Wer an die Milwaukee Bucks denkt, hat automatisch ein Bild von Giannis Antetokounmpo vor den Augen. Richtigerweise, wenn man bedenkt, dass der Greek Freak als ganz heißer Anwärter auf die MVP-Throphäe gehandelt wird. Den guten Start (10-3) des Teams aus Wisconsin allerdings nur auf die Leistungen von Antetokounmpo zurückzuführen wäre ein großer Fehler.
Um Erfolg zu haben, braucht jeder Superstar mindestens zwei oder drei Zuarbeiter auf höchstem Niveau an seiner Seite. Bei den Bucks bekommt Giannis diese Hilfe in dieser Saison von vielen Spielern, nicht zuletzt vom neuen Coach Mike Budenholzer - allerdings auch in fast schon unheimlicher Konstanz von Khris Middleton.
Khris Middleton: Solide und unglaublich wichtig
Es gibt wohl nicht viele Spieler, die man mit dem Wort "solide" besser beschreiben würde als Middleton. Kaum ein Spieler bringt seine Leistungen an beiden Enden des Feldes in einer vergleichbaren Konstanz und Qualität, ohne dabei irgendwelche Ansprüche zu stellen oder jemals in den Vordergrund gestellt zu werden. Kaum zu glauben also, dass von Middleton die Zukunft der Franchise abhängen könnte.
Zunächst allerdings ein Blick zurück in den April: Die Bucks verlieren in sieben Spielen gegen die Celtics und müssen schon nach der ersten Playoff-Runde die Segel streichen. Middleton legt im Schnitt 24,7 Punkte auf und trifft dabei unfassbare 61 Prozent seiner Dreier (in der Regulären Saison 2017/18 waren es noch 35,9 Prozent). Trotz Ausscheiden ein Warnschuss an die Konkurrenz - der später zu einem regelrechten Feuerwerk ausarten sollte.
Die Bucks und Khris Middleton treffen die Dreier
Denn spätestens seit der Vorstellung von Budenholzer und den Verpflichtungen von Brook Lopez, Ersan Ilyasova und Donte DiVicenzo hat sich der Spielstil der Milwaukee Bucks um 180 Grad gewandelt.
Aus einem Iso-Team, das sich in den letzten Jahren hauptsächlich auf die Abschlussstärke am Korb verlassen hatte und für das Spacing ein Fremdwort war, ist die Mannschaft geworden, die bisher nach Houston die meisten Dreier der ganzen Liga nimmt (40,5 pro Partie). Das neue System von Budenholzer hat die Statik im Halbfeld der Bucks wie in Luft aufgelöst und bringt stattdessen Ballmovement und effizientere Wurfauswahl.
Zugute kommt das vor allem Middleton, der auch in der Vergangenheit schon einer der besseren Schützen im Kader der Bucks war. "Ich muss mir die Punkte nicht selber erarbeiten", lobt Middleton das neue System: "Wir spielen einfach im Rhythmus der Offensive und dann funktioniert alles von alleine." Pro Spiel versucht er sich in dieser Saison an 7,5 Dreiern, von denen er starke 46,4 Prozent versenkt. Insgesamt steuert Middleton starke 19 Punkte pro Spiel bei.
Khris Middleton: Das All-Around-Paket stimmt
Bemerkenswert ist dabei besonders, dass die Durchschnittswerte nicht durch zwei oder drei explosionsartige Spiele verfälscht sind, sondern tatsächlich in so gut wie jedem Spiel erreicht werden. So hat Middleton beispielsweise in jeder der 13 Partien mindestens zwei Dreier verwandelt und immer zweistellig gepunktet.
Und selbst wenn er mal einen Abend hat, an dem der Wurf nicht wie gewohnt fallen will, besticht er durch andere Fähigkeiten. Bestes Beispiel war die Performance beim 134:111-Sieg gegen die Golden State Warriors. Middleton fand während der kompletten Spielzeit nicht wirklich zu seinem Wurf (6-16 FG, 2-9 3FG), stand mit seinen 29 Minuten aber so lange auf dem Parkett wie kein anderer Bucks-Spieler.
