1. Was hätte für die Mavs noch schief gehen sollen?
Was Dallas Mut machen sollte: Es musste (vor allem in der Endphase) nahezu alles schief gehen, um dieses Spiel mit einem mickrigen Punkt 99:100 zu verlieren. Dabei standen auch die Schiedsrichter kurz im Fokus. Schnell kursierten wilde Spekulationen im Netz, dass die Liga und ihre Referees doch sehr daran interessiert wären, die Serie möglichst in die Länge zu ziehen. Um das direkt klarzustellen: Dieser Vorwurf ist natürlich maßlos übertrieben.
Es gab zwei Szenen im vierten Viertel, über die fleißig diskutiert werden kann. Rudy Gobert traf Luka Doncic unter dem Korb mit dem Arm im Gesicht, die Szene wurde geprüft und als nicht strafbar eingestuft. "Ich dachte, dass es ein technisches Foul sein sollte. Aber sie haben es sich angeschaut und dann ist es wohl kein Foul", sagte Doncic dazu. Bevor Donovan Mitchell ein lebensnotwendiges Dreipunktspiel gelang, hatte er sich mit dem Ellbogen ordentlich Platz verschafft, auch hier blieb die Pfeife stumm. Sehr fragwürdig.
Die Jazz nahmen 42 Freiwürfe, Dallas 23 (in Spiel 3 war es umgekehrt) und sicherlich hätten auch einige Entscheidungen in die andere Richtung gehen können. Es ist müßig, einzelne Sequenzen auseinanderzunehmen. Was viel wichtiger aus Mavs-Sicht ist: Trotz der geschilderten Umstände sowie der Tatsachen, dass die Bank mit 9 Punkten überhaupt kein Faktor war und mehrere Rollenspieler durchwachsene Leistungen zeigten, war das Spiel bis zur letzten Sekunde offen.
Dallas war mit einer Bilanz von 29-12 eines der besten Heimteams in der Regular Season, mit zwei Siegen vor heimischer Kulisse kann der Einzug in die nächste Runde perfekt gemacht werden. Fraglos ist es ärgerlich, die große Chance auf die Vorentscheidung ausgelassen zu haben - Dwight Powell vergab in der Schlussminute sogar noch zwei Freiwürfe. Aber während die Jazz um ihre nahezu letzte Chance kämpften, um am Leben zu bleiben, sind die Aussichten für die Mavs weiterhin positiv. So sieht es auch Doncic.
2. Dinwiddie muss auch in kleinerer Rolle liefern
Wenig überraschend lief bei Dallas direkt wieder nahezu alles über Doncic, wenn der Slowene auf dem Feld stand - in der Crunchtime möglicherweise zu viel. Das eine ums andere Mal suchte er zu sehr den eigenen Abschluss, als die Jazz ihn doppelten und teilweise trippelten, fand er jedoch auch seine Mitspieler, die mal mehr und mal weniger lieferten. "Er hat einen unfassbaren Job gemacht und uns in die Position gebracht, ein Auswärtsspiel zu gewinnen", war Head Coach Jason Kidd mit der Leistung seines Superstars zufrieden.
Doch die Doncic-Rückkehr hatte auch Auswirkungen auf die weiteren Backcourt-Spieler der Mavs: Während Jalen Brunson in der Starting Five blieb und nach Anlaufschwierigkeiten im ersten Viertel eine ordentliche Leistung zeigte (23, 7/18 FG), ließ sich dies über eine der positiven Überraschungen der vergangenen Wochen nicht sagen: Spencer Dinwiddie.
Der Ex-Wizard rückte auf die Bank (eine Rolle, die er bereits vor Doncics Verletzung innehatte) und sollte in den Minuten ohne Doncic die Offensive am Laufen halten. Dies gelang jedoch überhaupt nicht. Dinwiddie traf nur 2 seiner 9 Würfe, spielte 3 Assists bei 2 Ballverlusten und kam mit -18 auf das deutlich schlechteste Plus/Minus aller Spieler, die auf beiden Seiten eingesetzt wurden.
Klar ist, dass die Minuten und die Spielanteile für Dinwiddie mit Doncic wieder ein wenig zurückgehen werden. Dies bedeutet aber nicht, dass der Guard für Dallas nicht wertvoll sein kann (und muss). Im Gegenteil: In der Regular Season hatte Dinwiddie im April 50 Prozent aus dem Feld und aus der Distanz getroffen. Im März waren es immerhin 46,8 und 37,3 Prozent. Gegen die Jazz steht er bei furchtbaren 31 Prozent aus dem Feld und 16,3 Prozent vom Perimeter.
Die Wurfauswahl ist oft schlecht, während er Momente für den Drive zum Korb verpasst. Momente, wenn der Ball weitergespielt werden muss, werden verpasst. Dinwiddie agiert schlicht und ergreifend ineffizient und auch auf der defensiven Seite des Balles gibt es Luft nach oben. Eine bessere Leistung von Dinwiddie ist auch mit Doncic unerlässlich, um erfolgreich zu sein. In Spiel 4 wurden neun Spieler eingesetzt, Davis Bertans nur drei Minuten. Alternativen zu Dinwiddie im Backcourt gibt es keine, sollte er in Spiel 5 erneut 24 Minuten spielen, muss er diese wieder deutlich besser nutzen.