Die Falcons hatten keine Angst vor Todd Gurley
Zwei Wochen ist es her, da hatte ich beschrieben, warum Todd Gurley der Fokus der Rams-Offense ist und was Head Coach Sean McVay mit dem Running Back schematisch macht. Gurleys prominente Rolle in L.A. machte die Aufgabe für die Falcons-Defense klar, und Atlanta hatte die perfekte Antwort parat.
Die hieß einerseits Deion Jones, der explosive Linebacker war konstant - ob gegen den Run oder den Pass - für Gurley zuständig und verfolgte den Running Back quer über den Platz. War nicht Jones für Gurley verantwortlich, übernahm ihn Neal oder Alford meist direkt in Man Coverage. Andererseits hieß die Antwort aber auch: Aggressivität ohne Angst vor dem Screen Game der Rams.
Atlantas Defense ist in ihrem Scheme nicht sonderlich komplex, ähnlich wie die Seahawks-Defense in ihren dominantesten Tagen. Cover-3 und Cover-1 sind die Basis, daraus entstehen schematisch die meisten Konstrukte. Wettgemacht wird die vergleichsweise geringere Komplexität durch große Geschwindigkeit auch mithilfe der simpleren Zuteilungen - sowie mit verschiedenen Blitz-Paketen aus Cover-3 und Cover-1.
All das sah man in der Partie gegen die Rams am Samstagabend. Die Falcons verteidigten den Run aggressiv und blitzten aus verschiedensten Richtungen und Fronts heraus. Das bereitete Jared Goff (4/12, 57 YDS, 3 Sacks gegen Pressure) merklich große Probleme. Dem Passing Game der Rams fehlte so zu häufig der Rhythmus, zu oft konnte Atlanta lange Downs erzwingen. Das machte auch das Play-Calling für McVay deutlich schwieriger.
Carolina gibt Minnesota einen guten Ansatz für die Saints
Ich stelle mir vor, dass Vikings-Coach Mike Zimmer das Duell zwischen den Panthers und den New Orleans Saints, Minnesotas Gegner in der Divisional-Runde, am Sonntagabend mit einem guten Gefühl geschaut hat. Zumindest, wenn es an Carolinas Run-Defense ging.
Das gefährlichste Running-Back-Duo dieser Saison nämlich war beim Sieg der Saints nahezu kein Faktor. Alvin Kamara (10 ATT, 23 YDS) und Mark Ingram (9 ATT, 22 YDS) sahen im Run Game vielmehr überhaupt kein Land, und die Art und Weise, wie Carolina hier verteidigte, dürfte dem einen oder anderen Vikings-Fan vertraut vorgekommen sein.
Denn die Panthers nutzten hier einen Ansatz, den Minnesota ebenfalls nur zu gerne verwendet: Das aggressive Bespielen der Line of Scrimmage. Das war gegen die Saints, insbesondere bei offensichtlichen Running Downs, immer wieder zu beobachten. Carolina attackierte dabei die Offensive Line regelmäßig mit fünf Spielern und ließ so im Zone-Blocking der Saints keine Lücken entstehen.
New Orleans' Second-Level-Blocking kam so nicht nur häufig gar nicht zum Einsatz (das Play wurde vorher gestoppt), Carolinas aggressiver Ansatz an der Line of Scrimmage gewährte den Linebackern dahinter außerdem vielmehr Freiheiten, um das Play zu lesen und dann schnell einzugreifen. Das bisher so exzellente Run-Blocking der Saints knickte so auf mehreren Ebenen regelmäßig ein.
Mehr noch: Eine der Stärken dieser Vikings-Defense ist es, die Mitte der Offensive Line mit Blitz-Paketen zu attackieren. Drew Brees hat schon immer mit die größten Probleme damit, wenn er Pressure über die Mitte erhält - hier dürfte Zimmer im Passing Game ebenfalls ansetzen. Das war schon beim eindrucksvollen Sieg über die Rams zu beobachten, als Minnesota so auch die Screens gut verteidigte. Die Saints erwarten hier umso mehr Probleme, da Guard Andrus Peat verletzt ausfällt.
Was ist der Nachteil davon, wenn man die Line of Scrimmage so aggressiv bespielt? Man muss gegen Screens und Play Action extrem aufpassen. Die Saints, das habe ich in dieser Saison schon häufig betont, sind das beste Screen-Team der NFL, auch weil sie ihre Screens mit Play Action mischen und beides aus Running-Formationen heraus spielen. Carolina kostete eine defensive Unachtsamkeit in einer solchen Situation am Sonntagabend einen Touchdown.
