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Top 5: Die wichtigsten Erkenntnisse aus Woche 9 in der NFL

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2. Midseason-Awards: Wer steht zur Saisonmitte ganz oben?

Offensive Rookie of the Year: Chris Olave, WR, New Orleans Saints

Breece Hall hätte sich vielleicht in die Pole Position spielen können, doch nachdem seine Rookie-Saison gerade Fahrt aufgenommen hatte, verletzt sich der Jets-Back und wird den Rest der Saison verpassen.

Seattles Kenneth Walker begann die Saison als Backup (23 Runs insgesamt über die ersten fünf Wochen der Saison), zeigte seither aber bereits, wozu er in der Lage ist. Walker wäre mein heißester Kandidat darauf, dass er in der zweiten Saisonhälfte dominant, konstant und auffällig genug ist, um sich an die Spitze zu setzen. Houstons Dameon Pierce verdient mehr Aufmerksamkeit - aber ich vermute nicht, dass er die bekommt, angesichts dessen, wo die Texans sportlich stehen.

Running Backs und Quarterbacks stehen für den "Offensive Rookie of the Year"-Award in der Regel ganz oben, aber einen Quarterback, der dafür in Frage kommen würde, sehe ich noch deutlich weniger als letztes Jahr, als sich Mac Jones im Laufe der Saison zumindest in den Vordergrund spielen könnte.

Receiver haben es hier meist schwerer - aber hier ist die Auswahl in meinen Augen dieses Jahr am interessantesten! Garrett Wilson hat seine Qualitäten nach dem Catch bereits spektakulär unter Beweis gestellt, mir gefallen die Rollen, die Spieler wie Drake London, Alec Pierce, George Pickens und Romeo Doubs bereits ausfüllen können.

Aber es gibt nur einen aus dieser Gruppe, der nicht nur direkt durchstarten konnte, sondern der innerhalb kürzester Zeit zur klaren Nummer 1 seines Teams geworden ist, und das ist Chris Olave. Verletzungen von Michael Thomas und Jarvis Landry spielen hier eine Rolle, doch selbst in der Frühphase der Saison wirkte Olave wie der gefährlichste Receiver der Saints.

Olave kann im Slot und Outside spielen, er ist eine Big-Play-Waffe, kein anderer Rookie-Receiver ist dieses Jahr so konstant vertikal gefährlich und ist gleichzeitig konstant offen, arbeitet bei Scramble Drills zuverlässig zum Quarterback zurück und ist so stark gegen Man Coverage. Olave ist bis dato der beste offensive Rookie dieser Klasse.

Defensive Rookie of the Year: Sauce Gardner, CB, New York Jets

Linebacker und Pass-Rusher gewinnen diesen Award meist; in diesem Jahrtausend haben mit Marcus Peters (2015) und Marshon Lattimore (2017) nur zwei Cornerbacks - und Defensive Backs insgesamt - die Auszeichnung gewonnen.

Und irgendwo ist es auch logisch, denn fernab von allen Debatten darüber, ob Pass-Rush oder Coverage wertvoller sind, welche Position mehr Impact hat und wer den Award eher "verdient" hat, sind Linebacker durch Tacklings und Pass-Rusher durch Sacks schlichtweg wesentlich auffälliger, und stehen damit viel leichter eher im Fokus.

Insofern ist es für Cornerbacks hier ähnlich wie für Receiver auf der offensiven Seite, verglichen mit Quarterbacks und Running Backs: Man muss sich in den Vordergrund spielen, aber man muss auch ein Jahr erwischen, in dem sich auf den anderen Positionen niemand aufdrängt.

Dafür würde ich dieses Jahr argumentieren. Hutchinson spielt in Ordnung, Thibodeaux ebenfalls - dominant ist keiner der beiden. Sauce Gardner ist dominant.

Es ist schwer, Gardner zuzuschauen und nicht an Richard Sherman zu denken. Mit seiner Größe, mit seiner Physis, wie er den Kontakt in der Route, stets am Limit des Erlaubten; und ich würde argumentieren, dass sich Gardner besser, fließender bewegt als Sherman, er ist trotz seiner Größe überraschend agil und dreht sehr kontrolliert die Hüften.

Die diesjährige Rookie-Klasse könnte mehrere richtig gute Cornerbacks hervorbringen. Seattles Tariq Woolen etwa ist bereits eine Turnover-Maschine und könnte sich in den Vordergrund spielen, insbesondere dann, falls die Seahawks Richtung Playoffs marschieren und die Jets-Saison unspektakulär austrudeln sollte.

