Die Transaktionen der Portland Trail Blazers
Aufgrund des Jusuf-Nurkic-Trades während der Saison gingen die Blazers mit drei Erstrundenpicks bewaffnet in den Draft, es wäre allerdings nicht Platz für drei Rookies im Kader gewesen - also tauschte man zwei davon (Harry Giles und Justin Jackson) gegen No.10-Pick Zach Collins ein. An 26. Stelle entschied man sich dann noch für Caleb Swanigan, der in der Summer League dann prompt Collins - und fast allen anderen Spielern vor Ort - die Show stahl.
Da die Blazers bereits weit im Luxussteuer-Bereich agierten, waren sie in der Free Agency im Anschluss kein Faktor mehr. Der mögliche Sportinvalide Festus Ezeli wurde gewaived, dazu wurde der lächerlich hohe Vertrag von Allen Crabbe Ende Juli für Andrew Nicholson nach Brooklyn getradet. In der Folge gab es zwar Gerüchte um Trade-Gespräche für Carmelo Anthony, es gab aber nie echte Hinweise darauf, dass Melo seine No-Trade-Klausel für die Blazers tatsächlich fallen lassen würde.
Die Strategie der Portland Trail Blazers
Blazers-GM Neil Olshey muss seit Mitte der letzten Saison damit leben, dass er sich im Sommer 2016 verkalkuliert hat und viel zu viel Geld für mittelmäßige Spieler ausgab, die man nicht unbedingt leicht wieder los wird.
Evan Turner, Mo Harkless und Meyers Leonard bekommen alle bis 2019/2020 mindestens 11 Millionen Dollar im Jahr, dazu kommen die Max-Deals von Damian Lillard und C.J. McCollum - da ist der Spielraum logischerweise eingeschränkt.
Der einzig richtige Plan für den Sommer war es daher, billiges Talent zu holen und wenigstens einen der teuren Verträge loszuwerden. Das ist mit dem Crabbe-Trade geglückt, wenngleich Olshey sicherlich auch bei den anderen Vielverdienern offene Ohren hat. Mit Nurkic hat man den wichtigsten "Neuzugang" ohnehin schon im Laufe der Saison geholt.
Nach der Ankunft des Bosniers war Portland in der Lage, eine fast schon verloren geglaubte Saison doch noch zu retten. Zwar verletzte sich Big Nurk dann pünktlich zu den Playoffs, nun gilt es jedoch, die vermeintliche neue "Big Three" um Lillard, McCollum und ihn über eine ganze Saison auf Herz und Nieren zu prüfen.
Mit Swanigan und Collins kamen zwei weitere junge Spieler dazu, die ein Teil des künftigen Kerns werden könnten - denn realistisch betrachtet hat Portland Zeit. Auch mit Melo würde man in diesem Jahr keine Gefahr für Golden State darstellen, Lillard und McCollum sind aber ohnehin noch so lange an die Blazers gebunden (20/21), dass derzeit kein Anlass für Win-Now-Trades besteht.
Die Schwachstellen der Portland Trail Blazers
Es kommt ein wenig drauf an, ob man den Teil der vergangenen Saison nach Nurkic' Ankunft als Narrengold bezeichnet oder nicht. Denn mit ihm stellten die vorher extrem defensivschwachen Blazers auf einmal die zehntbeste Defense der Liga - beim Net-Rating waren sie nach dem All-Star-Break sogar das viertbeste Team nach den Warriors, Heat und Spurs (+5,3). Ist das haltbar?
Zum Vergleich: Vor dem All-Star Weekend hatten die Blazers das fünftschlechteste Defensiv-Rating aller Teams und ein Net-Rating von -2,5. In den Playoffs wurden sie dann wiederum komplett abgeschlachtet (-18,3!), allerdings waren das eben auch vier Spiele gegen die Warriors - mit insgesamt bloß 17 Minuten Nurkic.
Vermutlich liegt die Wahrheit irgendwo dazwischen. Denn auch wenn Nurkic die Defense insgesamt stabilisiert, kann er nicht ändern, dass Lillard und McCollum einen der defensivschwächsten Backcourts der Liga formen. Beiden fehlt es nicht zwingend an Einsatz, aber an Länge und Physis - gerade im Westen müssten im Idealfall beide in der Defense versteckt werden, was aber nicht immer möglich ist.
Das führt gewissermaßen zur Grundsatzdiskussion bei den Blazers: Können Lillard und McCollum trotz ihrer Defensivproblematik eines Tages der Starting Backcourt eines Titel-Contenders sein - oder muss früher oder später einer von ihnen geopfert werden? Diese Frage dürfte die Blazers noch eine ganze Weile begleiten - auch wenn niemand die offensive Qualität der beiden bezweifelt.
Der Hoffnungsträger der Portland Trail Blazers
- 8 Punkte, 5,8 Rebounds, 1,3 Assists, 0,6 Steals, 0,8 Blocks, 49,6 Prozent Freiwurfquote, mehr Stories über die fehlende Fitness und Unzufriedenheit als Anflüge von einem Lächeln. Oder...
- 15,2 Punkte, 10,4 Rebounds, 3,2 Assists, 1,3 Steals, 1,9 Blocks, 66 Prozent Freiwurfquote, "Nurk Fever" sogar beim Head Coach Terry Stotts.
Niemand brauchte den Szenenwechsel in der vergangenen Saison mehr als Nurkic, der bei den Nuggets von Nikola Jokic verdrängt worden war. Dass Olshey ihn UND einen Erstrundenpick für Mason Plumlee (!) aus Denver loseisen konnte, hätte man treffend mit "Omi mit Zetteltrick ausgeraubt" beschreiben können. Der Trade riss Portland komplett aus seiner Tristesse.
Die Frage ist nun, ob Nurkic diese Leistungen über eine ganze Saison bestätigen kann oder ob er gar noch einen Gang höherschalten kann. Motivation sollte gegeben sein: Er wird am Ende der Saison Restricted Free Agent und will sich also auch für einen neuen Vertrag empfehlen. Wenngleich die Blazers in dieser Hinsicht dank dem Sommer 2016 mittlerweile etwas vorsichtiger sein dürften.
Nurkic wird also versuchen, ihnen keine Wahl zu lassen. Wenn alles glatt läuft, könnte er auf Dauer das ideale Gegengewicht im Post für die beiden kleinen Guards darstellen und mit seiner Kraft, aber auch mit seinem für einen Big Man sehr guten Passspiel die Offense ergänzen.
Das Fazit
Aus den sehr limitierten Möglichkeiten hat Olshey einen ordentlichen Ertrag rausgeholt. Auch weitere Trades der teuren Verträge könnte er durchaus anleiern, da Portland über all seine künftigen Erstrundenpicks noch selbst verfügt. Allerdings hat sich der zeitliche Druck dafür etwas aufgelöst, er muss sich also nicht für beispielsweise Leonard über den Tisch ziehen lassen.
Man kann Stand jetzt dennoch nicht abschließend bewerten, ob sich die Blazers auf dem richtigen Weg befinden - denn alles hängt davon ab, wie Lillard, McCollum und Nurkic auf Dauer zusammenpassen. Für diese Offseason darf man dennoch festhalten, dass die Blazers - im Gegensatz zum Vorjahr - wohl keine Fehler gemacht haben. Es sei denn, Collins' miese Auftritte in der Summer League bestätigen sich auf Dauer auch in der NBA.
Die Note: 3