OKC Thunder: Die Transaktionen
Die Free Agency begann mit einer guten Nachricht: Nachdem sich über mehr als ein Jahr Spekulationen gehalten hatten, dass Paul George im Sommer 2018 zu den Lakers wechseln würde, entschied sich dieser anders und einigte sich direkt am 1. Juli auf einen neuen Vierjahresvertrag (136,9 Mio. Dollar) bei OKC.
Die wichtigste Personalie wurde also direkt zum Start des Sommers geklärt, auch danach blieb GM Sam Presti allerdings sehr aktiv. Per Trade wurde No.45-Pick Hamidou Diallo aus Charlotte geholt, dazu verpflichtete OKC Nerlens Noel (2 Jahre, 3,8 Mio.) und verlängerte mit Jerami Grant (3 Jahre, 27 Mio.) sowie Raymond Felton (1 Jahr, 2,4 Mio.).
Parallel suchte Presti permanent nach einem Abnehmer für Carmelo Anthony, da dieser erwartungsgemäß seine Option gezogen hatte und OKC mit ihm einen astronomischen Betrag Luxussteuer hätte zahlen müssen. Er fand einen Trade mit Atlanta - am 25. Juli wurde Anthony mit einem 2022er Erstrundenpick nach Atlanta geschickt, OKC erhielt dafür Dennis Schröder von den Hawks sowie Timothe Luwawu-Cabarrot von den 76ers zurück.
In einem weiteren Trade sicherte sich OKC Abdel Nader aus Boston, im Gegenzug wurde Rodney Purvis zu den Celtics geschickt, der erst wenige Tage zuvor für Dakari Johnson und Cash aus Orlando geholt wurde. Nick Collison beendete seine Karriere, Daniel Hamilton schloss sich den Hawks an. Dazu wurde Kyle Singler mit Hilfe der Stretch-Provision entlassen.
OKC Thunder: Die Strategie
Die Thunder konnten die hohen Erwartungen in der Vorsaison nicht erfüllen, nicht zuletzt deshalb, weil das vermeintliche Star-Trio aus George, Anthony und Russell Westbrook eigentlich nur aus zwei Stars bestand und Melo nie richtig integriert werden konnte. Anthony sollte also weg, während man Free Agent George unbedingt behalten wollte, da er vom Spielertyp perfekt neben Westbrook passt. Beides ist Presti gelungen.
Man wollte Anthony jedoch nicht nur abgeben, um Geld zu sparen - man suchte auch nach einem Gegenwert, der das Team sportlich besser machen könnte. Dieser soll Schröder sein; der Deutsche gibt OKC mindestens einen hochwertigen Backup, den das Team über die letzten Jahre schmerzlichst vermisst hatte. Sein Wert dürfte sich direkt zum Saisonauftakt zeigen, da Westbrook diesen nach einer weiteren Knie-Operation wohl verpassen wird.
OKC leistet sich einen teuren Kader, man setzt alles darauf, dass in diesem Kader noch unausgeschöpftes Potenzial steckt. Aus gutem Grund: Vor dem Patellasehnenriss von Andre Roberson hatte OKC vergangene Saison eine elitäre Defense und wirkte wie ein Team, das sogar die Warriors beschäftigen könnte.
Roberson ist zwar noch immer nicht fit, mit seinem Comeback erhoffen sich die Thunder jedoch eine Rückkehr zu dieser Identität. Spieler wie Schröder, Noel oder auch Nader machen das Team zudem noch schneller und athletischer. Die Thunder wollen angreifen, auf eine für die moderne NBA sehr ungewöhnliche Art und Weise.
Der Kader der OKC Thunder
Point Guard | Shooting Guard | Small Forward | Power Forward | Center |
Russell Westbrook | Andre Roberson | Paul George | Jerami Grant | Steven Adams |
Dennis Schröder | Alex Abrines | Terrance Ferguson | Patrick Patterson | Nerlens Noel |
Raymond Felton | Timothe Luwawu-Cabarrot | Abdel Nader | Tyler Davis | |
Hamidou Diallo | Deonte Burton |
OKC Thunder: Die Schwachstellen
Die Abhängigkeit von Westbrook war nun schon über die letzten zwei Saisons ein großes Problem. OKC spielte zumeist erbärmlich, sobald der 2017er MVP sich auf die Bank setzte. Schröder soll und kann dieses Problem beheben. Am anderen gravierenden Problem insbesondere in der Offense ändert aber auch Schröder nichts: Es fehlt an Shooting, und das nicht zu knapp.
