Vor der Saison galt Wiseman als Top-Prospect in den USA. Der lange, athletische Center wurde schnell als potenzieller Defensiv-Anker gehandelt und überzeugte auch in seinen ersten Spielen für die Memphis Tigers, bei denen mit Penny Hardaway ein waschechter Hall of Famer an der Seitenlinie steht.
Doch die enge Beziehung zum früheren Point Guard kostete Wiseman letztlich die College-Karriere. Hardaway hatte die Wiseman-Familie vor einigen Jahren beim Umzug nach Memphis finanziell unterstützt. Da Hardaway in den vergangenen Jahren auch als Spender für die University of Memphis in Erscheinung trat, wertete die NCAA dies als Anwerbungsversuch und suspendierte Wiseman nach drei Spielen.
Wiseman und sein Camp fochten die Entscheidung der NCAA an, scheiterten dabei aber. So zog der Teenager die Reißleine und verließ die Uni im Dezember aus freien Stücken. Seither bereitet sich der Center individuell auf den Draft vor.
Die Statistiken von James Wiseman am College
Spiele | Minuten | Punkte | FG% | FT% | Rebounds | Blocks |
3 | 23,0 | 19,7 | 76,9 | 70,4 | 10,7 | 3,0 |
So absolvierte Wiseman letztlich nur drei Partien für die Tigers, nur eine gegen einen echten Gegner. Die Zahlen mit knapp 20 Punkten, 10 Rebounds und 3 Blocks in nur 23 Minuten sehen sehr saftig aus, gegen das starke Oregon hatte Wiseman dann aber Foulprobleme und konnte erst im zweiten Durchgang seinen Hype rechtfertigen.
So ist Wiseman die vielleicht größte Unbekannte im Draft und stellt auch ein gewisses Risiko dar. Es ist eine Sache, auf High-School-Niveau zu dominieren, es ist eine andere, das auch auf dem College und später in der NBA zu bestätigen.
James Wiseman: Stärken
- Der 19-Jährige sticht auf dem Feld definitiv heraus. Mit 2,16 Meter und einer Spannweite von 2,29 Meter gibt es in der NBA nur wenige Spieler, die ihm hier das Wasser reichen können. Entsprechend sollte Wiseman gerade in Ringnähe ein echtes Hindernis für Gegenspieler werden. Der Big Man besitzt bereits ein gutes Timing und versteht es, vertikal mit ausgestreckten Armen zu verteidigen. Gerade deswegen vergleichen ihn nicht wenige mit Rudy Gobert von den Utah Jazz, der in dieser Disziplin seit Jahren der Goldstandard der NBA ist.
- Seine Athletik hilft Wiseman auch im Offensiv-Spiel. Seine gesetzten Blöcke haben zwar noch Luft nach oben, dennoch wird Wiseman im Pick'n'Roll eine echte Waffe sein, da er dank seines flüssigen Bewegungsablaufs schnell zum Korb abrollen und dort auch effizient abschließen kann. Die gute Körperkoordination kommt ihm auch in Transition entgegen, wo Wiseman auf dem College zeigte, dass er schnell umschalten und so als Zielspieler, der hochprozentig abschließt, eingesetzt werden kann.
- Wiseman mag zwar nicht der größte Springer sein, doch alleine durch seine Länge wird er immer eine Gefahr am offensiven Brett sein. Meist schnappt er sich dabei gar nicht den Ball, sondern versucht sofort, den Ball via Dunk oder Tip-In im Korb unterzubringen.
James Wiseman: Schwächen
- Trotz seiner imposanten Erscheinung ist Wiseman keiner, der Gegenspieler durch die Zone schubst. Es fehlt noch die Stabilität in den Beinen, um kleinere Gegner zu bestrafen. So endeten in der Vergangenheit einige Postups in Fadeaways und nicht etwa in klaren Aktionen zum Ring. Gleiches lässt sich auch über seine Arbeit am defensiven Brett sagen. Wiseman verliert noch zu oft seine gute Position, weil er nicht solide ausboxt.
- Die große Schwäche in seinem Spiel ist die Verteidigung des Pick'n'Rolls, dem meistgenutzten Spielzug in der NBA. Hier spielen zwei Faktoren eine Rolle. Einerseits fehlt es Wiseman noch an der benötigten Fußarbeit, um auch kleinere Spieler vor sich zu halten, andererseits versteht es der Teenager noch nicht, den Raum abzudecken. Das muss dringend besser werden, damit ihn NBA-Teams in der Zukunft nicht vom Feld spielen können.
- Offensiv fehlt bisweilen noch das Spielverständnis. Als guter Passgeber ist er noch nicht aufgefallen, dazu verlässt er meist nur ungern die Zone. Der Wurf bleibt ebenso eine Baustelle, auch wenn 70 Prozent von der Freiwurflinie ein wenig Hoffnung machen. Vermutlich wird Wiseman im Laufe seiner Karriere hin und wieder einen Dreier einstreuen können.
James Wiseman: Passt er in die moderne NBA?
Wiseman ist ein schwieriger Fall, vom Top-Pick bis Position sechs, sieben ist eigentlich alles möglich. Das liegt zum einen an der bereits gut bestückten Center-Position bei den meisten Teams, zum anderen aber auch an der Frage, welche Rolle Wiseman in seiner NBA-Karriere spielen wird.
Ein Bust a la Jahlil Okafor wird er wohl nicht, dafür sollte seine Defense zu gut sein. Fraglich ist aber, ob Wiseman ein solch guter Big Man werden kann, der es rechtfertigt, einer der ersten Picks zu werden. Denn: Gute Center gibt es im Moment in Hülle und Fülle, während vor allem Guards und Flügelspieler benötigt werden.
Gleichzeitig ist es schwer vorstellbar, dass Wiseman ein echter Franchise-Center werden kann. Stattdessen sollte in Wiseman eher ein elitärer Rollenspieler a la DeAndre Jordan in seiner Prime stecken (mit ein wenig mehr Wurfpotenzial), der hinten aufräumt und vorne nur vereinzelt eingesetzt wird. Kann das Wiseman mit seinem Selbstverständnis vereinbaren?