NBA

Franz Wagner vor seinen ersten Playoffs mit den Orlando Magic: Gelernt von den ganz Großen

Von Robert Arndt
Franz Wagner steht mit den Orlando Magic erstmals in den Playoffs.
© imago images

Franz Wagner wurde mit Deutschland im vergangenen Jahr Weltmeister, nun steht der 22-Jährige mit den Orlando Magic vor seinem nächsten Meilenstein - seiner ersten Playoff-Teilnahme. Es ist der Lohn einer stetigen Verbesserung, von den Magic und von Wagner, auch wenn ein Umstand weiter Sorgen bereitet.

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Die Erleichterung bei Franz Wagner war spürbar, als dieser nach dem Endspiel gegen die Bucks Rede und Antwort stehen musste. "Wir hatten ein so tolles Jahr und konnten uns heute dafür belohnen", meinte der Berliner, um aber sofort nachzuschieben. "Für uns kann das aber nur der erste Schritt sein."

Markige Worte von Wagner, der meist sehr bedacht mit seinen Antworten ist. Auch er wird in den vergangenen Tagen ein wenig den Druck gespürt haben. Orlando hatte die Playoffs im Prinzip in der Tasche, doch einige unnötige Pleiten sorgten für Nervenkitzel. Das junge Magic-Team hatte nun doch etwas zu verlieren, schließlich wackelte plötzlich die direkte Postseason-Qualifikation, nachdem man gut eine Woche zuvor sogar noch mit Platz zwei in der Eastern Conference flirtete.

Auch Wagner zeigte gegen Milwaukee zu Beginn ein wenig Nerven. Die ersten fünf Würfe gingen daneben, der 22-Jährige versuchte es bisweilen zu erzwingen, als er zum Beispiel per Drive Center Brook Lopez attackierte - mit wenig Aussicht auf Erfolg. Der Forward wurde ordentlich abgeräumt und nach einem Viertel saß es für Orlando nicht gut aus. Doch die Magic arbeiteten sich mit Defense wieder in die Partie, kamen so ins Rollen und verwandelten die Halle in ein Tollhaus.

Franz Wagner: Die Entwicklung ist linear

Viel zu feiern gab es in Orlando in den vergangenen Jahren auch nicht. Seit der Saison 2010/11 gewannen die Magic nur einmal über 40 Spiele, nach dem "Dwightmare" hatten die Magic stets Pech im Draft und fanden einfach keine Franchise-Spieler. Nun sind es deren zwei, zum einen Wagner und zum anderen Paolo Banchero, der ein Jahr nach dem Berliner als Top-Pick zum jungen Orlando-Team stieß und deswegen deutlich prominenter beworben wird, das lässt sich auch an der womöglich etwas frühen ersten All-Star-Teilnahme in dieser Saison festmachen. Bancheros Spiel ist lauter, seine rohen Zahlen besser, auch weil seine offensive Rolle etwas größer ist.

22 Siege in 2021/22, 34 in 2022/23 und nun satte 47 Erfolge in der abgelaufenen Spielzeit. Oft heißt es, dass die Entwicklung eines Spielers oder einer Mannschaft nicht linear erfolgt, in Orlando ist aber genau dies der Fall. Das gilt auch für Wagner, der mit seinen 22 Jahren und der Erfahrung bei der EM sowie Weltmeisterschaft bereits zu den dekoriertesten Spielern im Team zählt. Auf gerade einmal 91 Playoff-Spiele, verteilt auf vier Spieler (Markelle Fultz, Joe Ingles, Jonathan Isaac, Gary Harris), kommt der Kader der Magic, das sind weniger als Cavs-Backup-Center Tristan Thompson (94) auf seiner Habenseite hat.

Franz Wagner: Seine Statistiken in der NBA

SaisonSpieleMINPTSFG%3P%REBAST
2021/227930,715,246,835,44,52,9
2022/238032,618,648,536,14,13,5
2023/247232,519,748,228,15,33,7
GESAMT23131,917,847,933,24,63,4

Und doch dreht sich insbesondere offensiv fast alles um Banchero und Wagner, die womöglich talentierteste Flügelzange der Liga. Beide haben noch einmal einen Schritt gemacht, Banchero ist etwas effizienter geworden, sein Playmaking ist verbessert. Bei Wagner muss man dagegen etwas genauer hinschauen. Seine klassischen Stats sind alle durchweg Karrierebestwerte - mit einer großen Ausnahme. Nur 28 Prozent aus der Distanz sind fast acht Prozentpunkte weniger als in den beiden Jahren zuvor, es ist der eine schwarze Fleck für eine weitere starke Saison des Berliners.

Leider ist es eben ein wichtiger Faktor, da Orlando stets darum bemüht war, Banchero und Wagner zusammen in Sets zu verwickeln, oft mit Post-Ups für den noch amtierenden Rookie of the Year, während Wagner an der Dreierlinie respektiert werden musste. Inzwischen hat die NBA aber Wind davon bekommen, dass der Deutsche noch immer in einem Slump steckt, mehr und mehr wurde Hilfe geschickt. Gerade in den Playoffs, wenn sich Teams voll und ganz auf einen Gegner vorbereiten, wird dies ersichtlich, Wagner wird hier beweisen müssen, dass er weiter diese Würfe nimmt und im besten Fall auch trifft.

