Im Duell zweier Teams, die offensiv primär auf den Lauf setzen wollen, lautete eine zentrale Frage: Wer kann mehr Big Plays kreieren und wer kann die beste Mischung im Play-Calling finden? Die Antwort war schnell gefunden - es waren die Packers.
Green Bay trat offensiv deutlich variabler auf als in zahlreichen Spielen dieser Saison, attackierte effizient mit Play Action und Run Pass Options und konnte so lange Drives hinlegen.
Gleich beim ersten Drive fand Rodgers (16/27, 243 YDS, 2 TD; 2 ATT, 16 YDS) nach einer guten Route-Kombination Davante Adams bei Third Down zum Touchdown und die beiden letzten Drives der Hälfte waren jeweils lange Drives mit vielen Plays, die bis in die Endzone führten. Beide Male war es ein kurzer Run von Aaron Jones bei Third Down.
Die Packers konnten schrittweise ihre Führung ausbauen. Und Seattle? Die Seahawks fielen in die Probleme, die zu befürchten waren: Viele Runs bei Early Downs, schlechte Protection im normalen Dropback Passing Game: Seattle hatte fünf Drives, bei denen ein Field-Goal-Fehlschuss und ein erfolgreiches Field Goal raussprangen. Nur einer der fünf Drives brachte mehr als 35 Yards Raumgewinn ein.
Seahawks-Aufholjagd reicht nicht
Das änderte sich nach der Halbzeitpause. Seattle legte das Spiel jetzt mehr in Wilsons Hände, und wurde prompt belohnt. Mehrere Big Plays via Play Action, Wilson (21/31, 277 YDS, TD; 6 ATT, 64 YDS) hatte selbst auch kritische Plays als Scrambler. Auf Seattles ersten Touchdown-Drive konnte Green Bay selbst mit einem langen Adams-Touchdown antworten, doch Seattles Offense war jetzt im Spiel.
Wilson lieferte weiter Big Plays innerhalb und außerhalb der Pocket, auch wenn er den Ball dabei mehrfach eine gefühlte Ewigkeit hielt - und er führte Seattle prompt zu zwei weiteren Touchdowns, während Green Bays Offense gegen die anfangs so anfällige Seahawks-Defense jetzt nicht mehr Schritt halten konnte. So schrumpfte der Vorsprung mehr und mehr, und Green Bays nächster Drive endete mit einem Sack von Shaquem Griffin bei Third Down.
So erhielt Wilson den Ball mit knapp fünf Minuten auf der Uhr zurück - jetzt aber war Green Bays Pass-Rush zur Stelle, wenngleich die Packers auch von einem absolut kritischen Drop durch Turner profitierten, und Seattle puntete zweieinhalb Minuten vor dem Ende bei 4th&11. Touchback, und diese Entscheidung glich ein wenig einer kleinen weißen Flagge.
Wilson sollte nach diesem Carroll-Fehler den Ball nie mehr bekommen. Bei Third Down legte Rodgers Adams einen perfekten Pass in die vertikale Slot-Route, so lief die Uhr weiter - und beim nächsten und alles entscheidenden Third Down brachte Seattle den Blitz, doch Rodgers fand Graham mit einem Pass in ein Mini-Fenster über die Mitte. First Down, auch wenn es haarscharf und ein günstiger Spot für die Packers war, und Game Over!
No. 2 Green Bay Packers - No. 5 Seattle Seahawks
Ergebnis: 28:23 (7:3, 14:0, 7:14, 0:6) BOXSCORE
Packers vs. Seahawks - die wichtigsten Statistiken
- Die Packers waren spektakulär gut bei Third Down: Green Bay machte aus 14 Third Downs neun neue First Downs. Seattle (3/9) konnte hier nicht mithalten.
- Das war ein kritischer Faktor im Spiel, nicht nur beim letzten Drive. Denn als Seattles Offense den Motor schließlich anwarf, drohte die Partie zu kippen: In der Summe verzeichneten die Seahawks mehr First Downs (23:22), mehr Total Yards (375:344) sowie mehr Yards pro Play (6,2 vs. 5,8).
