Die beiden Teams, die man vor der Saison dort erwartet hatte, standen sich in den Finals gegenüber. Das Team, das schon letztes Jahr in den Finals das bessere war, war dieses Jahr sogar noch viel besser - auch das war zu erwarten gewesen. Golden State war tiefer, explosiver, disziplinierter, einfach besser als die Cavs. Deswegen sind die Warriors - erwartungsgemäß - erneut Champion geworden.
Dennoch ist das Gerede, es sei alles von vornherein klar gewesen, die Playoffs langweilig und die NBA ruiniert, weil die Warriors ohnehin unschlagbar sind, übertrieben und fehl am Platz. Die Warriors würden die NBA sicherlich gerne auf Jahre dominieren und damit "ruinieren". Wenn man nur auf die Finals blickt, könnte man es sich auch problemlos vorstellen, dass das Ganze noch einige Jahre so weitergeht, vielleicht sogar noch deutlich länger, wenn Golden State eines Tages wirklich die Finger an Anthony Davis bekommen sollte.
Blickt man jedoch auf die ganze Saison im Allgemeinen und auf die Western Conference Finals im Detail, zeigt sich ein anderes Bild. Die Warriors sind talentierter als alle anderen Teams, vielleicht jemals, aber auch ihr Erfolg ist nicht garantiert und hängt bisweilen am seidenen Faden. Ja, die Finals waren antiklimaktisch, nachdem die Cavaliers Spiel 1 aus der Hand gaben. Der Qualitätsunterschied war einfach zu groß.
Aber eine Serie zuvor zeigten die Rockets, dass es auch gegen dieses Überteam Mittel geben kann, und brachten die Dubs an den Rand einer Niederlage. Wenn sie dann in Spiel 7 nicht 27 (siebenundzwanzig!) Dreier in Serie danebengesetzt hätten, redet heute vielleicht keiner mehr von gähnender Langeweile.
LeBron James: Der nächste Anlauf kommt bestimmt
Das Beispiel der Rockets könnte und sollte viele Teams inspirieren, im Sommer einen neuen Plan aufzustellen. Mehrere Superstars sind entweder Trade-Kandidaten oder Free Agents, nicht zuletzt der Mann, der soeben in den Finals daran scheiterte, es fast im Alleingang mit den Dubs aufzunehmen.
Die Zukunft von LeBron James ist ungewiss und damit gilt das gleiche auch für die restliche NBA - selten gab es vor dem Start einer Offseason so viele Fragezeichen. Auch deshalb versuchen schon jetzt diverse Spieler, sich gegenseitig über Twitter und Co. zu "rekrutieren". Es dürfte viel passieren, so viel ist klar.
"Das ist das, was jeder herausfinden will: Wie bringe ich eine Gruppe von Spielern zusammen, die vom Talent und auch vom Basketball-IQ her in der Lage sind, mit Golden State mitzuhalten? Darum geht es jetzt für alle, die diese Herausforderung annehmen wollen", sagte LeBron im Laufe der Finals selbst. Die Beantwortung dieser Frage beginnt für viele beim noch immer besten Spieler der Welt, sie endet aber nicht zwingend bei ihm.
Mit Teams wie den Celtics oder Sixers stehen Teams bereit, die schon in der kommenden Saison echte Ansprüche anmelden könnten, auch die Rockets werden nach neuen Mitteln suchen, um den nächsten Versuch noch erfolgreicher zu gestalten. Wer weiß, wie sich die Kawhi-Situation mit den Spurs auflöst und ob womöglich auch San Antonio nächste Saison wieder ein echter Contender ist. In jedem Fall wird es weitere Teams geben, die den Dubs eine neue Herausforderung bieten wollen.
Wachstumsbeschwerden einer Dynastie
Nicht zuletzt haben die Warriors auch mit ihren eigenen Herausforderungen zu kämpfen. Es ist kein Zufall, dass mehrere Warriors, darunter auch Coach Steve Kerr, diese Saison immer wieder als die bisher "härteste" bezeichnet haben. Das Team hatte das ganze Jahr über und sogar in den Playoffs bisweilen Probleme, sich zu konzentrieren, und verlor zeitweise seine Spielfreude.
Das Alter von Spielern wie Andre Iguodala zeigte sich im Lauf der Saison, die Bank war extrem inkonstant, was an teilweise schlechten Signings wie Nick Young oder dem Missverständnis Omri Casspi lag, sowie an der Tatsache, dass der Warriors-Kader fast zur Hälfte aus Big Men besteht, obwohl ihre besten Lineups keinen echten Center haben.
Auch intern krachte es anscheinend, wie Veteran David West kurz nach dem Ende von Spiel 4 andeutete: "Ihr habt keine Ahnung, was bei uns los war. Einige Leute wären schockiert." Shaun Livingston fügte an, dass Kerr in dieser Saison nicht nur als Coach, sondern auch als Psychiater, Berater und Vaterfigur benötigt wurde.
Alles in allem wirkte das Gebilde in Golden State fragiler als im letzten Jahr, zumal gerade Kevin Durant nicht unbedingt immer zufrieden wirkte. Auch bei ihm wird längst schon wieder spekuliert, ob er sich früher oder später nicht doch wieder sein "eigenes" Team sucht, da ihn die Fans in der Bay Area ohnehin nie so lieben werden wie Klay, Draymond und vor allem Steph.
Dominanz ist kein Ruin
Das sind Probleme, die schon viele NBA-Dynastien früher oder später kennengelernt haben - Müdigkeit, Überalterung, "Disease of Me", wie Pat Riley es schon in den 80er Jahren bei den Lakers nannte. Einige Teams sind am Ego zerbrochen wie die ShaKobe-Lakers, andere blieben solange relevant, bis sie vom Alter, Verletzungen oder Krankheit gestoppt wurden, wie die Celtics und Lakers der 80er bzw. frühen 90er.
Auch bei diesen Teams wurde übrigens, genau wie bei den 90er Bulls und bei den jetzigen Warriors, zwischenzeitlich behauptet, dass ihre Dominanz schlecht für die Liga und langweilig wäre. Zuschauerzahlen und Einschaltquoten haben allerdings meistens das Gegenteil reflektiert. Viele Leute schalten bei so dominanten Teams explizit deshalb ein, weil sie sehen wollen, ob und wie die Warriors oder vor ihnen die Lakers, Celtics oder Bulls vielleicht doch zu schlagen sind. Denn früher oder später passiert dies jeder Dynastie.
Die Warriors dürfen ihren Moment genießen. Bis auf weiteres stehen sie an der Spitze der Basketball-Welt und dürften langsam aber sicher zu den besten Teams der NBA-Geschichte gezählt werden - drei Titel in vier Jahren sind massiv und diese Leistung sollte auch anerkannt werden, ob man dieses Team nun "unfair" findet oder nicht. Man wird sich an diese Warriors erinnern.
Es sollte jedoch niemand den Fehler machen, das alles als selbstverständlich zu erachten. Das wird weder den Warriors noch der restlichen NBA gerecht. Der nächste Versuch, die Dubs zu stürzen, beginnt ab dem 1. Juli.