Exakt 259 Tage wird es am Sonntag her sein, dass den Patriots gegen die Falcons das größte Comeback in der Geschichte des Super Bowls gelang. Shirts auf Amazon, unzählige Memes im Internet, Spott von der direkten Konkurrenz - die Falcons mussten dafür in dieser Zeit viel Häme über sich ergehen lassen. Das zieht sich bis heute durch, sobald eine eigene Führung schmilzt.
Geht es nach Safety Ricardo Allen, kümmert das die Spieler aber schon lange nicht mehr. "Verdammt nochmal, nein", sagt Allen kurz auf die Frage, ob ihn das Gehänsel der Football-Welt immer noch stören würde, gegenüber ESPN.
Linebacker Vic Beasley lässt schon tiefer blicken: "Wenn man die ganzen Social-Media-Seiten sieht, denkst du dir schon: 'Mist, wir hatten sie doch schon!'. Aber gut, die Patriots schafften es zurück, wir können jetzt nichts mehr ändern." Es kursierten bereits Gerüchte, dass Head Coach Dan Quinn seine Spieler mit gewissen Gemeinheiten noch einmal anstacheln würde, um für die Patriots gerüstet zu sein. Doch Beasley winkt ab: "Das wird er nicht tun. Wir wissen alle, wie es ausgegangen ist."
Starker Saisonstart, unerklärliche Niederlagen
Der Start in die aktuelle Saison ist Atlanta eigentlich gut gelungen: Mit einer 3-0-Bilanz im Gepäck empfingen die Männer aus Georgia in Week 4 die Buffalo Bills, eine vermeintlich einfache Aufgabe. Doch ein Fumble, den die Bills erzwangen und bis in die Endzone der Falcons trugen, brachte ihnen letztlich eine 23:17-Heimniederlage ein. Buffalos starke Defense deckte ungewohnte Schwachstellen in Atlantas Offense auf.
Zwei Wochen später war Atlanta erneut Gastgeber für ein Team aus der AFC East, als man die Miami Dolphins bereits mit einem 17:0 zur Halbzeit zurück in die Kabine drängte. Doch wie schon im Februar schenkten die Falcons eine deutliche Führung her, da plötzlich alles für den Gegner zu laufen schien: Ein verschossenes Field Goal, ein versauter Punt und ein fataler Penalty-Call, der eine Interception revidierte, waren ausschlaggebend für eine weitere unglaubliche Pleite dieser verrückten Saison.
Die empfindliche Niederlage kam aufgrund der anstehenden Aufgabe natürlich zur Unzeit, doch die Produktivität der Offense sollte die Falcons eigentlich Zuversicht schenken. Gegen die Dolphins erzielten Matt Ryan und Kollegen 50 Yards mehr (339:289), gegen Buffalo war die Bilanz mit 389:281 Yards noch deutlicher. Nun muss man zum amtierenden Champion, der bisher die meisten Yards aller Teams kassiert hat und in der Secondary konstant große Abstimmungsfehler offenbart.
"Wir können das Spiel von letzer Woche nicht wiederholen, wir können vor allem den Super Bowl nicht nochmal spielen", will Coach Quinn nichts von einer Revanche wissen. Er verweist auf ein Credo, das in vielen Sportarten als Erfolgsrezept gilt: Man schaue einfach von Spiel zu Spiel. "Der einzige Kampf, der zählt, ist derjenige, in dem man sich gerade befindet", drückt es Quinn noch etwas martialischer aus.
Patriots Top, Patriots Flop
Im nächsten Kampf wartet mit den Patriots ein Team der Extreme, ein Team mit zwei komplett unterschiedlichen Gesichtern. Während New England in der Offense bislang die meisten Yards aller Teams produzieren konnte, ist die Defense des Teams von Bill Belichick abgeschlagen Letzter. Sie stehen zwar bei einer Bilanz von 4-2 und konnten ihre letzten beiden Spiele gewinnen, doch die Art und Weise, wie diese Siege eingefahren wurden, war für einen Titelverteidiger erschreckend schwach.
Gegen die Jets heimsten die Pats auch dank einer umstrittenen Schiedsrichterentscheidung einen 24:17-Erfolg ein, Josh McCown schenkte der Defense dabei aber 354 Yards ein. Man darf gespannt sein, wie viele Yards sie gegen den amtierenden MVP Ryan zulassen müssen.
In den beiden vergangenen Spielen konnten die Patriots jeweils mehr Rush-Yards als ihre Gegner erzielen, da Belichick den Ball vermehrt auf dem Boden zirkulieren ließ. Genau dort hatten die Falcons zuletzt Probleme, viele fehlgeschlagene Tackles ließen die Dolphins ins Spiel zurückfinden. Trotzdem warnt Belichick vor den Stärken des aktuellen NFC-Champions: "Sie sind ein qualitativ hochwertiges Team, und das auf jeder Position. Das Spiel wird eine große Herausforderung für uns, die Falcons sind vermutlich das schnellste Team, gegen das wir in dieser Saison spielen werden."
Patriots setzen auf Rob Gronkowski
In die gleiche Kerbe schlägt auch der Mann des Spiels gegen die Jets, Rob Gronkowski: "Atlanta hat unglaublich physische Spieler." Er spricht von einer Mannschaft, die gegen Tight Ends in dieser Saison noch keinen Touchdown zugelassen hat. Ein Schlüssel zum Erfolg wird auch dieses Mal sein, Gronkowski im Zaum zu halten.
Gronkowski selbst war beim Super-Bowl-Triumph verletzt nicht dabei, meidet aber aus einem ganz anderen Grund Aussagen über das letzte Duell gegen die Falcons: "Wir haben die klare Ansage bekommen, nicht über dieses Spiel zu sprechen." Vollste Konzentration auf die Gegenwart für die Spieler aus Foxborough.