Abgesehen von George verfügen die Thunder über keinen wirklich brandgefährlichen High-Volume-Shooter. Patrick Patterson, Alex Abrines oder Felton müssen respektiert werden, für "Gravity" im Sinne von Angst bei gegnerischen Verteidigern sorgt aber keiner von ihnen konstant.
Schröder und Westbrook werfen gerne von draußen, aber beide kamen letzte Saison nicht einmal auf 30 Prozent. Robersons "Präzision" ist bekannt, Grant, Nader oder auch TLC sind bisher allesamt nicht als gute Schützen auffällig geworden, Steven Adams wirft ohnehin nicht von draußen. Es dürfte mehrere OKC-Lineups geben, in denen George der einzige echte Shooter sein wird.
Ein etwas kleineres Fragezeichen steht dazu auch hinter der Tiefe. Vergangene Saison war OKC sehr von seinen Startern abhängig. Die Thunder sind nominell zwar tiefer geworden, der einzige wirklich bewiesene Neuzugang ist aber Schröder.
OKC Thunder: Der Hoffnungsträger
Nicht nur zum Saisonauftakt wird viel davon abhängen, wie Schröder bei seinem neuen Team zurechtkommt und wie er sich integriert. Insbesondere im Zusammenspiel mit Westbrook - die Hoffnung muss sein, dass es zwischen beiden nicht bloß ein "Entweder, oder" wird, sondern dass sie sich auch gegenseitig besser machen können.
Weder Schröder noch Westbrook haben sich über die letzten Jahre gerne oder viel bewegt, wenn sie den Ball nicht in der Hand hatten. Das sollten beide ändern, insbesondere Westbrook, der mit seiner Athletik Off-Ball eine echte Waffe sein kann. Seit James Harden hatte er jedoch keinen Mitspieler mehr, der ihn so gut in Szene setzen konnte wie Schröder - zumindest in der Theorie.
Wenn beide die Bereitschaft mitbringen, aufeinander zuzugehen, kann das OKC auf eine neue Stufe heben, zumal Schröder Westbrook im Gegensatz zu den letzten Jahren mal etwas entlasten könnte. Wer weiß, vielleicht bleibt bei beiden sogar mal wieder etwas Energie für die Defense übrig. Das wäre insbesondere dann wichtig, wenn sie nebeneinander auf dem Court stehen.
Natürlich ist das alles nicht garantiert und es ist sicher nicht förderlich, dass Russ und Schröder keine gemeinsame Vorbereitung absolvieren können. Aber im Zusammenspiel der beiden steckt gleichzeitig die größte Upside und die größte Downside dieser Thunder-Saison.
OKC Thunder: Das Fazit
Schon mit der George-Verlängerung war klar, dass die Thunder zu den Gewinnern der Offseason zählen würden. Der Schröder-Trade war dann eine sehr interessante Nutzung der vorhandenen Ressourcen: Der Move war riskant, es gab seine Gründe, warum Atlanta so lange erfolglos nach einem Trade des Deutschen fahndete. Wenn es nicht funktionieren sollte, sitzt OKC auf einem Vertrag, der Schröder noch bis einschließlich der Saison 2020/21 15,5 Mio. Dollar garantiert.
Die Realität ist jedoch, dass finanziell eingeschränkte Contender eben nur eingeschränkte Möglichkeiten haben, ihren Kader signifikant zu verbessern. Schröder könnte OKC signifikant verbessern und auf eine neue Stufe heben. Deswegen war es richtig, das Risiko einzugehen, zumal er immer noch viel günstiger ist als Anthony.
Trotz einiger Fragezeichen dürfte OKC kommende Saison zu den Teams gehören, die den Westen interessant halten. Die Voraussetzungen sind günstig, dass diesmal mehr drin ist als 48 Siege und ein Erstrundenaus. Einer noch besseren Bewertung steht nur der nach wie vor bestehende Mangel an Schützen im Weg.
Die Note: 2+