Top 10 - die Takeaways zu Week 8 in der NFL
1. Die Favoriten stolpern Part I: Green Bay Packers
An einem Spieltag, an dem zahlreiche Favoriten patzten und nochmal mehr wackelten, war die Packers-Pleite vielleicht am überraschendsten - zumindest, wenn man die Umstände bedenkt. Rodgers hatte in Woche 1 diese Vikings-Secondary komplett zerlegt, im Vergleich zu diesem Spiel fehlten Minnesota jetzt mehrere defensive Starter. Allen voran der jüngst getradete Yannick Ngakoue sowie in der Secondary Holton Hill. Rookie-Corner Cam Dantzler musste früh in der Partie zudem verletzt raus.
Und genau das, was man in der Folge befürchten musste, passierte auch: Minnesota versuchte verschiedenste Kombinationen, um eine Antwort auf Davante Adams zu finden - und doch war Adams in kritischen Momenten immer wieder offen. Der erste Touchdown war ein Eins-gegen-Eins-Matchup, der zweite Touchdown ein Pick Play, bei dem die Defense abermals Adams nicht ansatzweise genug Aufmerksamkeit schenkte.
Überraschend dagegen war, wie gut Minnesota das Passspiel dann gerade in der zweiten Hälfte verteidigte. Doch der Schlüssel zu diesem Spiel, und der Punkt, über den hier am meisten gesprochen werden muss: Die Vikings gewannen das Spiel auf ihre bevorzugte Art und Weise - weil Green Bays Run-Defense ein ernsthaftes Problem ist.
Und natürlich ist es eine Passing-League, doch sobald etwas eine kritische Schwachstelle ist, kann es auch eine Saison in den Playoffs verändern. Die Packers waren als Nummer-22-Run-Defense nach DVOA in den Spieltag gegangen, 173 Rushing-Yards für die Vikings bei 5,1 Yards pro Run werden diese Platzierung eher nach unten wandern lassen.
Der 50-Yard-Catch-and-Run von Dalvin Cook zählt zwar nicht gegen die Run-Defense, unterstreicht aber eindrucksvoll die Problematik: Die Packers tackeln furchtbar, sie lesen Gaps falsch, sie nehmen schlechte Winkel. Doch auch die Defensive Line lässt sich immer wieder aus dem Play blocken, und die Linebacker sind schlicht und ergreifend nicht gut. Und das sieht man.
Hier ist es jetzt müßig, darüber zu spekulieren, wie dieses Team vielleicht mit Patrick Queen statt Jordan Love aussehen könnte - die Realität ist, was sie ist und einen defensiven Game-Changer via Trade zu bekommen wäre teuer; die Problematik wäre damit zudem nicht einfach vom Tisch. Die Packers müssen ernsthaft über Defensive Coordinator Mike Pettine nachdenken. Doch will Matt LaFleur auf der "anderen" Seite des Balls inmitten der Saison eine neue personelle Baustelle öffnen?
Klar ist: Mit dem Duell gegen Kyle Shanahan und die 49ers vor der Brust, erwartet die Run-Defense der Packers gleich die nächste echte Prüfung. Und die Offense auf der anderen Seite bekommt aktuell keinerlei Production von den Wide Receivern außerhalb von Davante Adams; wenn die Packers den Ball nicht laufen können, oder auch in offensichtliche Passing-Situationen kommen, wird alles merklich schwieriger. Und die Summe dieser Erkenntnisse aus der ersten Saisonhälfte könnte für diese Packers-Saison am Ende ein Killer sein.
2. Die Favoriten stolpern Part II: Tennessee Titans
Die Titans-Pleite gegen Cincinnati mit Blick rein auf die Bilanz war ebenfalls eine ziemliche Überraschung; doch hier war es auch leicht, sich verleiten zu lassen: Die Bengals waren besser als ihr bis dato einzelner Sieg vermuten ließ. Die Titans auf der anderen Seite hatten definitiv nicht so dominant gespielt, wie die Bilanz mit bis dato nur einer Niederlage nahelegte.
Die Pleite gegen Cincinnati unterstrich überdeutlich die Hauptgründe für diese These.
Die Titans haben eine schlechte Defense, an dieser Realität führt kein Weg mehr vorbei. Nicht, nachdem man gegen eine ohnehin horrend schwache Bengals-Line, die verletzungsbedingt diese Woche fast alle (!) Starter ersetzen musste, viel zu wenig Druck auf Joe Burrow ausüben konnte. Clowney, Simmons, Landry - hier ist eigentlich die Qualität dieser Defense. Gegen die Bengals hatte keiner der drei ein Play im Backfield, auch nicht gegen den Run. Burrow musste zum ersten Mal in dieser Saison keinen Hit oder Sack einstecken.
