Kerr war ein Winner, der nicht selten in entscheidenden Situationen traf und sich auch deshalb (nicht nur wegen Prügeleien) mit Jordan nach dessen Comeback verstand. 1997 traf er den Jumper zur Meisterschaft, natürlich nach Pass von MJ. Als dieser 1998 zurücktrat, wurde Kerr zu den Spurs getradet, wo er 1999 und 2003 zwei weitere Titel gewann.
"Ich hatte schon meine ganze Karriere über Glück", sagte Kerr in seiner üblichen selbstironischen Art, nachdem er 2015 auch als Head Coach seinen ersten Ring einsammeln durfte. "Ich lande neben Michael Jordan oder Tim Duncan oder jetzt Steph und Klay ... ich bin der glücklichste Typ auf der Welt."
Von den besten Coaches geformt
Dabei waren es nicht nur die Spieler, die Kerrs Werdegang prägten. Am College spielte er für den legendären Lute Olson, in der NBA unter anderem für Phil Jackson und Gregg Popovich, die beiden vielleicht besten Head Coaches der Liga-Geschichte. Beide prägten ihn vor allem deshalb, weil sie wie er weit über den Tellerrand des Basketballs hinausblickten.
Seitdem er 2014 als Head Coach fungiert, nachdem er vorher auch als General Manager und TV-Analyst arbeitete, predigt er seinen Spielern, dass sie den Sport ernst, aber nicht zu ernst nehmen sollen, da es wichtigere Dinge gibt. Deswegen ist für ihn kein Thema außerhalb des nächsten Gegners tabu, auch wenn es etwa um seine Familiengeschichte geht.
"Ich habe von Pop und Phil gelernt, dass ich meine eigenen Erfahrungen als Kind bei meinem Coaching nutzen konnte", erklärte Kerr der New York Times. "Um dadurch eine Verbindung mit Spielern herzustellen, die auf einer gesunden Perspektive beruht. Es geht darum, Spaß zu haben und nicht alles zu ernst zu nehmen."
Steve Kerr prügelte sich einst fast mit Draymond Green
Das heißt nicht, dass Kerr der Sport egal wäre - im Gegenteil. Schon als Spieler galt er als sehr ehrgeizig und bisweilen sogar hitzköpfig, als Head Coach ist das nicht anders. Taktikbretter werden nicht selten zerstört, einmal prügelte er sich beinahe mit Draymond Green. Auch mit nun 54 Jahren und nach Rückenproblemen, die ihn große Teile der 2015/16er Saison verpassen ließen, ist er keiner, der sich alles gefallen lässt.
Gleichzeitig versucht er stets, die Dinge im richtigen Verhältnis zu sehen. "Wenn man früh in seinem Leben eine Tragödie erlebt, dann bekommt man eine gute Einschätzung davon, wie fragil die Dinge sind", so Kerr. "Wenn man also Teil von etwas Gutem ist, dann will man es festhalten. Denn man weiß, dass nichts für immer bleibt."
Kerr legt einen großen Wert auf Harmonie und Kooperation, er bezieht die Meinungen aller Assistant Coaches, Scouts und auch Spieler mit in seine Entscheidungen ein. Sein Erfolg mit den Warriors mit drei Meisterschaften in fünf Jahren gibt ihm Recht, auch wenn er Kevin Durant nie komplett in diese Harmonie eingliedern konnte und von diesem zeitweise sogar öffentlich attackiert wurde.
Steve Kerr: Von Donald Trump attackiert
Es ist nicht möglich, es allen recht zu machen. Kerr versucht dies auch nicht, gerade über die letzten Jahre nutzt er seine große Plattform regelmäßig, um sich auch zu gesellschaftlichen Themen zu äußern. Kerr ist seit Jahren offen gegen die US-Waffengesetze, kritisiert die NFL und das Weiße Haus; Donald Trump hat auch ihn bereits namentlich attackiert.
Kerr lässt sich von nicht aus der Ruhe bringen, zumindest nicht dauerhaft. Er hat große Teile seines Lebens in Schlagzeilen verbracht - selbst wenn er dabei in den meisten Fällen nicht der Hauptdarsteller war. Das Angenehmste an Kerr ist womöglich, dass er selbst das auch nie behaupten würde.