Die Vikings aber haben eine der diszpliniertesten, vielleicht die disziplinierteste Defense in der NFL und verfügen, ähnlich wie Carolina, über Explosivität und Reichweite auf dem Linebacker-Level. Harrison Smith und Eric Kendricks etwa können große Räume verteidigen und in der Hinsicht ähnliche Rollen übernehmen wie Kuechly am Sonntag.
Die Entscheidung der Titans pro Mularkey so ist Unsinn
Unmittelbar nach dem überraschenden Sieg in Kansas City sorgte Titans-Coach Mike Mularkey für Aufsehen. Angesprochen auf die Gerüchte, wonach ihm im Falle einer Niederlage die Entlassung gedroht hätte, antwortete Mularkey, dass er im Vorfeld "keinerlei Unterstützung" erfahren habe: "Ich bin vom Schlimmsten ausgegangen." Es dauerte anschließend keine 24 Stunden, ehe die Titans verkündeten, dass Mularkey auch 2018 Tennessees Head Coach bleibt.
Warum kam dieses Statement nicht vor dem Wildcard-Spiel? Es suggeriert zumindest, dass die Titans-Bosse Mularkeys Verbleib tatsächlich von dem Playoff-Sieg abhängig gemacht haben, was eine desolate Vorgehensweise ist. Die Tatsache, dass Mariota seinen eigenen Touchdown-Pass fängt und die Chiefs in der zweiten Hälfte in puncto Play-Calling komplett einbrechen, ändert nichts an den Problemen, die Tennessee die ganze Saison über hatte. Vor allem offensiv.
Wenn die Verantwortlichen über die letzten Wochen zu dem Schluss kamen, dass ein Trainerwechsel her muss, dann sollte der Sieg in Kansas City daran nichts ändern. Und die Entwicklung beziehungsweise besser gesagt die Stagnation in der Offense liefert dafür genügend Argumente: Tennessee versuchte krampfhaft, das Erfolgsmodell der Vorsaison zu wiederholen und setzte stur auf einen Oldschool-Rushing-Ansatz. Enge Formationen, kaum Kreativität und in der Folge eine Offense, die leicht ausrechenbar ist.
Zu keinem Zeitpunkt war das Run Game der Titans auf dem dominanten Level der Vorsaison, dennoch musste Mariota in dieser Art Offense, die seine Qualitäten so gar nicht unterstützt, agieren. Gleichzeitig zwang ihn der ausbleibende Erfolg im Run Game dazu, Big Plays zu kreieren, und das trotz schlechter Pass-Konzepte, die kaum Yards nach dem Catch ermöglicht. Mariota spielte selbst nicht gut, doch das Scheme half ihm überhaupt nicht. Tennessee muss mehr Spread- und Hurry-Up-Elemente einbauen, um sich offensiv weiter zu entwickeln. Die Offense darf 2018 nicht einfach so weiter laufen in der Hoffnung, dass sich Mariota irgendwann daran anpasst.
Der Sieg gegen die Chiefs hatte jedenfalls auch andere Gründe: Mariota brachte bei Third Down 71,4 Prozent seiner Pässe (91 YDS, TD) an. Derrick Henry verzeichnete im Schnitt 3,61 Yards pro Run nach Gegnerkontakt und die Offensive Line ließ gegen den schon das ganze Jahr über zahnlosen Chiefs-Pass-Rush lediglich fünf QB-Pressures zu.
Und Kansas City hat sich diese Niederlage auch selbst zuzuschreiben. Dass Andy Reid, bei aller Play-Design-Kreativität, trotz nahezu durchgehend eigener Führung Kareem Hunt ganze elf Rushing-Versuche gab, ist der mit Abstand größte Coaching-Fehler der Wildcard-Runde. Tennessee hat eine gute Run-Defense, spielt aber auch viel Man Coverage - auch am Samstag. Die Chiefs hätten hier mit ihren Misdirection- und Option-Plays im Laufe des Spiels großen Schaden anrichten und die Führung in der zweiten Hälfte sicher durchbringen können.
Gleichzeitig offenbarte Mariota aber vereinzelt auch wieder seine individuellen Probleme, die ihn schon die ganze Saison über begleiten. Ungewohnte Ungenauigkeiten, technische Fehler und Plays, bei denen er scheinbar dem, was er sieht, nicht vertraut. Mariotas Entwicklung wieder in die richtige Spur zu lenken muss die oberste Priorität in Tennessee genießen, und das bedeutet womöglich, dass Mularkey in seinem offensiven Trainerstab Dinge verändern muss.