Nach den Verletzungen von Richard Sherman und Kam Chancellor waren die Fragezeichen ob einer der besten Defensiven der Liga groß. Doch kam es im Spiel lange gar nicht zu großartigen Aufgaben für Byron Maxwell, Shaquill Griffin und Co. Die Eagles nämlich hatten einerseits Probleme mit der aggressiven Defensive Front und gingen auf der anderen Seite aber auch so gut wie überhaupt kein Risiko. Das Resultat waren 45 Passing Yards für Carson Wentz in der ersten Halbzeit.
Auf der anderen Seite wollte Russell Wilson (20/31, 227 YDS, 3TD) an seiner Sensations-Saison weiterarbeiten und hatte dank offenbar sehr effektiver Vorbereitung Erfolg. Seattle spielte früh smarten Football und erkannte seine Möglichkeiten. Zwar kam man häufig in Third-and-Long-Situationen, hier hatte man aber Antworten parat um sich stets in Front zu halten.
Der zweite Durchgang schien mit einer anderen Dynamik zu beginnen. Philly spielte aggressiver und Wentz traute sich nun, das Feld herunter zu werfen. Doch als man die Chance auf den Ausgleich hatte, fumblte Wentz an der 1-Yard-Linie und die Seahawks konnten mit einem Touchback übernehmen. Im darauffolgenden Drive steckten die Seahawks den Finger direkt in die Wunde und konvertierten Big Plays zu einem Touchdown-Drive.
Wentz (29/45, 348 YDS, TD, INT) und Philly brachten sich nochmals in Schlagdistanz, schafften es in den entscheidenden Momenten aber nicht, Plays zu Ende zu bringen. Zu viele Ungenauigkeiten und Drops nahmen ihnen die durchaus vorhandenen Chancen. Wilson auf der anderen Seite kreierte Möglichkeiten, die eigentlich gar nicht da waren. Ein überragendes Spiel seinerseits und der ein oder andere glückliche Call bringen die Seahawks vorübergehend auf einen Playoff-Platz.
Die wichtigsten Statistiken
Seattle Seahawks (8-4) - Philadelphia Eagles (12-2) 24:10 (10:0, 0:3, 0:7, 7:7) BOXSCORE
- Die Seahawks gewinnen zum 47. Mal in Folge, wenn sie zur Pause mit mindestens 4 Punkten führen.
- Außerdem stehen sie in Primetime-Spielen seit 2012 bei einer Bilanz von 11-2.
- Die Eagles waren zuvor das einzige Team, das in diesem Jahr in jedem Spiel mindestens 20 Punkte erzielen konnte.
- Die 45 Passing Yards von Wentz in der ersten Halbzeit waren die wenigsten, die er in dieser Saison überhaupt in einer Halbzeit geworfen hat. Die Seahawks haben es hingegen zum dritten Mal geschafft, einen gegnerischen QB in dieser Saison in einer Halbzeit bei unter 50 Yards zu halten.
- Wilsons Touchdown-Pass auf Tyler Lockett war der neunte, den er in diesem Jahr nach Play Action erzielt hat. Nur Deshaun Watson hat in dieser Kategorie (11) mehr erzielt.
- Wilsons Touchdown im vierten Viertel war der 15. in dieser Saison im Schlussviertel. Dies ist vor ihm nur Eli Manning gelungen.
Die Stimmen zum Spiel
Bobby Wagner (Seattle Seahawks):
"Wir wollten ein eindimensionales Team aus ihnen machen und ihnen nicht viele Möglichkeiten auf Pässe geben. Viele Leute haben uns nach den Verletzungen schon abgeschrieben. Bald werden sie sich eingestehen müssen, dass das ein Fehler war."
Corey Graham (Philadelphia Eagles), über Wilson:
"Wir hatten einen guten Gameplan für ihn vorbereitet. Aber wie man gesehen hat ist er in Realität nochmal besser als auf Film."
