New England: Laufverteidigung als große Schwachstelle
Defensiv wiederum scheinen die größten Probleme an der Line of Scrimmage verortet zu sein. Gerade die Laufverteidigung ist ein großes Problem. Im Schnitt lässt die Front Seven 4,67 Adjusted Line Yards zu, Platz 26 in der Liga. Im Passspiel wiederum gelingt es New England zu selten, Druck auf den QB aufzubauen. Ihre Adjusted Sack Rate von 5 Prozent entspricht Platz 30 der NFL.
Dass die Passverteidigung dennoch recht passabel daherkommt, liegt in erster Linie daran, dass das Team mit Stephon Gilmore einen echten Shutdown-Corner beschäftigt, der im Ranking von PFF Platz 1 belegt und ins All-Pro-Team gewählt wurde. Sein Gegenüber Jason McCourty schaffte es ebenfalls in die Top 10 des Rankings, während J.C. Jackson einer der am höchsten bewerteten Rookies im Defensive Backfield ist.
Gegen die zahlreichen guten Receiver der Chargers werden diese alle Hände voll zu tun haben, speziell mit einem Quarterback wie Philip Rivers, der ohne Druck nicht unbedingt zu Fehlern neigt.
Die Patriots, die zuhause ungeschlagen sind, treffen auf die Chargers, die auswärts ohne Niederlage sind. Ein Duell, das gerade dieser Tage auf Augenhöhe geführt werden wird. Die Chargers zeigten gegen Baltimore, dass sie durchaus in der Lage sind, den Lauf in Schach zu halten, sodass es einmal mehr Brady sein wird, der die Kohlen aus dem Feuer holen muss.
Angesichts des Gesamtkaders und der gezeigten Leistungen könnte jedoch auch erstmals seit 2010 ein Aus vor Championship Sunday Realität werden. Schließlich haben die Chargers eine Qualität, die Brady dieser Tage - und eigentlich jedem Quarterback per se - zu schaffen macht: Sie können Pressure erzeugen ohne zu blitzen, was Joey Bosa, Melvin Ingram und Co. gegen Baltimore eindrucksvoll demonstrierten.
Allerdings war das gegen Rookie-QB Lamar Jackson, dem man seine Nervosität im ersten Playoff-Auftritt merklich ansah. Eine Schwäche, die Brady in seinen bisherigen 37 Starts (27-10) eher selten an den Tag gelegt hat.
New England Patriots: Brady-Belichick-Ära geht weiter
Sieg oder Niederlage, eines steht schon jetzt fest: Die Ära Belichick-Brady wird in Foxborough auch über die Saison 2018 hinaus weitergehen. Belichick hat bisher in keiner Weise angedeutet, an ein baldiges Karriereende zu denken und Brady betont bei jeder Gelegenheit, dass er 2019 und darüber hinaus spielen wolle.
Als zusätzlichen Bonus muss man anführen, dass auch der für Brady so wichtige Offensive Coordinator Josh McDaniels mindestens 2019 noch dabei sein wird. Er hatte lediglich ein Vorstellungsgespräch für einen Head-Coach-Posten und Green Bay entschied sich gegen ihn und für Matt LaFleur von den Titans. Die einzig andere Anfrage - von den Cincinnati Bengals - lehnte McDaniels dagegen ab.
"Das Buch ist geschlossen", gab McDaniels auf Nachfrage nach seinen weiteren Head-Coach-Aspirationen in dieser kommenden Offseason zu Protokoll.
Für die Zukunft heißt dies, dass in der Offense weiter auf Konstanz gesetzt wird, was Scheme - wenn man das bei den sich stetig wandelnden Patriots überhaupt sagen kann - und Philosophie betrifft. Personell hingegen bleiben dennoch einige Fragezeichen.
Bereits in der letzten Offseason sollen die Patriots versucht haben, Gronkowski zu traden. Ein Schritt, den Belichick bei Star-Spielern immer dann geht, wenn er der Meinung ist, dass ein baldiger Leistungsabfall am Horizont erscheint. Basierend auf Gronks Jahr dürfte er auch dieses Mal Recht behalten haben.
Rob Gronkowski verhinderte Trade in der Offseason
Die geplante Abschiebung jedoch scheiterte letztlich daran, dass Gronkowski deutlich machte, mit keinem anderen Quarterback als Brady spielen zu wollen. Sprich: Tradet mich und ich trete zurück, war die Ansage, die sicherlich auch die Konkurrenz abschreckte.
