Zum ersten Mal in der jungen Ära unter Steve Kerr hatten die Dubs ein Eliminination Game vor der Brust, vielleicht zum ersten Mal waren sie nicht der große Favorit - und das bei einem Heimspiel. Konnte das gut gehen? Ein junges 73-Siege-Team in so einer Situation?
Die Antwort lieferte Stephen Curry gut eine Minute vor Schluss. Die Thunder waren einfach nicht kleinzukriegen und nach etlichen Rückständen wieder zurück ins Spiel gekommen. Dann zog der MVP zum Korb, traf einen Layup zum 111:101 gegen zwei Verteidiger und hatte daraufhin eine klare Botschaft zu vermitteln: "We're not going home", brüllte er mehrfach in die frenetische Menge der Oracle Arena.
Dass die Warriors (vorerst) am Leben blieben, lag aber nicht an einer One-Man-Show von Curry, obwohl dieser mit 31 Punkten, 6 Assists und 5 Steals im MVP-Modus agierte (die Spekulationen um seine Fitness wiegelte Kerr sarkastisch mit dem Kommentar ab, Curry sei derzeit bei exakt 91 Prozent). Vielmehr lag es daran, dass sich die Dubs wieder auf das besannen, was sie so stark gemacht hatte: Uneigennützigkeit, Ball Movement - und überragende Defense.
Ab nach hinten
Nachdem die Thunder mehrfach gezeigt hatten, dass sie sich - wie der Rest der NBA - nicht so einfach überrennen lassen, sondern den Spieß mit eigenem Small Ball umdrehen können, musste der Champion sich am hinteren Ende des Courts in die Serie zurückkämpfen. Das ist ihnen vor allem dank einer stark verbesserten Transition Defense gelungen.
Obwohl Thunder-Coach Billy Donovan aufgrund von Foulproblemen Steven Adams' sehr früh sein Small Ball Lineup mit Ibaka und Durant auf den großen Positionen brachte, war der Fastbreak diesmal keine Waffe. Die Gäste erzielten mickrige 10 Punkte aus ihren Schnellangriffen, was vor allem daran lag, dass die Warriors nach eigenen Abschlüssen die Beine in die Hand nahmen und den Weg nach hinten antraten.
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Besonders in Game 4 sah das ganz anders aus, als sie ohne Rücksicht auf Verluste auf den Offensiv-Rebound gingen und sich Russell Westbrook, Kevin Durant und Dion Waiters mit schnellen Gegenstößen bedankten. Nur Draymond Green (13 Rebounds, 5 davon offensiv) und Andrew Bogut (14,4) hatten diesmal die Lizenz, sich am offensiven Brett zu behaupten, der Backcourt hielt sich komplett aus dem Rebound-Kampf heraus.
Bogut und Green machen die Zone dicht
Apropos Green und Bogut. Die beiden Verteidigungsspezialisten wurden als Hauptgrund für den 1-3-Rückstand ausgemacht. Ersterer war in OKC komplett neben der Spur und ließ sich von Durant auseinander nehmen, Zweiterer sah sich ständig mit Foulproblemen konfrontiert und mit einem entsprechenden Minuten-Limit versehen.
Beim 120:111-Sieg traten beide wie ausgewechselt auf. Green wurde meistens vom direkten Job gegen Durant abgezogen und gab den ersten Helpside-Verteidiger, mit vernichtender Bilanz. Seine 4 - teilweise spektakulären - Blocks waren die eine Sache, sein perfektes Timing beim Aushelfen, seine schnellen Hände bei Rebounds und Loose-Balls die andere.
Auch Bogut war als Hilfsverteidiger äußerst effektiv und bekam von seinem Coach ein Extralob: "Er war phänomenal. Wir haben ihn neben seiner starken Defense auch im Post involviert, um von ihm als Ballverteiler zu profitieren", so Kerr.
Verkehrte Welt in Oakland
Eine Stärke der Warriors kam hingegen nicht Einsatz: Das "Lineup of Death" mit Green als Center. Wenn man die letzte Minute des Spiels ausklammert, ließ Kerr immer einen klassischen Fünfer auf dem Feld stehen, in den wenigen Pausen von Bogut standen Marreese Speights oder auch Anderson Varejao auf dem Feld.
Darüber hinaus spielte Andre Iguodala 34 Minuten, viele davon gemeinsam mit Green und Bogut. Defensiv ist das wohl die beste Aufstellung, die die Dubs aufbringen können, was auch die schwächelnde Wurfquote der Thunder zeigte (42,9 Prozent), sowie die Tatsache, dass sie nur 30 Punkte in der Zone erzielten (Warriors: 48).
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Gewissermaßen war also verkehrte Welt angesagt. Denn jüngst bezeichnete Kerr die Thunder als "längstes Team der Liga" - in Spiel 5 jedoch waren die Warriors körperlich überlegen. Dass auf der anderen Seite Enes Kanter, der am Anfang der Serie noch gemeinsame Minuten mit Adams spielte, nur zu einem Kurzeinsatz kam, begründete dessen Coach Donovan mit einer persönlichen Schwächephase des Türken.
Russ und KD ohne Unterstützung
Es sollte den Warriors allerdings zu Denken geben, dass das Spiel trotz einer Leistungssteigerung in allen Bereichen bis kurz vor Ende auf der Kippe stand. 36 Sekunden vor Schluss hätte Durant mit einem komplett freien Dreier auf 3 Punkte verkürzen können, setzte seinen Versuch aber auf den Ring.
Auch sonst ließ Durant (und auch sein Superstar-Partner Westbrook) Würfe liegen, die er - starker Defense zum Trotz - normalerweise trifft. So kam er am Ende auf eine magere Ausbeute von 12 von 31 Treffern aus dem Feld, 13 seiner 40 Punkte fielen von der Freiwurflinie. Auch Westbrook schwächelte mit einer Quote von 11 von 28 - zudem verlor er siebenmal den Ball.
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Insgesamt zeichnete sich das Duo für 59 der 91 Feldwürfe der Thunder verantwortlich, einzig Anthony Morrow kam als weiterer Akteur auf eine zweistellige Punktausbeute. Ein Vorwurf lässt sich daraus nicht stricken, denn Waiters, Andre Roberson und auch Serge Ibaka scheuten Verantwortung und zwangen ihren Anführern eine zu große Bürde auf.
"Jedes Spiel steht für sich"
Gut aufgelegte Splash Brothers, ein wiedererstarkter Green, stark verbesserte Defense, schwache Wurfquoten von Russ und KD und trotzdem nur ein knapper Sieg: Es musste alles zusammenkommen, damit die Saison Golden States weitergeht. Dazu passte auch, dass Steph Curry, normalerweise nicht unbedingt als Kettenhund bekannt, mit 2 defensiven Big Plays gegen Durant für die Entscheidung des Spiels sorgte.
In OKC können es sich die Dubs nicht leisten, in auch nur einem Aspekt zu schwächeln, ansonsten werden die Thunder in der Chesapeake Arena wahrscheinlich den Deckel auf diese Serie drauf machen. Klay Thompson blieb aber optimistisch: "Wir haben gezeigt, dass wir mit Rückschlägen umgehen können, auch wenn das nach einer 73-9-Saison komisch klingt. Unsere Reise ist noch nicht zu Ende, jedes Spiel steht ab jetzt für sich."