Im Gespräch mit SPOX am Rande der NFL-Deutschland-Events gewährte St. Brown Einblicke in die Arbeit mit Star-Quarterback Aaron Rodgers, sprach über die neue Offense, Titelchancen in Green Bay und über Winterspiele in Lambeau Field.
Herr St. Brown, Ihre erste NFL-Saison liegt hinter Ihnen - was haben Sie mitgenommen? Was war womöglich anders als auf dem College?
Equanimeous St. Brown: Ich würde sagen, dass das Spiel viel schneller ist. Wenn ich von meiner Position ausgehe: Die Wide Receiver und die Defensive Backs sind nicht viel größer oder stärker, aber sie sind schneller und schlauer. Die Saison ist zwar deutlich länger als im College, aber ich hatte nicht das Problem mit dieser "Rookie Wall".
Und Green Bay? Wie ist es, im Winter im Lambeau Field zu spielen?
St. Brown: Das Wetter war nicht schlimm, wir hatten zwei oder drei kalte Spiele, aber die waren nicht so schlimm. Ich mag es nicht besonders, in der Kälte zu spielen, aber es ist nicht schlimm.
Die Stadt ist ja eher ruhiger und kleiner, wenn man es mal mit anderen NFL-Städten vergleicht. Wie lebt es sich in Green Bay?
St. Brown: Das ist schon okay. Es ist sehr wenig los, ja. Aber das für mich kein Problem. Ich beschäftige mich mit Xbox spielen und solchen Dingen. Das ist schon okay in Green Bay.
EQ St. Browns Statistiken 2018:
Targets | Receptions | Yards | Yards/Catch | Touchdowns |
36 | 21 | 328 | 15,6 | 0 |
Ihre erste Saison in Green Bay war gleich sehr ereignisreich, natürlich vor allem mit der Entlassung von Mike McCarthy. Wie haben Sie die Wochen davor erlebt? Hat das Team gemerkt, dass hier etwas passieren könnte?
St. Brown: Wir haben es gemerkt, ja - aber wir dachten, dass es nach der Saison passieren würde, nicht während der Saison. Insofern war es durchaus ein Schock, dass er während der Saison entlassen wurde. Aber wir hatten schon das Gefühl, dass das passieren könnte.
Wie haben Sie davon erfahren, wie wurde es dem Team mitgeteilt?
St. Brown: Ich war zuhause, als es passiert ist. Ich habe einen ESPN-Push auf mein Handy bekommen, so habe ich es erfahren. Am nächsten Morgen gab es dann direkt ein Meeting und dann hat Joe Philbin, der als Head Coach übernahm, zu uns gesprochen. Er hat uns erklärt, was passiert ist und wie wir uns jetzt auf das nächste Spiel konzentrieren sollten.
Equanimeous St. Brown über Aaron Rodgers
Im Zusammenhang mit der Entlassung von Mike McCarthy wurde ja auch viel über Aaron Rodgers spekuliert, unter anderem darüber, dass er sehr viele Plays auf dem Feld geändert hat. Wie haben Sie das erlebt?
St. Brown: Wir wissen auf dem Feld nicht, was der Coach zu Aaron gesagt hat - wir wissen nur das, was Aaron zu uns sagt. Ich weiß nicht, ob Aaron das Play ändert. Ich höre, was er sagt und ich mache, was er sagt, weil er der Quarterback ist. Nur er und der Coach wissen, ob er das Play verändert hat.
Das wurde also auch intern nicht auf irgendeine Art und Weise thematisiert?
St. Brown: Nein, nein.
Ganz allgemein, wie erleben Sie Aaron Rodgers in der täglichen Arbeit?
St. Brown: Er ist ein wirklich normaler Typ, mit einem Sinn für Humor. Ein wenig privat. Im Spiel ist er manchmal sehr ernst. Wenn wir gewinnen, macht er auch mal Witze, aber die meiste Zeit ist er im Spiel sehr ernst.
Ein Punkt, der bei Rodgers sportlich immer wieder auffällt, sind diese improvisierten Spielzüge - die ja offenbar auch im Training einstudiert werden? Können Sie erklären, wie das aus Receiver-Sicht funktioniert?
St. Brown: Das sind tatsächlich sehr spezifische Anweisungen. Man muss das ganze Konzept kennen und wissen, wo man selbst auf dem Feld ist, wo die anderen Receiver sein werden und ob er nach rechts oder nach links scrambeln wird. Vom Timing her ist es so: Jede Route hat ein ungefähres Fenster, wo du weißt, dass du den Ball bekommen solltest. Wenn du über den Punkt hinausgehst und Aaron hat den Ball noch nicht geworfen, dann geht es in den Scramble-Drill über. Wir müssen bei jedem Konzept wissen, was um uns herum passiert. Läuft beispielsweise ein Spieler eine tiefe Route? Dann würde ich im Scramble-Drill nicht tief laufen. Es geht darum, zu wissen, wo jeder auf dem Platz ist und wohin sich der Quarterback bewegt, um zu entscheiden, wo man selbst hinläuft.