- Allerdings hatte Seattle sich einmal mehr in ein zu tiefes Loch befördert, und das lag maßgeblich daran, dass man zu lange am Run Game festhielt. Wilson wurde hier der größte Faktor, doch wie schon gegen die Eagles war Marshawn Lynch (12 ATT, 26 YDS, 2 TD) abgesehen von einigen Short-Yardage-Situationen in der Red Zone schlicht massiv ineffizient.
- D.K. Metcalf (4 REC, 59 YDS) hatte einige wichtige Plays, doch der klare Fokus der Seahawks-Offense war Tyler Lockett. Der sah doppelt so viele Targets wie Metcalf (10:5) und fing neun Bälle für 136 Yards und einen Touchdown.
- Auffällig: Die Big Plays bei den Packers, die fast alle via Play Action kamen. Rodgers brachte alle seine sechs Pässe über mindestens zehn Yards an - und holte dabei 145 Yards und zwei Touchdowns raus.
Der Star des Spiels: Davante Adams (WR, Packers)
Dominanter, dominanter Auftritt von Green Bays Nummer-1-Waffe. Es war klar, dass die Packers ein gutes Spiel von Adams brauchen würden, um Wilson auf Distanz zu halten - und Adams lieferte. Ob aus dem Slot oder Outside, die Seahawks fanden kaum einmal eine Antwort und nahezu jeder individuelle Coverage-Spieler war Adams deutlich unterlegen. Am Ende fing er acht Bälle für 160 Yards und zwei Touchdowns. Ebenfalls erwähnenswert: Rodgers selbst hatte eine seiner besten Leistungen in dieser Saison zum perfekten Zeitpunkt.
Der Flop des Spiels: Pete Carroll (HC, Seahawks)
Auch wenn man sich hier gebetsmühlenartig wiederholt: Die In-Game-Entscheidungen von Pete Carroll sind und bleiben ein riesiges Problem. Der schon zu erwartende Run-lastige Ansatz beförderte Seattle völlig unnötig in ein tiefes Loch zur Halbzeitpause. Von Green Bays 26-Yard-Line in der ersten Hälfte ein Field Goal zu schießen ist zumindest diskussionswürdig - unentschuldbar dagegen war der Punt bei Seattles letztem Drive mit der Hoffnung, das die eigene wacklige Defense den Ball rechtzeitig zurückerobern würde. Hier setzte sich ein Trend fort: Carroll coachte dieses Jahr in Spielen zu häufig, als hätte er noch die Elite-Defense von vor einigen Jahren.
Analyse: Packers vs. Seahawks - die Taktiktafel
- Green Bays offensiver Game Plan war in sich sehr stimmig. Die Packers agierten mit vielen Crossern gegen die Man Coverage und attackierten die Mitte des Feldes gegen die Split-Safety-Looks, die Seattle durchaus häufiger präsentierte. Das gab Rodgers schnelle Pass-Optionen und den Receivern insbesondere gegen Zone Coverage gute Matchups.
- Dazu kombinierte Green Bay die Outside Zone Runs exzellent mit einer Vielzahl an Play-Action-Designs - häufig über kurze Crosser in Kombination mit Rodgers' Rollout -, Misdirection sowie Run Pass Options. Dabei war Adams, der viel in der Formation herumbewegt wurde um vorteilhafte Matchups zu kreieren - was viel zu häufig gelang -, häufig das primäre Ziel. Zu selten schob Seattle dann auch mal eine Double Coverage auf Adams.
- Seattle dagegen ließ offensiv die schlimmsten Seahawks-Fan-Befürchtungen wahr werden. Das Play-Calling war selbst für Seahawks-Verhältnisse zumindest in der ersten Hälfte extrem konservativ, Seattle wollte ganz offensichtlich krampfhaft über das Run Game ins Spiel kommen.
- Erst mit dem deutlichen Rückstand zur Halbzeitpause änderte sich das: Wilson bekam mehr Möglichkeiten und richtete auch als Scrambler Schaden an, und via Play Action hielt auch die Pass-Protection deutlich besser und die Pocket was meist sauber. Es war einmal mehr ein Spiel, nach dem man sich fragen muss: Was wäre für diese Offense möglich, wenn man von der generellen Herangehensweise immer so spielen würde, als läge man deutlich hinten?