3. Playoff-Teams NFC: Stärken, Schwächen, Worst Case
Das NFC-Playoff-Rennen ist in Woche 17 deutlich klarer geworden - aber auch nochmal spannender. Die erneute Niederlage der Eagles bringt auf einmal den Nummer-1-Seed vor Woche 18 nochmals auf den Tisch, gleichzeitig sind die Commanders und die Saints durch Green Bays Sieg eliminiert.
Die Packers haben ihr Schicksal jetzt selbst in der Hand: Ein Sieg gegen die Lions in Woche 18, und Green Bay ist mit dabei. Eine Niederlage, und die Lions wären drin - sofern nicht gleichzeitig Seattle gegen die Rams gewinnt. Diese drei Teams machen die finale Wildcard unter sich aus.
Philadelphia Eagles
Größte Stärke: Seit Wochen sprechen wir darüber, dass die Eagles den komplettesten Kader in der NFL haben, und dementsprechend schwierig ist es, hier eine einzelne Sache raus zu picken. Stattdessen würde ich einen anderen Weg wählen: Das Kollektiv ist Philadelphias größte Stärke. Es gibt für mich kein Team, zumindest nicht in den NFC-Playoffs, das Spiele auf so viele Arten gewinnen kann wie die Eagles: Mit einem dominanten Run Game, mit einer explosiven Passing-Offense, mit einer aggressiven Defense, oder mit einem dominanten 4-Man-Rush - all das haben wir in dieser Saison schon gesehen, und das ist eine riesige Qualität mit Blick auf die Playoffs.
Größte Schwäche: Anknüpfend an den ersten Punkt ist auch hier die Auswahl nicht ganz einfach. Ja, die Run-Defense ist noch nicht sattelfest, und der Verlust von Lane Johnson würde - sofern Johnson für die Playoffs nicht zurückkommt - diese starke Eagles-Line vor eine echte Probe stellen. Aber ich würde mit einem eher übergreifenden Punkt auch hier gehen: Die Unerfahrenheit. Dieses Eagles-Team in seiner aktuellen Zusammensetzung hat bisher ein Playoff-Spiel absolviert, in der Wildcard-Runde des Vorjahres war man chancenlos gegen Brady und die Bucs. Dieses Jahr wird man als Conference-Favorit in die Postseason gehen - wie gehen Sirianni, Hurts und Co. mit dieser Situation um? Insbesondere falls man früh vielleicht sogar schlicht Pech hat und es nicht läuft wie erhofft?
Worst Case Matchup: Ein Team, das die Line of Scrimmage gegen die Eagles-Line gewinnen, oder zumindest für einen ausgeglichenen Kampf sorgen kann - und das nicht nur im Pass-Rush. Und das offensiv Philadelphias Run-Defense testen kann. Kurzum: Die San Francisco 49ers.
San Francisco 49ers
Größte Stärke: Der Pass-Rush und die Playmaker. Nick Bosa hat einen sehr starken Case dafür, die Auszeichnung zum Defensive Player of the Year abzuräumen. Arik Armstead ist seit einigen Wochen zurück und zuletzt gab auch Javon Kinlaw sein Comeback. Die Niners werden zur richtigen Zeit der Saison hier fitter und führen die vermutlich dominanteste Front in der NFC in die Playoffs. Und man kann zusätzlich argumentieren, dass höchstens die Eagles in der Conference ein noch besseres Waffenarsenal an den Start bringen. Der Floor ist dadurch extrem hoch.
Größte Schwäche: Die Wildcard auf der Quarterback-Position. Brock Purdy schlägt sich bisher weit mehr als nur beachtlich, und natürlich profitiert er dabei auch von den starken Waffen, dem Elite-Play-Caller und einer guten Offensive Line. Aber so märchenhaft seine Saison bisher auch ist: Die Sample Size ist minimal für einen Spieler, der nicht grundlos der letzte Pick des vergangenen Drafts war. Die Quarterback-Position sieht Stand jetzt nicht wie eine Schwäche aus - das kann sich aber sehr schnell ändern.