Tennessee wird defensiv auch im weiteren Saisonverlauf immer wieder wackeln, und hier muss definitiv auch der Trainerstab - beginnend mit Mike Vrabel - kritisiert werden. Zudem aber unterstreicht es die Problematik auf der anderen Seite des Balls: Ryan Tannehill hatte jetzt einige Spiele, in denen er als Dropback-Passer besser aussah - auf eine gesamte Saison darauf zu vertrauen ist noch immer riskant, und die Coaches wirken teilweise, als würden sie unter dieser Prämisse ebenfalls arbeiten.
Viel Play Action, viele Screens, die Dropback-Pässe werden gerne auf ein Minimum gehalten. Doch wenn die Defense eben derart anfällig ist, wird die Offense noch mehr Spiele diktieren können müssen. Dann schraubt sich der Problem-Kreislauf von selbst hoch, und deshalb zählen die Titans für mich auch nicht zur erweiterten Spitzengruppe in der NFL.
Und die Bengals? Wenige Fehler, ein solides Run Game auch ohne Joe Mixon, gute individuelle Auftritte der Receiver - und ein weiteres eindrucksvolles Spiel von Joe Burrow. Burrow wird vielleicht niemals die Highlight-Play-Quote seines Rookie-Kollegen Justin Herbert erreichen. Aber er spielt schon jetzt so sicher und so weit.
Die Armqualität wird bei ihm immer ein Thema bleiben, aber das, was er als Quarterback zeigt, muss Bengals-Fans immense Hoffnung für die Zukunft geben. Jetzt sollte Cincinnati ihm eine Offensive Line spendieren.
3. Ravens nach Steelers-Pleite: Baltimore noch Titelanwärter?
Am Ende dürften die Ravens auch ein wenig ratlos auf diese Partie zurückblicken. Zum ersten Mal seit mindestens 1950 verlor mit Baltimore am Sonntag ein Team, dass mindestens 200 Rushing-Yards sowie mehr Passing-Yards als der Gegner hatte. Die Ravens liefen für 265 Yards und liefen den Ball 47 Mal bei nur 28 Pässen.
Keine Frage, einiges davon war dem Spielverlauf geschuldet, immerhin führten die Ravens bis tief ins dritte Viertel. Und das Run Game funktionierte eben auch, die Ravens bewegten den Ball lange besser als Pittsburgh. Und doch führt es im nächsten Gedankenschritt zu einem Kernproblem mit diesem Ravens-Team, das schon die ganze Saison über ein Thema ist - und das am Sonntag nochmal deutlich vergrößert wurde: Die Ravens sind keine gute Dropback-Passing-Offense.
Letztes Jahr funktionierte alles deutlich leichter. Die Ravens hatten eine historisch gute Rushing-Offense, vielleicht das beste Run Game über eine Saison aller Zeiten. Und darauf baute dementsprechend alles auf. Die Play-Action-Designs, aber eben auch das Dropback Passspiel. Defenses mussten mehr Ressourcen gegen den Run investieren und Lamar Jackson bestrafte sie regelmäßig tief, wenn er dann Eins-gegen-Eins-Duelle bekam.
Dass im Run Game eine gewisse Regression eintreten würde, war zu erwarten. Dass beim regulären Passspiel parallel keine Fortschritte, sondern eher Rückschritte zu beobachten sind, ist allerdings alarmierend. Und es setzte sich auch gegen die Steelers fort.
Lamar Jackson: Die Fragezeichen bleiben
Der Pick Six gleich zu Beginn war ein furchtbarer Wurf bei Third Down in die Underneath-Coverage, der Linebacker hatte Jackson die ganze Zeit gelesen und den Pass darf der amtierende MVP schlicht nicht werfen. Pittsburgh setzte ihn regelmäßig unter Druck, Jackson wirkte überhastet, warf wieder mehr Sidearm-Pässe als nötig, wirkte teilweise nachlässig in der Pocket und beim zweiten Pick brachte er einfach nicht genug Touch in den Wurf, sodass der Underneath-Verteidiger den Pass abfangen konnte.
Kurzum: Jackson ist als Passer dieses Jahr merklich wacklig, und das war in fast jedem Spiel zu beobachten - teilweise, wenn die Ravens aufholen mussten, teilweise, wenn sie im Passspiel Dinge ausprobierten. Ein immer wiederkehrendes Thema: Jackson ist schwach gegen Pressure und hat viel größere Probleme gegen den Blitz als letztes Jahr, wo genau das Gegenteil zu beobachten war. Die Offensive Line ist nicht mehr so dominant wie im Vorjahr - und hat am Sonntag Left Tackle Ronnie Stanley für den Rest der Saison verloren.
Baltimore, mit seiner Defense, mit dem Run Game und mit einzelnen Big Plays im Passspiel ist noch immer ein gefährliches Team. Aber wenn Jackson als Dropback-Passer nicht noch einen großen Schritt nach vorne macht, muss man die Ravens mehr und mehr aus dem Kreis der engsten Titelanwärter raus nehmen.