Wenn ich aber einen aus der Gruppe als Nummer-1-Corner prognostizieren müsste, dann wäre es Gardner. Diesen Eindruck hat er gegen Buffalo eindrucksvoll bestätigt.

Offensive Player of the Year: Tyreek Hill, WR, Miami Dolphins

Patrick Mahomes oder Josh Allen wäre hier ebenfalls eine sehr gute Wahl, A.J. Brown gehört für mich ebenfalls in diese Konversation, Brown hatte ebenfalls einen riesigen Impact auf die Offense der Eagles, nachdem er in der Offseason via Trade verpflichtet worden war und ist ein guter Vergleich zu Hill.

Hills Gravitation sehe ich als noch gravierender. Er ist der Spieler, der die Dolphins-Offense öffnet, und das auch in seiner Chiefs-Paraderolle - als Deep Threat, der gerne aus dem Slot vertikal attackiert - aber gleichzeitig auch innerhalb des Schemes von Mike McDaniel.

Und das öffnet so viel für Miami, es kreiert weit offene Wurffenster für Tua Tagovailoa, es kreiert Big Plays auch nach dem Catch als Receiver über die Mitte des Feldes. Hill führt zur Saison-Mitte die Liga in Receiving-Yards an, er ist dabei das Target-Monster geblieben, das er in Kansas City war - aber so viel effizienter Down für Down.

Hill steht bei 3,68 Yards pro gelaufener Route, das ist mehr als ein volles Yard (!) mehr als er in seiner in dieser Hinsicht besten Saison in Kansas City hatte. (2018/2,44 Yards pro gelaufener Route).

Er ist nicht nur ein Spieler, der den Unterschied macht, indem er Räume für andere kreiert, sondern er ist auch für sich betrachtet der beste Receiver dieser Saison. Oder anders gesagt: Hill ist dieses Jahr dominant, egal, ob er bei einem Play gerade den Ball fängt oder nicht.

Defensive Player of the Year: Micah Parsons, Edge, Dallas Cowboys

In puncto Pass-Rush-Qualität bewegen sich Micah Parsons und Myles Garrett in einer gänzlich eigenen Kategorie, und das obwohl sich Offenses offensichtlich auf sie fokussieren. Beide rangieren auch in der Top-5 unter Edge-Rushern was Quarterback-Pressures angeht, und während Parsons zwar im Vergleich mit Garrett die stärkeren Mitspieler neben sich an der Line hat, würde ich auch dafür argumentieren, dass er in Dallas eine variablere Rolle ausfüllt als Garrett in Cleveland.

Parsons ist mittlerweile deutlich mehr Edge-Rusher als Off-Ball-Linebacker; 347 Snaps hat er bislang in dieser Saison auf den Edge-Positionen verbracht, 105 auf Linebacker. Dennoch kann er je nach Matchup auch woanders aushelfen, er kann in Coverage bestehen, er kann bei 2nd Down eine grundsätzlich andere Aufgabe übernehmen als bei Third Down, und so weiter.

Und die Cowboys machen sich Parsons Athletik und Agilität auch in ihrer schematischen Grundstruktur zunutze, selbst wenn wir ausschließlich über den Pass-Rush sprechen. Keine Defense baut so viel auf Stunts wie die Cowboys, Parson kann hier nach dem Snap überall attackieren und seine Explosivität auf verschiedenen Wegen einbringen.

Der Spin Move gegen Donovan Smith in Woche 1, um Tom Brady zu Boden zu bringen, der Strip-Sack gegen die Rams und Matt Stafford, als er als einziger Rusher auf seiner Seite im Von-Miller-Stil super eng um den Tackle und am Running Back vorbei durchbrach; der Strip-Sack gegen die Lions war fast ein Spiegelbild davon: Parsons gewinnt auf verschiedensten Wegen, er ist für mich der dominanteste Verteidiger in der NFL aktuell.

Coach of the Year: Brian Daboll, New York Giants

Wenn ich hier eine Prognose abgeben müsste, wer es tatsächlich wird, müsste die Wahl vermutlich auf Nick Sirianni fallen. Gut möglich, dass die Eagles 15-2 oder 16-1 oder dergleichen gehen, den Nummer-1-Seed in der NFC vorzeitig eintüten und zum Ende der Regular Season bereit scheinen für einen tiefen Playoff-Run. Diese Dinge, vor allem wenn es ein Team betrifft, das die Buchmacher vor der Saison längst nicht so weit oben gesehen haben, sind meist sehr verlässliche Argumente für diese Auszeichnung.