Worst Case Matchup: Ein Team, das Brock Purdy in einen Shootout zwingen kann, um so die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, dass Purdy irgendwann doch wie ein Siebtrunden-Rookie mit einer Handvoll Starts auf dem Konto spielt. Das Team, das hier mit Abstand am meisten Sinn ergibt, sind die Philadelphia Eagles, was auch unterstreicht, wie stark diese Niners selbst mit dem dritten Quarterback sind: Man kann einen fairen Case dafür machen, dass San Francisco das zweitbeste Team in der NFC ist.
Minnesota Vikings
Größte Stärke: Justin Jefferson. Wenn man ein Team wie Minnesota hat, das einen neuen Rekord für Siege in One-Score-Games in einer Saison aufgestellt hat, und das dabei eine Vielzahl an unwahrscheinlichen Comebacks hinlegen konnte, dann ist das einerseits etwas, das irgendwann ins Gegenteil umschlagen wird - andererseits ist aber auch die Frage danach interessant, wie diese Comebacks gelangen, und was ein übergreifender Faktor dabei sein könnte. Dabei kommt man unweigerlich immer wieder auf Justin Jefferson zurück, dessen Ausnahmequalitäten häufig der maßgebliche Grund dafür waren, dass Minnesota in diese Spiele zurückkam und plötzlich offensiv eine Dominanz ausstrahlte, die zuvor kaum möglich zu sein schien.
Größte Schwäche: Die Inkonstanz. Vor ein paar Wochen hätte ich hier noch klarer auf die Defense verwiesen, die sich zumindest ein wenig wieder gefangen hat. Aber es ist eher die Schattenseite der vielen One-Score-Game-Siege: Minnesotas Inkonstanz, auf beiden Seiten des Balls, aber vielleicht noch drastischer offensiv, ist eben häufig auch der Grund dafür, dass die Vikings überhaupt erst in diese Löcher fallen. Das kann in vielen Spielen noch gut gehen, und es ist in vielen Spielen für die Vikings gut gegangen. Aber in den Playoffs, wo der Spielraum für Fehler immer weiter schrumpft, dürfte das Minnesota zum Verhängnis werden.
Worst Case Matchup: Die Vikings waren in dieser Saison gegen die Eagles bereits relativ chancenlos und kamen gegen die Cowboys später in der Saison böse unter die Räder - genau wie diese Woche gegen die Packers. Ich würde sagen, dass der Worst Case für Minnesota ein Gegner ist, gegen den man nur sehr schwer in das Spiel zurückkommen kann, wenn man selbst mal in einem Loch ist, weil dann auch die Defense die Tür zumachen kann. Und hier liegt das Problem für die Vikings: Sowohl die Eagles und die Cowboys, als auch die 49ers fallen in diese Kategorie, und diese drei Teams sehe ich auch ein klares Tier über Minnesota in der NFC.
Tampa Bay Buccaneers
Größte Stärke: Die No-Huddle-Offense? Vermutlich keine ganz faire Antwort, aber je länger ich darüber nachdenke, desto mehr trifft das in meinen Augen zu. Der frisch gebackene NFC-South-Champion hat zwar ein namhaftes Receiver-Corps, das außerhalb von Evans aber nicht auf dem Level spielt, das man sich angesichts der Namen erhoffen würde. Auch auf Brady trifft das zu. Die Defensive Front konnte gegen die Panthers ein Lebenszeichen abgeben, vielleicht ist hier ein Hoffnungsschimmer. Aber am gefährlichsten sind die Bucs, wenn Brady das Spiel an der Line of Scrimmage gestalten und auch tief gehen kann.
Größte Schwäche: Das offensive Play-Calling. Die Offensive Line wäre hier auch eine faire Antwort, gleichzeitig würde ich auch sagen, dass besseres Play-Calling die Line auch merklich entlasten könnte. Das fehlt jedoch komplett, und es ist kein Zufall, dass die besten Auftritte der Bucs-Offense über die zweite Saisonhälfte fast durch die Bank weg dann kamen, wenn man aufholen und aufs Tempo drücken musste.