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© getty

Ganz zu verstehen ist das nicht. Wagner sah sich immer als Shooter, auch im Vorlauf des Drafts vor drei Jahren zeigte er sich verwundert darüber, dass es Stimmen gab, die seine Wurfqualitäten anzweifelten. 85 Prozent von der Freiwurflinie deuten zumindest an, dass er es eigentlich kann, im Draft-Workout warf der Ex-Alba-Spieler bei den berüchtigten Magic-Shooting-Drills kaum daneben.

"Ich werfe derzeit nicht besonders gut, aber ich versuche immer das richtige Play zu machen", meinte Wagner Anfang April, als er auf seinen Slump angesprochen wurde. Und genau das macht Wagner so wertvoll. Es sind nicht nur seine Worte, sondern auch seine Taten. Trotz seiner derzeitigen Wurfschwäche kommt Wagner weiterhin zum Korb, 45 Prozent seiner Abschlüsse nimmt der Berliner hier, was für einen Flügelspieler ein unverschämt guter Wert ist. Auch seine Erfolgsquote kann sich sehen lassen (67 Prozent).

Sein Eurostep ist kaum zu verteidigen, so macht er gewisse athletische Nachteile wett. Schon zu Beginn der Saison verriet Wagner, dass er darauf seinen Fokus gelegt habe. "Ich will näher an den Korb, möchte besser verzögern." All das sah man in dieser Saison, Wagner hat nicht mehr nur ein Tempo. Er manipuliert das Pick'n'Roll, hält den Gegenspieler auf seinem Rücken und wird immer besser darin, Kontakt zu suchen und mit diesem abzuschließen.

Franz Wagner: Lernen von den ganz Großen

"Ich schaue mir viele der Star-Spieler an", meinte Wagner in einem Podcast mit J.J. Redick. "Wie kann Luka [Doncic] immer wieder Platz in der Zone bekommen? Wie verändert Shai [Gilgeous-Alexander] das Tempo? Wie kreiert Jimmy [Butler] Kontakt? Wie kann er in einem Spiel 18-mal an die Freiwurflinie gehen?" Viele solcher Elemente finden sich nun auch in Wagners Spiel wieder, auch wenn er selbst noch nicht das Niveau der genannten Beispiele erreicht hat.

Wir reden an dieser Stelle aber auch von mehrmaligen All-Stars und MVP-Kandidaten. Es zeigt aber auch die Ambitionen, die Wagner besitzt. Mitteldistanzwürfe sieht man inzwischen kaum noch, es sind fast nur noch Drives und Dreier nach dem alten Moreyball-Prinzip. Wagner muss dabei aber kein Fixstern der Offense sein, mit seiner Bewegung und klugen Cuts bleibt er stets gefährlich, auch so kann das schwache Shooting bisweilen kaschiert werden.

"Er ist nicht von seinem Wurf abhängig, weil er so viele andere Aspekte ins Spiel bringt", lobte auch Mosley. "Er kann für andere kreieren, er kann am Ring abschließen, er ist defensiv fantastisch, weil er gegen Switches von Eins bis Vier verteidigen kann." Man kann so etwas als einen "Winning Player" bezeichnen, es ist kein Zufall, dass Orlando in allen drei Jahren mit Wagner deutlich besser auf dem Feld war als ohne ihn (in dieser Saison: +5,3, zum Vergleich: Banchero ist -9,1).

Gewissermaßen hat dies auch mit den Rotationen zu tun, gerade die Linueps mit Cole Anthony, Bruder Moritz und Jonathan Isaac (+12,5) waren für die Magic in dieser Saison enorm ertragreich, auch wenn Shooting auch hier meist Mangelware war.

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© getty

Franz Wagner: Gegen die Cavs lief es in der Saison nicht

Und genau das könnte im Hinblick auf das Matchup gegen Cleveland ein Problem werden. Die Cavs-Defense definiert sich über ihr Double-Big-Lineup bestehend aus Evan Mobley und Jarrett Allen, am eigenen Ring zählen sie zu den drei besten Teams der Liga, entsprechend schwer tat sich Wagner in den vier Duellen mit den Cavs. Im Schnitt verbuchte der 22-Jährige nur 16 Punkte bei 39,3 Prozent aus dem Feld, Cleveland versteht es, die Zone zu verstopfen, was wieder den Blick auf Wagners Wurf richten wird.

Die Cavs hatten zuletzt zwar selbst massive Probleme und stehen ob der ungewissen Zukunft von Donovan Mitchell sowie der enttäuschenden Serie gegen die New York Knicks massiv unter Druck, auf dem Papier hat Cleveland aber dennoch das bessere Team. Das ist die Theorie, doch in Orlando glaubt man an seine Chance.

"Wir reden davon seit Saisonbeginn, wir haben keine Angst", versicherte Banchero. "Jeder freut sich auf die Aufgabe und ist bereit alles zu geben" Warum schließlich auch nicht? Schließlich hatten die Magic bereits ihr Endspiel am vergangenen Sonntag.

Cleveland Cavaliers vs. Orlando Magic: Die Serie im Überblick

SpielDatumUhrzeitHeimAuswärts
120. April (Sa)19 UhrCleveland CavaliersOrlando Magic
223. April (Di)1 UhrCleveland CavaliersOrlando Magic
326. April (Fr)1 UhrOrlando MagicCleveland Cavaliers
427. April (Sa)19 UhrOrlando MagicCleveland Cavaliers
5*tbatbaCleveland CavaliersOrlando Magic
6*tbatbaOrlando MagicCleveland Cavaliers
7*tbatbaCleveland CavaliersOrlando Magic

* wenn benötigt

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