These: Dirk Nowitzki ist der beste Basketballer der Welt.
Philipp Dornhegge: Nein, der beste Basketballer der Welt ist LeBron James - und zwar mit inzwischen ordentlichem Vorsprung vor allen anderen Kandidaten. Die Playoffs haben den Beweis geliefert, dass MVP Derrick Rose und Durant noch ein, vielleicht sogar zwei Jahre auf die Weide müssen, und dass Kobe langsam nachlässt. Man kann über James als Typen denken, was man will - ich selber bin sicher nicht sein größter Fan -, als Spieler ist er das Nonplusultra: brutal schnell, brutal kräftig und mit absolutem Gardemaß ausgestattet. Dazu ist er spielintelligent, hat eine exzellente Übersicht und verteidigt wie ein Teufel. Sein Jumpshot ist vielleicht nicht elitär, ansonsten gehört er in jeder Hinsicht zur Creme de la Creme. Dieses Gesamtpaket bietet Nowitzki nicht. Seine Defense zum Beispiel habe ich bei vielen Gelegenheiten schon kritisch beäugt.
Henrik Rödl: Dass die Defense nicht Dirks größte Stärke ist, weiß jeder. Vor allem fehlt ihm in der Verteidigung die Schnelligkeit. Aber so krass sehe ich das nicht. Dirk kann mittlerweile mit seinen Schwächen umgehen und diese kompensieren. Seine 2,13 Meter müssen erst überwunden werden, außerdem hat er lange Arme und ein extrem gutes Timing und eine extrem gute Antizipation. Über seine Offensivqualitäten wurde bereits genug gesagt. Aber ihm dennoch den Titel als besten Basketballer zu geben, fällt mir schwer. Er profitiert derzeit davon, dass er in seinem Team mehr heraus sticht als Wade oder LeBron in Miami. Aber diese beiden sind fast auf dem gleichen Niveau, auch wenn im Moment Dirk der Beste ist.
Florian Regelmann: Die Betonung liegt auf "im Moment". Wenn man sieht, was Dirk gerade für eine Ausstrahlung hat, wie komplett er geworden ist und was für unmenschliche Würfe er trifft, gibt es da für mich keine zwei Meinungen. Ich würde mein gesamtes Hab und Gut verwetten, wenn Dirk zurzeit an der Freiwurflinie steht. Das ist so brutal automatisch. Ein paar Schüsse, die er getroffen hat, waren im "Wow-Faktor" auf Jordan-, Tiger- oder Federer-Niveau. Da haut es einen nachts echt vom Stuhl. Trotzdem möchte ich die Einschränkung machen, dass es eine Momentaufnahme ist. Novak Djokovic ist der beste Tennisspieler, im Moment. Luke Donald ist der beste Golfer, im Moment. Ryan Kesler ist wahrscheinlich der beste, weil kompletteste Eishockeyspieler, im Moment. Es gibt immer eine Gruppe an Jungs, die in ihrer Sportart ganz oben ist. Und da ist Dirk im Moment in der Tat das Nonplusultra.
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Haruka Gruber: Was soll diese Einschränkung "im Moment"? Dirk hat schon eine starke Regular Season gespielt. Rose war klasse, LeBron auch - aber wie Dirk trotz seiner Verletzung die Mannschaft getragen hat, wie effizient er gespielt hat, wie abhängig die Mavs von ihm waren. Wenn Dirk etwas angesehener wäre, hätten mehr Leute für ihn als Regular-Season-MVP abgestimmt. Und der Kritikpunkt von Philipp ist Quatsch: Klar ist Dirk kein Edelverteidiger, aber in den Playoffs hat Dirk auch defensiv den Ton angegeben. Als Chandler gegen die Thunder wegen seiner Fouls und seinem schwachen Rebounding verunsichert war, übernahm Dirk auch in der Defense und hat ordentlich J.J. Barea oder Brendan Haywood zusammgengestaucht, wenn sie nachlässig verteidigt haben. Wie Dirk zum Beispiel gegen Kendrick Perkins oder zuvor in der Lakers-Serie gegen Pau Gasol geackert hat - Respekt. Ich vermute, dass auch Bosh am Brett nicht viel zu melden hat, wenn es gegen Dirk geht. Und: Jeder bejubelt die neue Clutch-Qualität von LeBron, aber vor vier Wochen hat er nichts getroffen, wenn es ans Eingemachte ging. Dirk hingegen versenkt die wichtigen Würfe seit eh und je, egal gegen welchen Gegner.
Philipp Dornhegge: An der Tatsache, dass LeBron James der beste Basketballer der Welt ist, ändert es nichts. Aber Haruka hat insofern recht, dass Dirk offensiv ein wandelnder Matchup-Alptraum und mit einem Arsenal an Würfen ausgestattet ist. Auf der Welt ist das einzigartig. Die Art und Weise, wie ihn viele Amerikaner, egal ob Presse oder Fans, lange Zeit nur als einen von vielen guten Spielern gesehen haben, hat mich tierisch genervt. Besonders, dass er angeblich ein mittelmäßiger Playoff-Spieler sein soll, ist natürlich absurd. Insofern freue ich mich unheimlich, dass Nowitzki dieses Jahr so ziemlich jedem Kritiker das Maul gestopft hat. Plötzlich wird er mit Larry Bird und Michael Jordan in einem Atemzug genannt. Das ist vielleicht übertrieben, aber wenn er den Titel tatsächlich nach Dallas holt und die Dämonen von 2006 vertreibt, wäre er endgültig unsterblich.
Henrik Rödl: Das hätte sich Dirk verdient wie kaum ein anderer. Was die Einstellung anbetrifft, war er schon immer ein Phänomen. Bei ihm kommt alles zusammen: Talent, Fleiß, Spielintelligenz und Konzentration. Ich habe den Eindruck, dass er in allem, was er derzeit macht, besonders fokussiert ist. Er hat so einen Tunnelblick, den ich vorher nicht kannte. Der Blick muss für jeden Gegner Angst einflößend sein. Ich tippe auf ein knappes 4-3 für Dallas.
Haruka Gruber: 4-2 Dallas.
Philipp Dornhegge: Viel zu optimistisch, 4-2 für Miami.
Florian Regelmann: So leid es mir für Dirk tut: ebenfalls 4-2 Miami.
These 1: Miami hat keine Antwort auf Dirk Nowitzki.
These 2: Marion wird nach Durant auch James entnerven.