NFL in München: Sind die Buccaneers noch ein Titelkandidat?
Die Saison 2022 ist vor allem eines - unberechenbar. Kein Team schafft es derzeit, sich so richtig abzusetzen von der Konkurrenz - selbst die ungeschlagenen Philadelphia Eagles haben nur zwei Spiele Vorsprung auf die Dallas Cowboys in der NFC East, die mittlerweile Quarterback Dak Prescott zurück haben.
Die Buccaneers stehen zwar bei 4-5 und haben ihren Saisonstart damit offiziell verkorkst, doch haben sie das Glück, in einer der schwächsten Divisions der NFL zu spielen. Denn 4-5 reicht, um nach Woche 9 die NFC South anzuführen.
Was man bei den Bucs in diesem Jahr gebetsmühlenartig zu hören bekommt, ist, dass sie über so viel Talent verfügen, dass sie das Ruder schon wieder rumreißen werden. Sie sind gewissermaßen "Too Big to Fail", wenn man so will. Wenn dies noch eines Beweises bedurfte, wurde dieser am vergangenen Sonntag beim Comeback 40 Sekunden vor Ende gegen die Rams geliefert.
Auch in dem Spiel lief lange Zeit wenig zusammen, ehe Tom Brady mit seinem 55. Regular Season Game Winning Drive - die meisten in der Geschichte der NFL - in knapp 30 Sekunden sein Team doch noch zum Sieg führte.
Das allerdings unterstrich eher, dass der 45-Jährige immer noch auf ganz hohem Niveau unterwegs ist. Dass, wenn er das Spiel übernehmen muss, immer noch gute Dinge dabei herauskommen. Jedoch muss man weiter hinterfragen, was die Bucs insgesamt aus ihrem sehr wohl vorhandenen Talent machen.
Verletzungen in allen Mannschaftsteilen warfen sie zurück, doch das dürfte nicht der Hauptgrund dafür gewesen sein, dass ihre Saison so enttäuschend verlaufen ist. Vielmehr - und das ist keine neue Erkenntnis - stehen sich die Bucs schlicht selbst im Wege.
Tampa Bay Buccaneers: Das Run Game liegt brach
Trivial gesagt funktioniert ihr so geliebtes Run Game überhaupt nicht, was Offensive Coordinator Byron Leftwich jedoch nicht davon abhält, dennoch permanent Run Plays in frühen Downs (1., 2.) zu callen. Das geht dann meist nach hinten los, wodurch sich das Team dann immer wieder in 3rd&Longs verstrickt, die per se schon eine geringe Erfolgsaussicht haben. Und die Bucs sind in diesem Jahr besonders schlecht in der Verwertung dieser.
Erschwerend kommt hinzu, dass man auch bei weiteren Play-Designs nicht allzu kreativ vorgeht und es damit dem Gegner über die Gebühr leicht macht. Das größte Ärgernis ist dabei wohl die Haltung von Leftwich, Play Action "nicht verschwenden zu wollen", da diese Plays seiner Meinung nach nur funktionieren, wenn auch das Run Game funktioniert.
Dass dem nicht so ist, ist seit längerer Zeit bekannt. Studien belegen, dass Play Action unabhängig von der Qualität des Run Games effektiv ist. Und die Bucs sind sogar eines der Teams, das mit PA am erfolgreichsten ist.
Ein Großteil der Probleme ist also hausgemacht, die Frage für den weiteren Saisonverlauf ist nun jedoch, ob sich das noch fixen lässt.
Sind die Bucs also noch ein Titelanwärter? Nun, sie sind ein Team mit viel Talent, mit viel Qualität und einem immer noch furchteinflößenden Quarterback. Doch sind sie derzeit, auch weil die eigene Defense vor allem ihre gefühlte Immunität gegenüber dem Run Game verloren zu haben scheint, ziemlich anfällig.
Die Bucs können immer noch mithalten - hoch verlieren sie selten. Doch sie müssen in naher Zukunft die eigenen Defizite bekämpfen, um wieder in den Kreis der großen Titelanwärter aufzusteigen. Derzeit gehören sie nämlich nicht dazu.
NFL: Tabelle der NFC South
Platzierung | Team | Siege | Niederlagen | Siegquote |
1. | Tampa Bay Buccaneers | 4 | 5 | .444 |
2. | Atlanta Falcons | 4 | 6 | .400 |
3. | New Orleans Saints | 3 | 6 | .333 |
4. | Carolina Panthers | 3 | 7 | .300 |