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NBA Above the Break: Das verflixte zweite Jahr? Simmons, Tatum und Mitchell im Fokus

Drei Rookies stachen vergangene Saison aus einem bärenstarken Jahrgang heraus - Jayson Tatum, Ben Simmons und Donovan Mitchell.
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Jayson Tatum: Zwischen Mamba Mentality und Verstopfung

Der Celtics-Forward erlebte vergangene Saison gewissermaßen mehrere Spielzeiten in einer. Durch den frühen Ausfall von Gordon Hayward wurde er früh in eine große Rolle gedrängt, allerdings als Rollenspieler, der zeitweise die beste Dreierquote der Liga produzierte und ansonsten vor allem dadurch auffiel, dass er mit seinen 19 Jahren kaum Fehler machte und defensiv bestens ins Konzept der Celtics passte.

Im Lauf der Saison veränderte sich seine Rolle indes stetig und als sich dann auch noch Kyrie Irving verletzte, trat er bisweilen in den Playoffs sogar als Offensiv-Alphatier auf - seine Leistungen vor allem gegen Philly und Cleveland ließen ihn wie einen sicheren All-Star und zeitweise sogar wie das größte Talent der Celtics (noch vor Irving) aussehen. Den Sommer über wurde Tatum fast noch mehr gehypt als Simmons und Mitchell, obwohl er in der Regular Season an beide nicht rankam.

Ähnliches ließ sich natürlich auch über die Celtics sagen, denen der Osten nach LeBrons Abgang scheinbar auf dem Silbertablett serviert wurde. Weder Tatum noch sein Team können diesen Lorbeeren bisher gerecht werden. Man sieht das Potenzial, das Arsenal, die Fußarbeit - aber Tatum hat sich ein bisschen zu sehr von dem entfernt, was ihn letzte Saison ausgezeichnet hatte.

Die Statistiken von Jayson Tatum

SaisonSpielePunkteReboundsAssistsFG%3FG%FT%Minuten
RS 17/188013,95,01,647,543,482,630,5
PO 17/181918,54,42,747,132,484,535,9
RS 18/191316,17,02,541,338,690,033,0

Der Witz ist fast schon zu naheliegend: Tatum arbeitete im Sommer mit Kobe Bryant zusammen und natürlich hatte die Lakers-Legende eine andere Agenda im Sinn, als den verhassten Celtics in irgendeiner Form zu helfen. Stattdessen infiltrierte er ihn mit Gedanken, dass er von nun an die Luft aus dem Ball dribbeln und sich vor allem auf schwierige Midrange-Jumper verlassen sollte. Mamba Mentality eben.

Vermutlich ist es nicht ganz so diabolisch abgelaufen. Was man allerdings festhalten muss: Tatums Wurfauswahl ist eine andere und seine Effizienz ist dadurch ziemlich in den Keller gegangen. Beispielsweise sind aktuell 35 Prozent seiner Würfe Pullup-Jumper aus der Mitteldistanz (letzte Saison knapp 28 Prozent), dafür nimmt er weniger Würfe aus dem Catch-and-Shoot (und trifft sie viel schlechter) und in unmittelbarer Korbnähe (dito).

Er hat diverse hochprozentige Abschlüsse zugunsten schwierigerer und weniger ertragreicher Würfe geopfert - Tatum verzeichnet bei seinen Pullups nur eine miese effective Field Goal Percentage (eFG%) von 34 Prozent. Ein Stück weit ist das symptomatisch für sein Team.

Die Celtics sind auch in dieser Saison ein dominantes Defensiv-Team, woran Tatum seinen Anteil hat. Ihr Defensiv-Rating von 102,7 ist abermals das beste der Liga. Offensiv dagegen sind aktuell nur drei Tanker-Brigaden (Phoenix, Atlanta, Orlando) schlechter als Boston, was so nicht zu erwarten war. Obwohl man mit einigen Schwierigkeiten rechnen konnte.

Die Celtics versuchen derzeit, mehrere Leistungsträger zu (re-)integrieren und gleichzeitig andere zurück ins Glied zu drängen, die gerade in den Playoffs ganz andere Rollen einnehmen durften und mussten. Das hat den Rhythmus durcheinander gebracht, zumal insbesondere Irving und Hayward zu Beginn nicht ganz fit waren. Irving ist mittlerweile wieder auf seinem alten Niveau, bei Hayward dürfte das noch eine ganze Weile dauern.

Es ergibt langfristig natürlich Sinn, ihm für die Eingewöhnung Zeit zu geben, aber zwischenzeitlich nimmt Hayward Spielanteile von Akteuren weg, die aktuell besser wären als er. Allen ist daran gelegen, dass er seine alte Form erreicht, aber bis dahin wird es viele Situationen geben, in denen Spieler so sehr darauf bedacht sind, sich nicht gegenseitig auf den Füßen zu stehen, dass letztendlich genau das passiert.

Abgesehen vom bestens aufgelegten Marcus Morris lässt sich das aktuell bei fast allen Celtics-Spielern erkennen - es gibt zu wenig echtes Zusammenspiel und oft hat man das Gefühl, einer ist "dran" und die anderen schauen zu. Von Kyrie abgesehen gibt es keine echte Hackordnung. Das vorhandene Potenzial wird nicht immer ideal genutzt und oft ist wenig Spielfluss zu sehen.

Auch bei Tatum ist oft ein gewisses Zögern zu erkennen. Letzte Saison sah man ihn fast nie nachdenken, seine Entscheidungen traf er schnell, präzise und meistens gut. Dieses Selbstverständnis scheint derzeit ein wenig zu fehlen.

Selten geht er nach Pump-Fakes an der Dreierlinie konsequent bis zum Ring, öfter stoppt er in der Mitteldistanz ab und nimmt weniger vielversprechende Würfe. Dass ein Spieler seiner offensiven Klasse nicht einmal vier Freiwürfe pro Spiel nimmt, ist kein gutes Zeichen. Zumal er um den Korb herum jeden erdenklichen Move und einen großartigen Touch hat - man würde sich hier einfach noch etwas mehr Entschlossenheit wünschen.

Auch bei Tatum ist indes zu erwarten, dass der Rhythmus mit etwas mehr Zeit und Eingespieltheit zurückkehren wird. Es ist ja nicht so, dass er auf einmal nur noch schlechte Würfe nehmen würde, aber derzeit trifft er auch die per Definition offenen nicht gut. Waren es letzte Saison 57 Prozent (offen) und 69 Prozent (weit offen) eFG%, sind es aktuell jeweils 47 Prozent - das ist unter anderem durch die kleine Stichprobe zu erklären und sicherlich nicht haltbar. Im jüngsten Spiel gegen Portland etwa zeigte er mit effektiven 27 Punkten ja durchaus, dass es nach wie vor auch anders geht.

Gleichzeitig muss man die Situation um Tatum dennoch ein wenig im Auge behalten. Wer einen Playoff-Durchbruch wie er erlebt hat, rechnet normalerweise zurecht mit größeren Spielanteilen. Diese bekommt er derzeit kaum, wobei es ihm noch besser ergeht als beispielsweise Jaylen Brown oder Terry Rozier.

Es wird zwar zurecht als Luxusproblem bezeichnet, wenn man zu viele gute Spieler hat, aber ein Problem kann es dennoch sein. Gerade für so junge Spieler wie Tatum, die einen kompletten Sommer hören durften, dass sie das "next big thing" der NBA sein sollen. Auch bei den allergrößten Talenten ist es eben nicht realistisch, dass sie ohne Hürden einfach kontinuierlich besser werden, gerade dann, wenn sich um sie herum so viel verändert.