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"Hatte mein Dealen auf ein neues Level gehoben": Aufstieg und Fall von Damian Lillards Idol und All-Star Steve Francis

Steve Francis begeisterte für einige Jahre die Fans der Houston Rockets.
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Steve Francis, der heute seinen 47. Geburtstag feiert, war für einige Jahre einer der spektakulärsten Spieler der NBA, doch noch vor dem Beginn seiner Blütezeit katapultierte er sich selbst ins Abseits. Dass er überhaupt so weit gekommen war, kam einem Wunder gleich.

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Dieser Artikel erschien erstmals am 12. Mai 2020. Hier findet Ihr alle weiteren Geschichten zu den Legenden der NBA.

Wer über Pioniere auf der Point-Guard-Position in den vergangenen 20 Jahren nachdenkt, wird nicht an erster Stelle bei Steve Francis landen, auch nicht an zweiter, dritter oder zehnter. Der heute 47-Jährige ist mittlerweile kaum noch ein Begriff, seine gute Zeit war zu kurz, zu viele Spieler nach ihm haben seinen Namen verdrängt.

Dabei war Francis durchaus ein Prototyp: Der erste über-athletische Einser, ein Vorbild für Derrick Rose oder Russell Westbrook. Dreimal war er All-Star, legte in seinen ersten fünf NBA-Jahren stets über 15 Punkte, 5 Rebounds und 5 Assists auf - nur Oscar Robertson, Magic Johnson und Grant Hill hatten das vor ihm geschafft. Der Spitzname "The Franchise" kam nicht von ungefähr.

Mit 30 Jahren jedoch war seine Karriere beendet und ein Star war Francis zu diesem Zeitpunkt schon seit Jahren nicht mehr. Persönliche Probleme standen ihm mehr noch als Verletzungen im Weg - und je mehr man sich mit Francis' Geschichte befasst, desto schwerer wird es zu glauben, dass er es überhaupt bis in die NBA schaffte.

Steve Francis: Drogenhandel und persönliche Tragödien

Francis wächst in Takoma Park, Maryland bettelarm auf, wird von seiner Mutter und seinen älteren Brüdern erzogen, weil sein Vater für 20 Jahre (Bankraub) im Gefängnis sitzt. Mit zehn Jahren steigt er als Späher ins Drogengeschäft ein, spielt Basketball zwar zum Zeitvertreib, aber ohne große Ambitionen. Drogen und Gewalt sind sein Alltag, ein Ausweg ist nicht in Sicht, obwohl er mit den Jahren einigen Talentscouts auffällt.

Als Francis 18 ist, stirbt seine Mutter an Krebs, und er will von Basketball nichts mehr wissen. "Ich habe komplett mit Basketball aufgehört", schrieb Francis 2018 im Players' Tribune. "Ich habe die Schule verlassen und mein Dealen auf ein neues Level gehoben. Mein Plan war, mein eigenes kleines Reich aufzubauen, bis ich entweder erschossen oder verhaftet werde."

Die Rettung kommt in Form eines Kaderplatzes, allerdings nicht an einer renommierten Uni. Das Junior College San Jacinto in Texas wirbt um Francis und seine Großmutter überzeugt ihn davon, dem Ganzen zumindest eine Chance zu geben. Folglich holt er sich den Schulabschluss und verlässt erstmals seine Heimat, seine Komfortzone, die mit der klassischen Definition von Komfort allerdings überhaupt nichts gemein hatte.

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Steve Francis: Trade-Wunsch vor dem ersten NBA-Spiel

San Jacinto stellt für ihn folglich einen "Kulturschock" dar, der Schritt ist jedoch goldrichtig. Francis hat endlich etwas Stabilität im Leben und spielt wie von der Tarantel gestochen: Mit San Jacinto bleibt er ein Jahr lang ungeschlagen, wechselt danach ans Allegany College of Maryland und wiederholt das Kunststück mit einem weiteren Junior College. Dann folgt der Schritt nach oben.

Durch seine Dominanz an den kleineren Colleges ruft er die größeren auf den Plan, wechselt letztlich an die heimische University of Maryland, debütiert im stolzen Alter von 21 Jahren in der NCAA. Das schreckt jedoch niemanden ab. Nach einem abermals dominanten Jahr für die Terps wird Francis 1999 an Position 2 von den Vancouver Grizzlies gedraftet.

Er stellt sich den NBA-Fans vor, indem er sich nicht nur keineswegs darüber freut - sondern auch postwendend einen Trade fordert. Francis kann es sich beim besten Willen nicht vorstellen, so weit weg von der Heimat für ein Team zu spielen, das ohnehin bald umziehen soll.

Das bringt ihm harsche Kritik ein, doch er bekommt seinen Willen. Im damals größten Trade der NBA-Geschichte mit insgesamt elf involvierten Spielern wird er zu den Houston Rockets weitergeschickt. Es ist der Startschuss für die wohl beste Zeit seines Lebens.

Steve Francis: Kein klassischer Point Guard

In Houston wird der Highflyer zu einer Attraktion. Im ersten Jahr teilt er sich den Rookie-of-the-Year-Award mit Elton Brand, 2000 ist er neben Vince Carter und Tracy McGrady am wohl besten Dunk Contest der Geschichte beteiligt, 2002 ist er erstmals All-Star.

