Super Bowl 52: erste Reaktionen
- Viel wird man in den nächsten zehn Tagen über "Brady gegen Foles" und all die absurden Statistiken, mit denen man diese beiden Quarterbacks vergleichen könnte, hören. Doch wie ist die tatsächliche Offensiv-Situation beider Teams?
- Die Patriots auf der einen Seite sind eine gut geölte Maschine, deren Offensive Line sich verbessert hat und die mit Rob Gronkowski und Dion Lewis Mismatch-Waffen hat, die für jede Defense extrem unangenehm sind. Brady hält hier - und das ist ein großer Unterschied - natürlich alle Fäden in der Hand.
- Foles hat das Glück, in Philadelphia quasi in die perfekte Situation zu rutschen und verglichen mit Brady deutlich weniger Aufgaben zu haben: Eine (mindestens) Top-5-Offensive-Line, ein überdurchschnittliches Receiving-Duo, ein konstantes Run Game und natürlich die großartigen Play-Designs von Doug Pederson und Co. Besser kann eine Ausgangslage für einen Quarterback nicht sein.
- Der Super Bowl bietet jede Menge faszinierender Matchups. Wie geht New England mit der Offensive Line der Eagles um? Setzt sich das verbesserte Play der Patriots-Secondary gegen Ertz, Jeffery und Agholor fort? Und umgekehrt: Gelingt es Philadelphia, die anfälligen Patriots-Linebacker mit Agholor und Ertz zu attackieren und so das Feld auch für das Run Game zu öffnen?
- Auch der Einsatz der Defensive Backs auf beiden Seiten wird spannend. New England nutzte Cornerback-Blitze gegen die Jaguars, um das Timing im Play-Action-Game zu stoppen - während Malcolm Jenkins aufseiten der Eagles ein defensiver X-Faktor ist. Versuchen die Eagles, Jenkins in Man Coverage gegen Rob Gronkowski zu stellen?
Super Bowl X-Faktor Patriots: Gronk, Amendola, Brown
Was vor dem Championship Game Bradys Hand war, wird vor dem Super Bowl Rob Gronkowskis Kopf sein. New Englands Tight End musste am Sonntag gegen die Jaguars nach einer heftigen Kollision mit einer Kopfverletzung raus und ist seither im Concussion Protocol. Bedeutet: Zunächst ist Ruhe angesagt, dann muss Gronk schrittweise wieder ins Training einsteigen und dabei dürfen sich die Symptome nicht verschlimmern. Schließlich braucht er grünes Licht von den Ärzten. Die ersten Aussagen aus Foxboro sind naturgemäß optimistisch.
Gronkowski ist der größte Mismatch-Spieler in der NFL. Er ist der kompletteste Tight End, was es New England erlaubt, ihn als legitimen Run-Blocker genauso aufzubieten wie als Slot- oder Outside-Receiver. Gronk kann so Mismatches kreieren, dabei helfen, Defenses in Base-Coverage zu halten und Brady vor dem Snap klare Indikatoren über die Art der Coverage geben.
Ob mit oder ohne den dominanten Tight End: Danny Amendola hat sich gerade in den Playoffs zu einer elementaren Waffe im Arsenal von Tom Brady gemausert. Die Patriots-Offense ist - neben der individuellen Klasse Bradys - auch deshalb Jahr für Jahr so gut, weil sie unglaublich flexibel ist: New England kann aus verschiedensten Formationen das gleiche Play spielen und aus identischen Formationen unterschiedlichste Plays ansagen.
Die Pats können sich durch ihre Option-Routes und die Art und Weise, wie die Offense aufgebaut ist, innerhalb kürzester Zeit anpassen, was nicht nur in 2-Minute-Drills ein enormer Vorteil ist. Hierfür ist die Connection zwischen Brady und seinen Receivern von zentraler Bedeutung, beide müssen die Defense auf die gleiche Art und Weise lesen und präzises Route-Running ist elementar. Ohne Edelman ist Amendola hier die erste Wahl für den 40-Jährigen.
Und Brown? Gemeint ist Malcom Brown, der massive Defensive Tackle. Die Eagles kommen mit der besten Offensive Line der Playoffs in den Super Bowl, diese Line war auch gegen Minnesota ein ausschlaggebender Faktor zum Sieg. Gelingt es Brown, in der Mitte der Defense Druck insbesondere gegen Center Jason Kelce zu kreieren, würde das nicht nur Nick Foles aus dem Konzept bringen - auch das Run Game der Eagles wäre dadurch vor ernsthafte Probleme gestellt.
Super Bowl X-Faktor Eagles: Foles, Cox, Graham
Natürlich werden in Minnesota alle Augen auf Wentz-Vertreter Nick Foles gerichtet sein, der größtenteils wacklige bis schlechte Leistungen ablieferte - nur um dann gegen die Vikes im Championship Game über sich hinauszuwachsen. Die Patriots zeigten gegen Jacksonville in der zweiten Hälfte, dass sie durchaus gewillt sind, auch exotischere Blitz-Pakete auszupacken und gegen Philadelphias Offensive Line wird New England mehr Druck benötigen.
Andernfalls ist das Risiko groß, dass die sehr starken Play-Designs der Eagles greifen und Foles so einen Rhythmus findet. Genau wie gegen die Vikings. Wenn die Pats also tatsächlich in ihrem defensiven Play-Calling aggressiver werden, wird es noch mehr auf Foles ankommen - in der Theorie das Wunschszenario für Belichick.
