NBA

Lobbyismus nicht benötigt

Von Jan Dafeld
DeAndre Jordan (M.) dominierte gegen die Thunder die Zone
© getty

In Abwesenheit von Blake Griffin trugen Chris Paul und DeAndre Jordan die Los Angeles Clippers zu einer 9-5-Bilanz. Der Center spielt die beste Saison seiner Karriere und legt Zahlen auf, die jahrelang unerreichbar waren. Sein Coach bezeichnet ihn bereits als Defensive Player of the Year. Das will Jordan auch gegen die Houston Rockets (So., 20.30 Uhr im LIVE-STREAM FOR FREE) wieder unterstreichen.

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Besonders gut drauf war am Mittwochabend kein Spieler der Oklahoma City Thunder. Mit 108:120 war man gegen die Los Angeles Clippers unter die Räder gekommen. Die letzten 22 Minuten betrug der Rückstand mehr als 10 Zähler. Mit langen Analysen wollte sich daher niemand aufhalten. Abhaken. Weitermachen. Blick auf den nächsten Gegner. Zu deutlich war der Klassenunterschied zwischen den Gastgebern und dem Rivalen aus Kalifornien gewesen.

Einen ganz besonders bitteren Abend erlebte allerdings Serge Ibaka. Der Big Man der Thunder steuerte zwar immerhin 15 Zähler bei, war ansonsten allerdings restlos überfordert. Gerade mal 3 Rebounds schnappte sich der Spanier, defensiv nahm er zu keinem Zeitpunkt Einfluß auf das Spiel. Zum Ende des Spiels wies Ibaka einen Plus-Minus-Wert von -38 auf. In nur 26 Minuten wohlgemerkt.

"Der wahrscheinlich beste defensive Big"

Den Hauptrund für den schwachen Auftritt seines Power Forwards hatte Thunder-Coach Scoot Brooks nach dem Spiel schnell gefunden: DeAndre Jordan. "Er hat ein großartiges Jahr. Jordan ist wahrscheinlich der beste defensive Big Man der Liga", erklärte der 49-Jährige.

Klar, das Lob für den Center der Clippers geht sicherlich nicht als Brooks' Pionierarbeit in die Geschichte der NBA ein. Immerhin wird Clippers-Coach Doc Rivers seit mehr als einem Jahr nicht müde, die Defensive-Player-of-the-Year-Werbetrommel für Jordan zu rühren so stark es nur geht. Dennoch sorgten Brooks' Aussagen für einige erhobene Brauen - immerhin coacht dierser mit Ibaka selbst den Viertplatzierten im DPOY-Voting des letzten Jahres.

"Es ist cool, so etwas von Scott Brooks zu hören, schließlich hat er selbst einen der besten Verteidiger der Liga im Team", zeigte sich Jordan anschließend geschmeichelt. "Dass andere so über mich denken ist toll. Es lässt mich definitiv noch härter an mir arbeiten."

"Ein absolutes Verbrechen!"

Fraglos gehört Jordan bereits jetzt zu den besten Spielern auf seiner Position. Der 26-Jährige führt die Liga in Rebounds (14,6 pro Spiel) und Field Goal Percentage (71,5 Prozent) an, nur drei Spieler weisen mehr Blocks pro Spiel auf.

"Rim Protection wird in der heutigen Zeit überbewertet. Aber Jordan ist die eine Ausnahme", lobpreiste auch Ex-Warriors-Coach Mark Jackson am Rande des Spiels gegen Golden State: "Defense startet damit, dem Gegner keine zweiten Chancen zu ermöglichen. Und keiner macht dies besser als DeAndre Jordan. Dass er in diesem Jahr kein All-Star war, ist ein absolutes Verbrechen!"

Statistiken sprechen gegen Jordan

An den Leistungen des Centers scheiden sich in diesem Jahr die Geister. Auf der einen Seite die Tradionalisten, angeführt von Jordans Cheflobbyisten Rivers, der sich nicht mal im Traum einen anderen Spieler als Gewinner des DPOY-Awards vorstellen kann, auf der anderen Experten wie ESPNs Stats-Guru Tom Haberstroh, der Jordan am Mittwoch als guten, jedoch nicht als großartigen Verteidiger betitelte.

Doch wer hat nun Recht? Die Antwort ist wohl: Keiner und doch beide. Einerseits kann der defensive Einfluss eines Spielers in der heutigen NBA sicherlich nicht mehr einfach an seinen Rebounds und Blocks gemessen werden. Ein Blick auf die Statistik zeigt: Jordans Defense unter dem eigenen Korb ist in diesem Jahr tatsächlich nur durchschnitlich. Gegen die Nummer sechs der Clippers treffen Gegner 49,2 Prozent ihrer Würfe in der Zone. Damit rangiert Jordan noch hinter Big Men wie beispielweise Amar'e Stoudemire, Donatas Motiejunas oder auch Steven Adams.

