Joseph-Day, Austin Johnson, Kyle Van Noy und in erster Linie Khalil Mack wurden verpflichtet; der erhoffte Effekt stellte sich aber nur in Maßen ein.
Die Verletzung von Joey Bosa verhinderte, dass die Chargers überhaupt eine Chance auf eine dominante Line hatten, auch Probleme in der Run-Defense blieben ein Thema.
Der teuer verpflichtete Cornerback J.C. Jackson sollte Coach Brandon Staley den Nummer-1-Corner als Dreh- und Angelpunkt der Secondary geben, doch Jackson wurde gebenched, ehe er verletzungsbedingt den Rest der Saison verpasste.
Ein Reload erfolgt in aller Regel mit einer kurzfristigeren Perspektive. Es geht darum, jetzt anzugreifen, in dem Wissen, dass man von einem Fenster über ein, zwei Jahre spricht, ehe dann vermutlich kritische Entscheidungen aus Cap-Perspektive getroffen werden müssen.