Das Prunkstück dieses Eagles-Teams ist allerdings fraglos die Defensive Line, sowohl in der Breite als auch in der Spitze. Hier muss Philly das Spiel dominieren und maßgeblich entscheiden: Sind Philadelphias Defensive Linemen kein absolut bestimmender Faktor, wird es für die Eagles schwer werden, defensiv standzuhalten.
Super Bowl 52: Eagles sind historischer Underdog
Die Eagles haben sich im Laufe der Playoffs bestens mit der Underdog-Rolle identifiziert. Sowohl in der Divisional-Runde gegen Atlanta als auch im Championship Game gegen die Vikings am vergangenen Sonntag wurde Philadelphia ohne den verletzten Carson Wentz bei den Buchmachern als Underdog gehandelt - die Spieler bedankten sich nach den Spielen bei den Wett-Experten mit Hundemasken für die zusätzliche Motivation.
Klar ist schon jetzt: Die inzwischen gewohnte und lieb gewonnene Rolle dürfen die Eagles auch im Super Bowl einnehmen. Las Vegas listet die Patriots als Favorit mit 5,5 Punkten - es ist die deutlichste Favoritenrolle im Super Bowl seit 2009. Damals ging Arizona als 7-Punkte-Underdog in das Duell mit den Pittsburgh Steelers. Historisch hat der Favorit bei den Buchmachern 33 der 51 Super Bowls für sich entschieden.
Unter dem Radar: Das Coaching-Duell
In der oberflächlichen Betrachtung könnte dieser Aspekt schnell unter den Tisch fallen, beziehungsweise einseitig zugunsten der Patriots gewertet werden. Doch hier winkt ein extrem packendes Duell: Bei den Patriots ist es aller Voraussicht nach für Offensive Coordinator Josh McDaniels und Defensive Coordinator Matt Patricia das letzte Spiel für die Pats - beide werden wohl Head-Coach-Jobs übernehmen.
Gerade auf der defensiven Seite hat New England über die Jahre immer wieder einige Game-Plan-Wackler offenbart, mit Doug Pederson und seinen Assistenten Frank Reich und John DeFilippo wartet jetzt eines der besten Offensiv-Trainer-Trios der Liga. Und auch die andere Seite des Balls ist in dieser Hinsicht vielversprechend: Philadelphias Jim Schwartz ist ein absoluter Top-Defensive-Coordinator, auf den jetzt mit McDaniels und Brady die ultimative Herausforderung wartet.
Facts und Statistiken zu Super Bowl 52
- Der historische Triumph der Patriots über Atlanta in der vergangenen Saison hat Tom Brady nochmals in andere Sphären katapultiert: Es war sein fünfter Super-Bowl-Sieg, kein anderer Quarterback hat mehr als vier (Joe Montana, Terry Bradshaw).
- Super Bowl 52 markiert die achte Teilnahme für Brady, eine weitere Bestmarke. Brady hat damit in der Hälfte (!) seiner Spielzeiten als Starter den Super Bowl erreicht. Wenn am 4. Februar der Kick-Off erfolgt, wird Brady 40 Jahre und 185 Tage alt sein. Das macht ihn zum ältesten Spieler im Super Bowl, der kein Kicker oder Punter ist. Bislang hatte diese Bestmarke Jerry Rice (40 Jahre und 105 Tage).
- Die Eagles standen bisher zwei Mal im Super Bowl: 2004 und 1980. Alle drei Eagles-Super-Bowl-Teams starteten die Saison mit zehn Siegen aus den ersten elf Spielen, alle drei verloren ihr finales Spiel der Regular Season und alle drei haben die Vikings in den Playoffs geschlagen.
- Der Super Bowl nach der Saison 2004 hatte die gleiche Paarung zu bieten, damals schlug New England die Eagles um Donovan McNabb und Terrell Ovens mit 24:21. Für Brady war es der dritte Super-Bowl-Titel und die Pats wurden das einzige Team neben den Dallas Cowboys, das innerhalb von vier Jahren drei Super Bowls gewann. Dieses Kunststück würden sie mit einem Sieg am 4. Februar wiederholen.
- Ein dementsprechend schwacher Trost für die Eagles: Philadelphia führt die All-Time-Bilanz dieser beiden Teams mit 7:6 an.
- Geht Philadelphia das Spiel so aggressiv an, wie Head Coach Doug Pederson schon die ganze Saison über zu Werke geht? Die Eagles haben in dieser Saison 18 erfolgreiche Fourth-Down-Conversions vorzuweisen - in den letzten zehn Jahren hatte kein Team innerhalb einer Saison mehr.
- Wie wichtig Gronk sein könnte? Gronkowski hat zwar sechs der 18 Pats-Playoff-Spiele seit 2010 verpasst, dennoch führt er alle Tight Ends in Playoff-Targets (96), Receiving-Yards (856) und Touchdown-Receptions (10) an.
Das SPOX Super-Bowl-Programm
Abschließend noch in eigener Sache ein erster grober Wegweiser für das Super-Bowl-Programm auf SPOX - so viel sei verraten: Es wird das größte Super-Bowl-Paket, das es auf SPOX jemals gegeben hat. Taktik-Analysen zu beiden Teams, eine große Story zur Super-Bowl-Geschichte, Hintergrundgeschichten zu beiden Teams und zu verschiedenen Spielern, ein Interview mit jemandem, der weiß, wie man die Pats im Super Bowl bezwingt, selbstverständlich auch Formate mit der Community, und, und, und - am morgigen Donnerstag geht's so richtig los!