Gronks Vertrag läuft bis Ende 2019 und er könnte günstig abgegeben werden. Unabhängig ob dies per Trade oder Cut passiere, die Patriots müssten lediglich 2 Millionen Dollar an Dead Money schlucken. Im Gegensatz dazu wären Einsparungen von fast 10 Millionen Dollar drin. Folglich könnte eine Trennung bereits in dieser Offseason passieren, zumal Gronks Party-Lifestyle sicherlich nicht ins Idealbild der Patriots passt - noch dazu, wenn die sportliche Leistung nachlässt.
Insgesamt könnte 2019 ohnehin den großen Umbruch bringen. Die Patriots haben Stand jetzt 21 Free Agents, davon lediglich drei, die "restricted" sind. Heißt, ein Massen-Exodus ist durchaus möglich, gerade, wenn es zur Frage nach der Bezahlung kommt. New England ist nicht unbedingt bekannt dafür, oder gewillt dazu, Marktpreise für den einzelnen Spieler zu berappen.
Eine Ausnahme könnte man etwa bei Defensive End Trey Flowers machen, der zu den besseren Pass Rushern der Liga zählt, auch wenn er nicht die wahnsinnig hohen Sack-Zahlen vorweist. Scheme-bedingt ist er etwas benachteiligt, da man in New England mehr Wert darauflegt, die Edge zu etablieren, anstatt gewissermaßen rücksichtslos auf QB-Jagd zu gehen.
Aufgrund seines Standings ist Flowers aber auch ein Kandidat für den Franchise Tag, den die Patriots fast schon traditionell nicht allzu gerne nutzen, die Beträge dafür sind in der Regel einfach zu hoch.
Patriots: Bekommt Tom Brady einen neuen Vertrag?
Fast genauso spannend ist indes die Personalie Brady. 2019 ist und bleibt er der Quarterback des Teams, doch es ist auch sein letztes Vertragsjahr. Nie zuvor in seiner Zeit in Foxboro (seit 2000) ging Brady in ein Lame-Duck-Jahr, sprich: Eine Vertragsverlängerung kam immer spätestens im Sommer davor. Auch dieses Jahr?
"Tom ist für nächste Saison unter Vertrag und ich denke und hoffe, dass die Leute gesehen haben, dass es zwischen uns allen ein echtes Verständnis darüber gibt, wie sich diese Situation in der Zukunft entwickeln wird", sagte Teampräsident Jonathan Kraft kürzlich gegenüber NBC Sports Boston. Was genau das heißen mag, ist allerdings noch offen.
Nach Lage der Dinge kann es aber nur heißen, dass man sich zu gegebener Zeit zusammensetzen und auf einen neuen Kontrakt einigen wird, denn Franchise-Quarterbacks wachsen weiterhin nicht auf Bäumen und zumindest die Draft-QB-Klasse von 2019 strotzt nicht gerade vor sicheren künftigen Top-Quarterbacks. Natürlich galt Jimmy Garoppolo 2014 auch nicht als solcher vor dem Draft - oder Brady 2000 - doch ein schneller Machtwechsel auf der QB-Position erscheint derzeit in Foxborough ausgeschlossen.
Nicht ausgeschlossen ist dagegen ein Abgang von Quasi-Defensive-Coordinator Brian Flores, der hoch geschätzt wird von Vorgesetzten wie Spielern. Er hatte Medienberichten zufolge gleich vier Head-Coach-Vorstellungsgespräche und soll besonders bei den Miami Dolphins hoch im Kurs stehen. Sein Abgang wäre allerdings eher zu kompensieren als einer von McDaniels, da sein Einfluss auf die Defense noch keineswegs so groß ist und vieles von Belichick gesteuert wird.
Die Patriots legten ihre schwächste Saison seit neun Jahren hin. Schaut man jedoch genauer hin, war nicht alles so schlecht wie auf den ersten Blick gedacht. Die Patriots sind zuhause weiterhin eine Macht, auch wenn die Wege zum Sieg derzeit vielleicht andere sind als gewohnt.
Was auch immer die nächsten Jahre bringen, die entscheidenden Figuren werden auf absehbare Zeit dieselben bleiben. Das Ende der großen Zeit der Patriots ist vielleicht in Sicht, doch greifbar noch nicht unbedingt.