In der Gegenwart hoffen die Falcons darauf, Vergangenes vergessen zu machen und die Schwächephase der Verteidigung der Patriots ausnutzen zu können. Dabei dürfen ihnen aber nicht so viele eigene Fehler passieren, wie das in den letzten zwei Spielen der Fall war. Dass die Offense aus Georgia liefern kann, steht außer Frage. Laut Football Outsiders führen sie die Liga in Yards pro Drive an, wenn die Falcons also in Ballbesitz kommen, wissen sie auch etwas damit anzufangen.
Falcons: Julio Jones häufiger anspielen
Einige Ideen des neuen neuen Offensive Coordinators Steve Sarkisian funktionieren also bereits, doch Quinn sieht vor allem in einer konkreten Personalie noch Entwicklungspotenzial: Er möchte mehr Targets auf Julio Jones sehen. Jones hat in dieser Saison noch keinen Touchdown erzielt, dies soll sich bereits gegen die Patriots ändern.
Seit 2014 ist Jones der Receiver mit den meisten Yards pro Spiel (104,8!), steht aber in diesem Zeitraum bei nur 0,4 Touchdowns pro Partie. Damit liegt er in dieser Statistik beispielsweise gleichauf mit einem Allen Hurns oder einem Jordan Matthews. Interessanterweise scheinen diese Zahlen aber zu einem gewissen Grad beabsichtigt zu sein: Während Ryan im Schnitt rund jeden dritten seiner Pässe auf Jones spielt, wenn Atlanta wenigstens 20 Yards von der Endzone entfernt ist, sinkt dieser Wert in der Red Zone plötzlich auf rund 17 Prozent.
Bei Sarkisians Einstellung im vergangenen Juni wurde er gefragt, was denn an Atlantas Offensive zu verbessern sei. Seine Reaktion: "Gibt es eine Möglichkeit, Jones mit mehr Pässen in der Red Zone zu füttern?" Eine mögliche Anpassung ist also gefunden, auch Quinn ist sich dessen bewusst: "Er ist unser Mann. Es gibt Situationen, da könnte er sich sogar gegen zwei Verteidiger durchsetzen."
Man darf sich also auf ein Offensiv-Spektakel freuen, denn darin liegen die Stärken beider Mannschaften. Vor allem die schwimmende Patriots-Defense darf den Falcons Hoffnung machen, vielleicht doch ein Stück weit Wiedergutmachung zu betreiben - auch wenn sie davon eigentlich gar nichts wissen wollen.
Patriots vs. Falcons - Preview im Kurzformat
New England Patriots (4-2) - Atlanta Falcons (3-2) (Mo., 2.30 Uhr live auf DAZN)
- Die Patriots sind das erste Team in der Geschichte, das in sechs aufeinanderfolgenden Spielen mindestens 300 Yards eines gegnerischen Quarterbacks zulässt.
- Dieses Matchup ist erst das achte Duell zweier Teams, die nach einer Super-Bowl-Teilnahme in der darauffolgenden Regular Season aufeinander treffen. Das letzte solche Duell fand allerdings erst im letzten Jahr statt, als die Denver Broncos in Week 1 die Carolina Panthers empfingen. Die amtierenden Super-Bowl-Champions haben in diesen Spielen eine Bilanz von 5-2.
- Die Atlanta Falcons überzeugen bislang mit einer effektiven Offense, sie erzielen im Schnitt pro Play 6,18 Yards (zweitbester Wert).
- Tom Brady verbuchte seinen ersten Start gegen ein NFC-Team gegen die Falcons im November 2001 im Georgia Dome. Die Patriots gewannen dank dreier Touchdowns von Brady mit 24:10.
- Die Patriots konnten die letzten fünf Duelle gegen Atlanta gewinnen, während die Falcons davor vier Siege in Serie erzielten.
- Tom Brady führt die NFL in Passing-Yards an (1.959) und ist zweiter in Touchdowns (13), Passer Rating (106,9) und Completions (153).
- Rob Gronkowski hat mit vier Touchdowns die meisten aller Tight Ends erzielt.
- Die Atlanta Falcons lassen 21,8 Punkte pro Spiel zu (15.), die Patriots sogar 26,5 (30.).
Das SPOX-NFL-Tippspiel, Week 7:
Florian Regelmann | Adrian Franke | Marcus Blumberg | Pascal De Marco | |
Chiefs @Raiders | Chiefs | Chiefs | Chiefs | Chiefs |
Buccaneers @Bills | Bills | Buccaneers | Bills | Bills |
Ravens @Vikings | Vikings | Vikings | Vikings | Vikings |
Jets @Dolphins | Dolphins | Dolphins | Dolphins | Dolphins |
Cardinals vs. Rams | Rams | Cardinals | Rams | Rams |
Jaguars @Colts | Jaguars | Jaguars | Jaguars | Jaguars |
Saints @Packers | Saints | Saints | Saints | Saints |
Panthers @Bears | Panthers | Panthers | Panthers | Panthers |
Titans @Browns | Titans | Titans | Titans | Titans |
Cowboys @49ers | Cowboys | Cowboys | Cowboys | Cowboys |
Broncos @Chargers | Broncos | Chargers | Chargers | Broncos |
Bengals @Steelers | Steelers | Steelers | Steelers | Steelers |
Seahawks @Giants | Seahawks | Seahawks | Seahawks | Seahawks |
Falcons @Patriots | Patriots | Falcons | Patriots | Patriots |
Redskins @Eagles | Eagles | Eagles | Eagles | Eagles |
Week 6 | 5-9 | 7-7 | 4-10 | 5-9 |
Insgesamt | 54-37 | 50-41 | 50-41 | 52-39 |