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NFL Third and Long Week 4: Chicagos Offense und das Earl-Thomas-Debakel

Earl Thomas und die Seattle Seahawks gehen unschön auseinander.
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AFC vs. NFC, Rams-Dominanz, Falcons und wieso so viele Punkte? - eure Fragen

Sandro: Wir sehen (gefühlt?!) immer mehr High-Scoring-Games - ist das einfach nur Zufall, oder eine Tendenz, in die die Liga beispielsweise auch durch diverse Regeländerungen geht? Woran liegt's?

Zwei Punkte, die mir hier einfallen: Es gibt immer mehr Offenses, die moderne, Pass-lastige, Quarterback-freundliche Elemente übernehmen. Das ist einerseits die Andy-Reid-Schule mit Doug Pederson in Philadelphia und Matt Nagy in Chicago sowie in Teilen John DeFilippo bei den Vikings, andererseits sind es schlicht hervorragende Offensiv-Schemes mit viel Motion, Disguise Pre- und Post-Snap, guten Play Action Games und Matchup-Designs unter anderem bei den Rams, den 49ers, den Saints und den Patriots.

Ganz zu schweigen natürlich von einfach auch individuell starken Offenses, wie etwa Green Bay, die Chargers oder Pittsburgh. Das Passspiel wird insgesamt immer einfacher, durch Schemes, durch Regeln, durch hohe Completion-Zahlen mit Screen- und anderen Yards-after-Catch-Designs.

Der zweite Punkt? Wir sehen gerade viele, viele schlechte Secondaries in der NFL und selbst Teams, die hier eigentlich gut sein sollten, präsentieren sich unerwartet anfällig (Philly und die Vikings beispielsweise). Das in Kombination mit einigen aggressiven Downfield-Offenses (Chiefs, Buccaneers unter anderem) ist der Hauptgrund für die High-Scoring-Games.

Be TZ: Tennessee schlägt Philadelphia, die Vikings schwächeln, die Falcons haben Verletzungspech - Ist die AFC doch stärker als erwartet?

Was man glaube ich festhalten kann: Die Schwergewichte sind noch nicht voll in Fahrt. Das kann über die nächsten Wochen ohne jede Frage bei mehreren Teams kommen. Aktuell aber sind die Saints, die Steelers und die Falcons extrem löchrig in der Defense, die Patriots haben Probleme bei den Linebackern und im Receiving-Corps, Philadelphia wirkt in der Secondary deutlich anfälliger als gedacht und die Vikings und Packers sind noch weit weg von einer dominanten Form.

Das einzige Team, das man vor der Saison als Favorit auf dem Zettel hatte und das bisher abliefert, sind die Rams. Ja, Kansas Citys Offense ist spektakulär, aber das muss sie auch sein, um die eigene Defense mitziehen zu können. Für mich ist die NFC immer noch die stärkere Conference, auch weil die vermeintlichen Elite-Teams der AFC ebenfalls schwächeln. Und die NFC, so mein Eindruck nach den ersten vier Wochen, hat auch noch mehr Potential nach ganz oben.

Sportaddict und Herr Möller: Auffällig viele Overtime-Spiele in den ersten Wochen, die Liga scheint dieses Jahr sehr ausgeglichen zu sein. Gibt es dafür Gründe? Oder trügt der Schein?

Hier spielt auch die vorherige Frage mit hinein: Die als klare Favoriten gehandelten Teams sind weitestgehend noch nicht so gut, wie gedacht, und das teilweise deutlich. Auf der anderen Seite gibt es nur wenige schlechte Teams. Arizona und Buffalo sind da definitiv zu nennen, auch die Jets gefallen mir aktuell gar nicht. Die Cowboys sind ein Wackelkandidat aufgrund ihrer Passing-Offense, die Giants stabilisieren sich immer mehr.

Aber sonst? Die Browns gehören nicht mehr in diese Kategorie, die Raiders sind zumindest offensiv kompetitiv. Es gibt im Moment - und das kann sich über die nächsten vier, fünf Wochen drastisch anders sortieren - also einfach sehr viele Teams im erweiterten Mittelmaß. Und generell gilt in der NFL: auch schlechte Teams sind immer noch gefährlich, im Sinne von: Wenn ein gutes Team in der NFL nicht auch mental voll da ist, ist es immer schwer, zu gewinnen.

Lennart: Glaubst du, dass die Steelers so langsam richtig in den Panik-Modus verfallen?

Ich glaube jedenfalls zunehmend, dass die Steelers ernsthaft Gefahr laufen, die Playoffs zu verpassen - wenn sich das, was wir jetzt gegen die Ravens gesehen haben, fortsetzt. Pittsburgh hat aktuell kein Run Game und gegen Baltimore war dann zum ersten Mal in dieser Saison auch die Passing Offense so richtig abgemeldet. Die Steelers haben an sich noch immer eine der ligaweiten Top-Offenses und auch Roethlisberger hatte jetzt mehrere sehr gute Spiele.