Das lag einerseits an seiner Fähigkeit, in der Offensive auch an einem weniger guten Abend das nötige Spacing zu bringen, nicht zuletzt aber auch an seiner starken Defensive. Sicherlich braucht es gegen die Warriors auch immer das nötige Quäntchen Glück, dennoch war es kein Zufall, dass sich der amtierende Meister an Middleton und Co. die Zähne ausbiss (35,7 Prozent Dreierquote).
Trotz der schwachen Wurfquoten kam Middleton am Ende des Spiels auf ein Plus/Minus-Rating von +33 und sammelte die meisten Assists (6) und Steals (3) seines Teams. Es ist das All-Around-Paket, was ihn so wichtig für Coach Budenholzer macht.
Khris Middleton: Statistiken pro Spiel
Saison | Punkte | FG% | 3er% | Rebounds | Assists |
2018/19 | 19,0 | 45,3 | 46,4 | 5,0 | 4,2 |
2017/18 | 20,1 | 46,6 | 35,9 | 5,2 | 4,0 |
2016/17 | 14,7 | 45,0 | 43,3 | 4,2 | 3,4 |
2015/16 | 18,2 | 44,4 | 39,6 | 3,8 | 4,2 |
2014/15 | 13,4 | 46,7 | 40,7 | 4,4 | 2,3 |
Khris Middleton wird im Sommer Free Agent
Bucks-Fans haben aktuell also allen Grund zum Jubeln. Endlich spielt das Team einen ansehnlichen und weitestgehend erfolgreichen Basketball und nach dem Sieg über die Warriors wurden sogar leise Hoffnungen auf eine Finals-Teilnahme laut. Völlig aussichtslos scheint das Unterfangen angesichts der neuen Stärke zwar nicht, gerade nach dem Trade der Sixers für Jimmy Butler ist das Rennen allerdings nicht unbedingt entspannter geworden.
Schaut man sich die aktuellen Verträge des Kaders an, befinden sich die Bucks diese Saison allerdings schon fast in einer Win-Now-Situation. Obwohl die kommende Free Agency um Butler, Irving, Leonard und Co. einiges an Superstar-Potenzial bereithält, könnte der Vertrag von Middleton eine der größten Storys im Sommer werden und eine zentrale Rolle für die Zukunft der Franchise spielen.
Middleton besitzt für die Saison 2019/20 eine Spieler-Option über 13 Millionen Dollar, die er mit großer Sicherheit nicht wahrnehmen wird. Angesichts der hohen Nachfrage an Three-and-D-Spielern dürften einige Teams bereit sein, eine Menge Geld zu bieten. Da Milwaukee auch nicht gerade als Wunschziel aller großen Free Agents gilt, dürfte die größte Aufgabe für das Front Office der Bucks sein, Middleton von einem Verbleib zu überzeugen.
Khris Middleton winkt wohl ein Maximal-Vertrag
Sollte das nicht gelingen, würde das einen deutlichen qualitativen Rückschritt bedeuten, zumal auch die Verträge von Eric Bledsoe und Brook Lopez auslaufen. Die größte Frage der Zukunft dürfte dann wiederum sein, wie lange Antetokounmpo Lust hätte, das Bucks-Team ohne vernünftigen Supporting Cast auf seinen Schultern zu tragen.
Wenn Middleton so weiter spielt, kann es sich die Franchise nicht erlauben, ihn abzugeben. Gleichzeitig hat kommenden Sommer die halbe Liga Cap-Space und überall besteht Bedarf an systemkompatiblen 3-and-D-Spielern, die zur Not auch den eigenen Wurf kreieren können. Man muss nicht viel phantasieren, um zu ahnen, worauf das Ganze hinausläuft: Einen Maximal-Vertrag.
Vielleicht wird dann, zumindest für einen Moment lang, auch Middleton mal im Rampenlicht stehen. Dabei würden seine aktuellen Leistungen das auch jetzt schon rechtfertigen.