Und ich will hier nicht sagen, dass Sirianni kein würdiger Gewinner wäre. Doch genau wie ich den Head-Coach-Hype um seinen Offensive Coordinator Shane Steichen mit ähnlichen Argumenten noch bremsen würde, finde ich auch hier das Argument durchaus angebracht, dass die Eagles den vermutlich komplettesten Kader in der NFL haben.

Auch diese PS muss man erst einmal auf die Straße bringen, aber nach allem, was wir sportlich mittlerweile über dieses Team wissen, sollten die Erwartungen auch hoch sein.

Bei den Giants ist die Situation komplett anders. Das ist ein Team im Umbruch, das zusätzlich zu den Abgängen der Offseason mit Verletzungen zu kämpfen hat, und das mehr als das Maximum aus dem vorhandenen Talent herausholt.

Und dabei ist ganz klar, dass die Giants nicht wenige Spiele in diesem Jahr gewonnen haben, die sie auch sehr gut hätten verlieren können; deren Ausgang ein gewisses Maß an Zufallselement in der entscheidenden Phase mit sich brachte.

Doch die Qualität, die Daboll gezeigt hat, sind nicht einfach die gewonnenen Spiele, wenngleich diese unabdingbar sind, um eine Chance auf diesen Award zu haben. Seine Qualität liegt darin, sich an sein offensives Personal anzupassen und auch trotz schwieriger Umstände in der Lage zu sein, offensive Production zu kreieren. Und es ist offensichtlich, dass er bereits dabei ist, eine über die letzten Jahre heruntergewirtschaftete Kultur in New York wiederzubeleben.

MVP: Patrick Mahomes, QB, Kansas City Chiefs

Das ist ein 2-Mann-Rennen, und ich erwarte nicht, dass sich das in der zweiten Saisonhälfte ändert: Patrick Mahomes und Josh Allen machen diesen Titel unter sich aus, und das hier ist eine 51:49-Entscheidung an diesem Punkt.

Das Argument für Mahomes fängt für mich vor allem damit an, dass er - im Gegensatz zu Allen - keine dominanten Wide Receiver hat, auch wenn Travis Kelce dieses Argument ein Stück weit entkräftet, und damit weitergehen, dass er nicht den Luxus hat, eine Top-5-Defense in seinem Rücken zu wissen, was Allen unweigerlich mehr Spielraum für Fehler gibt.

Umgekehrt würde ich auch argumentieren, dass Mahomes noch immer mehr "einfach" Production vom Scheme bekommt. Mahomes wirft etwa mehr Screens als Allen, die konstant effizient Raumgewinne erzielen. Insgesamt betrachtet bekommt er auch mehr als ein Yard nach dem Catch pro Completion mehr als Allen. Auch hat Mahomes die bessere Offensive Line vor sich.

Strukturell, und das war immer auf den Punkt gebracht die Beschreibung dieser Offense, ist Kansas City nach wie vor eine Quarterback-freundliche Offense, mit einem Elite-Quarterback am Steuerrad. Die Bills haben sich in dieser Hinsicht ohne Frage weiterentwickelt, insbesondere die Umstellungen in puncto Personnel-Groupings und Formationen seit der vergangenen Saison, in der die Bills es bereits viel mit 2-High-Coverages zu tun hatten, haben die Offense schwerer ausrechenbar gemacht.

Allen ist als Runner eine große Bedrohung, hier kann er noch mehr und regelmäßiger kreieren als Mahomes. Er legt auch mehr Big Plays im Passspiel auf und attackiert mehr und deutlich produktiver Downfield als Mahomes.

Es sind Nuancen, wenn man die beiden besten Quarterbacks in den beiden besten Offenses der Liga und den beiden gefährlichsten Teams der NFL gegeneinander aufwiegt. Zur Saison-Mitte würde ich argumentieren, dass Allens individueller Impact auf die Offense noch gewichtiger ist als der von Mahomes in Kansas City, aber auch dafür, dass er zuletzt zu wild und zu fehlerbehaftet gespielt hat. Das hat hier den Ausschlag gegeben.