Die Rockets sind nach dem Abschied von Hakeem Olajuwon und Charles Barkley zwar kein Top-Team, 2002 kommt jedoch Verstärkung in Person eines Nr.1-Picks namens Yao Ming. "The Franchise" und "The Dynasty" sollen fortan zu den besten Duos der Liga gehören, 2004 erreichen sie erstmals die Playoffs. Doch dann folgt der Bruch.

Jeff Van Gundy, ab 2003 Head Coach der Rockets, ist von Beginn an kein großer Fan von Francis, weil dieser eben kein traditioneller Point Guard ist und mehr auf den eigenen Wurf schaut (womit er heute freilich ein ganz normaler Point Guard wäre). Francis verliert den Ball zu oft, liebt ineffiziente Würfe und verteidigt inkonstant. Style kommt bei ihm nicht selten vor Substanz.

"Jeff wollte ihn sofort traden, als er den Job übernahm", sagte Ex-Rocket Maurice Taylor später zur New York Times. Im Sommer 2004 bekommt er seinen Wunsch.

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Steve Francis: Per Trade zu den Orlando Magic

Francis ist Teil des Pakets, mit dem die Rockets Tracy McGrady aus Orlando loseisen, von nun an soll er dem nächsten Nr.1-Pick-Center den Start in die NBA erleichtern und spielt mit dem blutjungen Dwight Howard zusammen. Im ersten Jahr bei den Magic spielt Francis mit 21,3 Punkten im Schnitt noch stark, er selbst bezeichnete die Zeit in Orlando später jedoch als "nicht der Rede wert".

Das ist nachzuvollziehen. Francis stänkert vermehrt hinter den Kulissen, nachdem sein guter Kumpel Cuttino Mobley getradet wird. In der Folgesaison ist auch er dran und wird zu den Knicks weitergeschickt, deren Kader zu diesem Zeitpunkt mit unter anderem Stephon Marbury und Eddy Curry bereits wie das Experiment eines verrückten Professors (in diesem Fall Isiah Thomas) daherkommt.

Francis absolviert insgesamt 68 Spiele für die Knicks, 2007/08 heuert er noch einmal für zehn Spiele in Houston an, kann sich dort jedoch nicht durchsetzen. Ein verheerendes Intermezzo in China später ist die Laufbahn, die zu diesem Zeitpunkt eigentlich auf ihrem Höhepunkt sein sollte, beendet. Die Frage, was genau schief gelaufen ist, beschäftigt fortan nicht nur Fans der Rockets.

Die NBA-Statistiken von Steve Francis

SaisonTeamSpielePunkteReboundsAssists
99/00Rockets77185,36,6
00/01Rockets8019,96,96,5
01/02Rockets5721,676,4
02/03Rockets81216,26,2
03/04Rockets7916,65,56,2
04/05Magic7821,35,87
05/06Magic/Knicks7014,44,14,9
06/07Knicks4411,33,63,9
07/08Rockets105,52,33
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Steve Francis verkaufte Crack und trank

Verletzungen spielten eine Rolle, ein dem Vernehmen nach nicht einfacher Charakter ebenfalls. Allen voran ist Francis jedoch nie komplett den persönlichen Tragödien entkommen, die sein Leben umgaben. Dies zeigte sich vor allem nach der aktiven Laufbahn - nachdem sich sein Stiefvater, der eine riesige Rolle in seinem Leben spielte, das Leben nahm.

Mehrfach wurde Francis nach seiner Karriere verhaftet, für Alkohol am Steuer, aber auch für einen Einbruch. Sogar Gerüchte darüber, dass er nun selbst Crack konsumieren würde, machten bald die Runde. "Das brach mein Herz", sagte Francis dazu. "Ich habe Crack verkauft, als ich aufgewachsen bin. Aber ich habe es nie selbst genommen."

Die Erklärung sei eine andere. "Was ist mit Steve Francis passiert? Ich habe schwer getrunken", sagte Francis. "Und das kann genauso schlimm sein. Innerhalb von wenigen Jahren habe ich Basketball verloren, meine ganze Identität und meinen Stiefvater."

Steve Francis: Ein Vorbild für Damian Lillard

Francis geriet in eine Abwärtsspirale, aus der er lange nicht herauskam und die ihn auch nach dem Artikel im Tribune, in dem er seine Probleme eingestand, noch einige Male in negative Schlagzeilen brachte. Vielen NBA-Fans ist er daher heutzutage nur noch aufgrund seiner Eskapaden und seinem unrühmlichen Abschied aus der Liga ein Begriff.

Dabei war Francis über einige wenige Jahre ein Biest - kein unfehlbarer Superstar, aber doch ein explosiver Dynamo, der so einige junge Fans inspirierte. Wie zum Beispiel Damian Lillard, der Francis seit Jahren als eines seiner großen Idole bezeichnet.

Dessen Höhen hat Francis nie erreicht, und doch ist er gewissermaßen ein Wegbereiter für das heutige Point-Guard-Spiel. Das ist aller Ehren wert für jemanden, dem schon mit zehn Jahren ein völlig anderes Leben vorbestimmt zu sein schien.

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