St. Brown: Neue Packers-Offense "zu 90 Prozent neu"
Offensiv findet jetzt ja mit neuem Trainerstab auch gewissermaßen ein Neustart statt. Was sind Ihre Eindrücke nach den ersten Trainingseinheiten?
St. Brown: Ich glaube, dass das sehr gut funktionieren wird. Wir stehen natürlich noch ganz am Anfang und kennen die Offense noch nicht komplett, aber ich glaube, dass wir sehr gut sein werden.
Ist es eine große Veränderung im Vergleich zur Offense unter Mike McCarthy? Immerhin ist die grundsätzliche Basis mit der West Coast Offense ja ansatzweise ähnlich.
St. Brown: Ja, das würde ich schon sagen. McCarthy war sehr Pass-lastig, ich denke, jetzt werden wir versuchen, in der Hinsicht etwas ausgeglichener zu sein. Vom Playbook und der Offense insgesamt her würde ich sagen, dass es etwa zu 90 Prozent neu ist.
Wo sehen Sie Ihre eigene Rolle in der Offense? Fühlen Sie sich im Slot oder Outside wohler?
St. Brown: Ich habe da keine Präferenz. Es hängt denke ich eher davon ab, welche Route man laufen soll. Aber ich fühle mich nicht beim einen oder anderen wohler.
Das prognostizierte Wide Receiver Corps der Packers 2019:
Name | Rückennummer |
Davante Adams | 17 |
Geronimo Allison | 81 |
Marquez Valdes-Scantling | 83 |
Equanimeous St. Brown | 19 |
Jake Kumerow | 16 |
J'Mon Moore | 82 |
Trevor Davis | 11 |
Wie funktioniert das Wide Receiver Corps insgesamt untereinander? Macht man auch in der Positionsgruppe gemeinsam etwas abseits des Platzes?
St. Brown: Wir sind ja insgesamt ein sehr junges Wide Receiver Corps. Ich würde sagen es ist teilweise eine freundschaftliche, teilweise eine Business-Beziehung. Abseits des Platzes spielen manche von uns Xbox zusammen. In der Offseason hängt es natürlich auch damit zusammen, ob wir in der gleichen Stadt sind.
Wo findet für Sie denn die Offseason dann statt? Geht's zurück nach Kalifornien zur Familie?
St. Brown: Ja genau, ich werde dann in Anaheim sein. Das Krafttraining mache ich mit meinem Vater, ansonsten habe ich meinen eigenen Receiver-Coach.
Gibt es dort auch gemeinsame Trainingseinheiten mit Ihren Brüdern (beide spielen College-Football, beide sind ebenfalls Wide Receiver, d. Red.)?
St. Brown: Die sind jetzt im Moment noch bei sich am College. Aber sobald sie von dort zurückkommen, trainieren sie auch bei mir, ja.
St. Brown: "Wir können den Super Bowl gewinnen"
Haben Sie während der Saison engen Kontakt zu Ihren Brüdern? Oder ist das schwierig, mit all den Reisen und Verpflichtungen?
St. Brown: Wir haben Kontakt, ja. Aber meistens über Snapchat oder Xbox. Normalerweise schaue ich mir auch ihre Spiele an, samstags bin ich ja im Hotel.
Wie schätzen Sie Ihre eigene Position für die kommende Saison ein? Davante Adams ist gesetzt, aber dahinter gibt es einen offenen Konkurrenzkampf, oder?
St. Brown: Im Moment gibt es so etwas wie einen zweiten oder dritten Receiver nicht - das ist jetzt ein offener Wettkampf. Das werden wir erst im ersten Spiel herausfinden, und dann wird es auch in und nach jedem Spiel ein offener Konkurrenzkampf sein. Das ist nie in Stein gemeißelt.
Wie sehen Sie generell die Chancen mit den Packers? Was ist möglich mit dem Team?
St. Brown: Ich glaube, wir können den Super Bowl gewinnen. Normalerweise sind die Packers jedes Jahr gut. Die letzten beiden Jahre hat es jetzt nicht für die Playoffs gereicht, aber das wird nicht ein drittes Mal passieren.
Und passend dazu: Wie sieht dabei Ihr bisheriger Eindruck von der Defense nach den ersten gemeinsamen Trainingseinheiten aus? Da gibt es ja auch viele junge Spieler und viel Talent...
St. Brown: Da wird es, denke ich, einen großen Schritt nach vorne geben. Die vergangene Saison war auch das erste Jahr für die neue Defense, jetzt geht sie in ihr zweites Jahr. Das merken wir im Training schon ein bisschen - die sind schon weiter als wir, sie wissen genau, was sie machen. Das ist schon jetzt sehr stimmig.