Der Knackpunkt: Goal-Line-Fumble von Carson Wentz
11 Plays, 74 Yards. Der Drive der Eagles, mit dem sie in die zweite Halbzeit starteten war beeindruckend und komplett gegensätzlich zu dem, was man in den ersten 30 Minuten gezeigt hatte. Die Eagles hatten mit einem Schlag die Möglichkeit, das Spiel auszugleichen und alles vorige vergessen zu machen. Wentz entschied sich bei 2nd and Goal den Ball selbst in die Endzone zu tragen, wurde aber von Sheldon Richardson an der 1-Yard-Linie gestoppt. Dabei verlor er den Ball, welcher über die Endzone hinaus rollte und die Seahawks per Touchback übernahmen. Die Antwort Seattles hatte es in sich. Die Seahawks scorten direkt und bauten einen komfortablen Vorsprung auf, der die Eagles nur noch mehr unter Druck setzen sollte.
Das entscheidende Duell: Seahawks-Front gegen Eagles' O-Line
Wie ein Boxkampf zweier Schwergewichter wurde dieses Duell antizipiert und genauso kam es auch. Der Kampf um die Line of Scrimmage war in einer insgesamt sehr physischen Partie wahnsinnig intensiv. Ohne großen Erfolg beim Pass war es für Philly von enormer Bedeutung, das Spiel auf dem Boden und seine Running Backs ins Spiel zu bekommen. Die Seahawks machten hier gerade in Form von Bobby Wagner auf der zweiten Ebene einen guten Job, Löcher zu erkennen und große Plays zu vermeiden.
Der Star des Spiels: Russell Wilson
Hoodini hat wieder einmal eine Show abgeliefert, die sich sehen lassen konnte. Wilson begann das Spiel sehr gut und führte den Game Plan mit großer Genauigkeit durch. Das Spektakel ging aber so richtig erst im zweiten Durchgang los. Hier wurde Nummer 3 dazu gezwungen, umzudisponieren. Wilson musste unter großem Druck häufig auf die Seite ausweichen und hielt wieder einmal tot geglaubte Plays am Leben. Der zweite Durchgang war ein Spektakel beider Quarterbacks, aber Wilson war der, der den entscheidenden Fehler nicht gemacht hat.
Der Flop des Spiels: Jay Ajayi
Ein ineffektives Run Game und ausgelassene Chancen standen den Eagles im Weg. Einer, der an beiden Problemzonen Anteil hatte, war Ajayi. Der ehemalige Dolphin lief für 3,9 Yards pro Laufversuch, konnte bei seinen 9 Carries aber für seine Spielweise zu selten Tackles brechen. Ajayi leistete sich außerdem einen ganz bitteren Drop bei 4th Down, als er nicht nur die Möglichkeit hatte, den Drive am Leben zu halten, sondern auch sehr viel freies Grün vor sich gehabt hätte.
Die Taktik-Tafel
- Wahnsinnig vorsichtiger Start der Eagles. Über die gesamte erste Halbzeit versuchte Wentz gerade einmal drei Pässe über mehr als 10 Yards Flugdistanz, und das trotz der Abstinenzen bei den Defensive Backs der Seahawks. Wentz' Lieblingstargets Alshon Jeffery und Zach Ertz hatten zur Halbzeit keinen einzigen Catch.
- Der Pass Rush der Seahawks machte einen hervorragenden Job und gab Wentz wenig Zeit für Drop Backs. Die Antwort waren schnelle Handoffs und eine sehr Run-lastige Vorstellung.
- In der zweiten Halbzeit ein anderes Bild. Die Eagles spielten eine mutigere Offense und Wentz agierte viel mit den Run-Pass-Option. Die Seahawks mussten auf den tieferen Ebenen vorsichtiger agieren und Wentz profitierte vom Platz.
- Auf der anderen Seite kam eine der besten Offensiv-Performances der Seahawks in dieser Saison durch ungewohnt wenig Improvisation zustande. Man erkannte und reagierte auf die Coverage-Formationen und brachte seine schnellen Receiver mit kurzen Pässen an der Line of Scrimmage ins Spiel.