Worst Case Matchup: Die Eagles, und damit schließt sich der Kreis. Im Vorjahr noch wirkte Philadelphia im Wildcard-Duell bei den Bucs wie der unerfahrene Jungspund, der sich erst noch an das Konzert der Großen gewöhnen muss - und irgendwo stimmte das ja auch. Jetzt sind die Eagles das dominante Team, Philadelphia mit seiner tiefen Pass-Rush-Rotation sollte die O-Line der Bucs attackieren können, und ist offensiv absolut in der Lage, diese Bucs-Defense mit Big Plays zu erwischen. Und dann sind die Eagles zu stark, als dass Tampa Bay noch mit einem späten Comeback diese Defizite wieder ausgleichen könnte.
Dallas Cowboys
Größte Stärke: Der Pass-Rush. Es ist und bleibt eine Ausnahme-Unit, und falls die Cowboys wirklich einen Playoff-Run hinlegen, wird das denke ich auch sehr stark mit dominanten Auftritten von Micah Parsons, Demarcus Lawrence und Co. zusammenhängen. Diese Unit kann Dallas Spiele gewinnen.
Größte Schwäche: Die Receiver-Qualität. CeeDee Lamb ist ein toller Receiver, und er und Dak Prescott können Spiele an sich reißen. Aber Michael Gallup erlebt nach der Verletzung eine schwierige Saison, und wenn man dann auf einen T.Y. Hilton frisch von der Couch angewiesen ist, dann ist das nicht ideal - und es unterstreicht die Lücke, welche die Cowboys hier im direkten Vergleich zu den Eagles und 49ers haben.
Worst Case Matchup: Wir haben in den vergangenen Jahren gesehen, wie kritisch ein tiefes Waffenarsenal für einen Playoff-Run sein kann. Letztes Jahr war das Paradebeispiel, mit den Bengals, deren Offense ohnehin über die Playmaker aufgebaut war, und den Rams, die, so großartig Cooper Kupps Saison auch war, es in meinen Augen ohne Odell Beckham nicht in den Super Bowl schaffen. Eine Defense wie die der 49ers, die Dallas offensiv eindimensional machen kann - genau das haben wir letztes Jahr in der Wildcard-Runde gesehen - könnte die Cowboys vor die größten Probleme stellen.
New York Giants
Größte Stärke: Die Defensive Line. Dexter Lawrence spielt eine monströse Saison und gehört in die All-Pro-Konversation. Rookie Kayvon Thibodeaux hat sich merklich gesteigert und ist als Pass-Rusher mittlerweile eine feste Größe, sodass Leonard Williams, einst Anker und Dreh- und Angelpunkt dieser Unit, nur noch die dritte Geige spielen muss - und das ist ausdrücklich positiv zu verstehen. Falls dann noch Speed-Rusher Azeez Ojulari, der erst in Woche 13 nach achtwöchiger Pause zurückkehrte, in den Playoffs ein Faktor sein kann, ist das eine Defensive Line, die Spiele auch als Underdog kippen lassen kann.
Größte Schwäche: Die Playmaker. Es ist ein konstantes Thema in dieser Giants-Saison, und zusätzliche Verletzungen im Laufe des Jahres - etwa von Rookie Wan'Dale Robinson - haben die Problematik noch eklatanter gemacht. Die Giants müssen mit dem Run Game, nicht zuletzt auch über Daniel Jones, in Kombination mit der Defense Spiele eng halten. In möglichen Shootouts werden sie vermutlich keine Chance haben.
Worst Case Matchup: Ich würde hier mit den Cowboys und den Eagles gehen, zwei Teams, die offensiv die auch in ihren Coverage-Strukturen aggressive Giants-Defense vor erhebliche Matchup-Probleme stellen, und dann die Offensive Line der G-Men dominieren können. Dass die Giants überhaupt an diesem Punkt stehen, ist beachtlich und verdient jede Menge Lob, insbesondere in Richtung des Trainerstabs. Aber es steht auch außer Frage, dass die Giants in den NFC-Playoffs sehr früh über ihrer Gewichtsklasse boxen müssen.