Aber gleichzeitig scheint das Passspiel nach wie vor anfällig und sehr von individueller Qualität abhängig. Was okay ist, wenn man Antonio Brown und JuJu Smith-Schuster hat, gleichzeitig aber auch mit erhöhtem Risiko für größere Leistungsschwankungen im Gesamtauftritt der Offense verbunden ist. Und dann ist es natürlich auch ein Pulverfass - mit der ganzen Le'Veon-Bell-Situation, mit Brown, der aufgrund seiner Targets offen unzufrieden ist, mit allgemeiner Kritik an Mike Tomlin und der Defense, die ein zunehmend großes Problem wird.

Außerdem darf man nicht vergessen, wie gut die Ravens und die Bengals nach vier Wochen aussehen. Beide sind ernsthafte Playoff-Kandidaten oder anders gesagt: Pittsburgh muss sich schnell fangen und gerade defensiv gibt es dafür keinen einfachen Knopf, den man drücken kann. Die Passing-Offense ist eigentlich zu gut, um nicht im Januar zu spielen - wenn sie das aber nicht auch konstant auf höchstem Level abrufen kann, erleben wir vielleicht gerade, wie sich das Titelfenster der Steelers schließt.

Marcel Schmidt: Was ist für die Falcons mit dieser Defense und dem bitteren Start in die Saison noch drin? Wird ja vermutlich erst besser, wenn Jones zurückkommt.

Zwei Sachen sind jetzt in den letzten Spielen aufgefallen, beides sind Coverage-Breakdowns vor allem in der Mitte des Feldes: Anfälligkeiten gegen Tight Ends und andere Seam-Routes sowie gegen Running Backs im Passspiel. Verliert man einen der besten Coverage-Linebacker der Liga sowie beide Starting-Safetys, ist das wenig überraschend und ich sehe nicht, dass sich das auf Knopfdruck ändert.

Atlantas Defense hat ihre Stärke nicht in Scheme-Komplexität, sondern in ihrer Explosivität und Geschwindigkeit aus der Zone Coverage in Cover-3 und der Man Coverage in Cover-1. Dementsprechend wird das nicht über Nacht einfach besser werden.

Die gute Nachricht für die Falcons: Die Offense sieht richtig, richtig gut aus. Calvin Ridley zeigt eindrucksvoll, dass er der beste Route-Runner im diesjährigen Draft war und die Sorgen nach Week 1 bezüglich Matt Ryans Arm und der Red-Zone-Offense können getrost zu den Akten gelegt werden. Defensiv sollten zumindest McKinley und Grady Jarrett gerade dem Pass-Rush mit der Zeit noch mehr Biss verleihen.

Domenik Lange: Ist es übertrieben zu sagen, die Rams haben zwölf Wochen Zeit, um sich für die Playoffs einzuspielen? Wer soll in der Division da ernsthaft eingreifen?

Die Rams werden die Spiele oder die Situation im Gesamtbild in keinster Weise anders angehen - aus Analyse-Sicht aber stimme ich dir zu. Die 49ers hätten schon mit Garoppolo hart kämpfen müssen, um eine Playoff-Chance zu haben. Ohne ihn werden die Probleme in der Offensive Line und in der Pass-Defense noch viel stärker zur Geltung kommen, einen Vorgeschmack darauf gab es gegen die Chargers.

In Arizona hatte Josh Rosen zwar gerade ein vielversprechendes Starting-Debüt gegen Seattle, die Cardinals und die Seahawks haben aber beide zwei der starrsten, konservativsten und nicht-zeitgemäßesten Play-Caller in der NFL, was sich unter anderem bei Runs in eine volle Box bei 1st&10 bemerkbar macht. Darunter werden beide Teams die ganze Saison über leiden. Die Rams sind in dieser Division eine Klasse für sich und es ist nicht gerade knapp.

Chris Hook: Ist vielleicht etwas früh, aber welche Teams könnten nächstes Jahr einen Quarterback draften? Wirkt ja sehr "gesättigt" im Gegensatz zum letzten Draft.

Wirkt so, ja - und zu einem gewissen Grad ist es aktuell auch eine ungewöhnlich "stabile" Quarterback-Situation in der NFL. Trotzdem werden in einem halben Jahr wieder mehrere Teams konkret auf Quarterback-Suche sein. Dazu gehören natürlich einerseits die Teams, die früher oder später die Staffelstab-Übergabe einleiten müssen: die Chargers, die Giants, Pittsburgh und die Patriots.

Es wird spannend sein zu sehen, wie diese Teams den Draft in der Hinsicht angehen. Die Chiefs haben mit Smith und Mahomes gerade gezeigt, dass man auch mit einem guten Quarterback im Team im Draft aggressiv vorgehen kann, wenn man von einem Prospect überzeugt ist.

Einige Teams, die ich ansonsten weit oben auf der Liste habe: Die Broncos, sollte sich Case Keenum letztlich doch nur als Achterbahn-Übergangslösung entpuppen, und die Dolphins, falls die Saison am Ende doch wieder eine Enttäuschung wird. Dann nämlich würde ich auch nicht ausschließen, dass es in Miami einen Neustart mit neuem Coach und neuem Quarterback gibt.

Und falls sich die rechtliche Situation um Jameis Winston in Tampa Bay doch nochmal in eine andere Richtung entwickelt, könnten die Bucs ebenfalls ein Kandidat sein.

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