Darüber hinaus liegen die Clippers in der defensiven Effizienz nur noch auf dem 15. Platz, also absoluter Ligadurchschnitt, nachdem Lob City im letzten Jahr immerhin noch die siebtbeste Verteidigung stellen konnte.

Gegner stellen ihre Offense um

Trotz dieser Statistiken geht auch die rein auf Nummern basierte Argumentation Haberstrohs nicht weit genug. Denn: Die Verschlechterung der Teamdefense ist sicherlich an vielem festzumachen, so ziemlich als letztes allerdings an Jordan.

Nach der starken letzten Saison des Centers stellen sich gegnerische Offenses mittlerweile auf dessen defensive Qualitäten ein. Der Weg zum Korb wird so selten gesucht wie gegen kein anderes Team der NBA. Die Clippers lassen nur 10,4 Field Goal Attempts pro Spiel am eigenen Korb zu, in puncto Drives liegt Los Angeles auf dem zweiten Platz, wenn Jordan auf dem Feld ist - ohne ihn fällt das Team auf den 21. Rang.

Heißt: Die Clippers sollen mittlerweile am Perimeter, nicht in der Zone geschlagen werden. Im letzten Jahr erlaubten Chris Paul und Co. noch weniger als 22 Dreierversuche pro Spiel und ließen obendrein die niedrigste Quote aller Teams in der Liga zu. 2014-2015 feuern Gegner mehr als 24-mal pro Spiel von Downtown, die Clippers-Defense rangiert nur noch auf Platz 13 in der NBA.

Jordans Einfluss ist daher durchaus deutlich zu spüren. Wer sich einige Clippers-Spiele in dieser Saison angucken konnte, wird registriert haben, dass der Eye-Test dies noch stärker belegen kann, als die Statistiken - so ausführlich diese heute auch sein mögen.

"Es ist Dennis-Rodman-ish"

Doch Jordan ist für die Clippers mehr als nur ein Defensiv-Faktor. Los Angeles stellt drei der besten fünf Offensiv-Lineups in dieser Saison. In allen bekleidet der 26-Jährige die Centerposition. Jordans Screens sind im Team nicht zu ersetzen. Vor allem Shooting Guard J.J. Redick (43 Prozent Dreier) profitiert in Floppy Action Plays und Pin Downs enorm von seinem Center. "Er bekommt zwar nie die Punkte, doch er verschafft Blake und J.J. offene Würfe. Er macht so viele kleine Dinge auf dem Feld. Es ist Dennis-Rodman-ish.", lobte Rivers Jordan bereits im Dezember.

Darüber hinaus ist Jordans Einfluss am offensiven Brett größer als in der Defensive. Dank ihrem Seven-Footer schnappen sich die Clippers rund ein Viertel ihrer Fehlwürfe. Ohne Jordan fällt dieser Wert zu unterirrdischen 15,4 Prozent - ob mit oder ohne den verletzten Blake Griffin.

Mit Griffin auf ein neues Level

"Wenn man ehrlich ist, waren DeAndres Leistungen die gesamte Saison über schon surreal, aber ich denke die Leute haben seine Monster-Statistiken erst so richtig bemerkt, als Blake pausieren musste", meint Sixth Man Jamal Crawford. "DJ war das gesamte Jahr schon konstant."

Trotz der herausragenden Leistungen Jordans hoffen die Clippers auf eine baldige Rückkehr des letzten Bestandteils ihrer Big Three. Bestenfalls schon am Sonntag gegen die Houston Rockets. Mit ihrem Big-Man-Duo erzielen die Clippers 12,8 Punkte mehr pro 100 Possessions als ihre Gegner. Mit Jordan allein sind es nur noch 1,4 Punkte.

Die Lineups der Clippers mit Chris Paul, Matt Barnes, Griffin, Jordan und Redick oder Crawford werden offensiv einzig und allein von der neuen Starting Five der Cavaliers getoppt. Defensiv lässt das Starting Lineup von Lob City zudem nur 101 Punkte pro 100 gegnerischer Angriffe zu. Ein besserer Wert als Teams wie Atlanta, San Antonio oder auch Memphis aufweisen.

Clippers erwarten machbare Aufgaben

Im Laufe der nächsten Woche dürfte Griffin aufs Parkett zurückkehren. Rivers erhofft sich viel von seinem Team, wenn es wieder komplett ist: "Du willst natürlich nicht, dass Blake ausfällt", so der Meistercoach von 2008, "aber wenn er zurückkommt werden die Jungs auch DJ in der Zone suchen, wenn er sich dort aufpostet. Und ich denke, das könnte helfen."

Derzeit rangieren die Clippers auf dem fünften Platz der Western Conference. Der zweite Platz scheint ebenso möglich wie ein Absturz auf Rang sieben. Ein Run muss her - und der könnte bald kommen. Ausgerechnet in den ersten sieben Spielen nach Griffins voraussichtlicher Rückkehr trifft Los Angeles auf sechs Nicht-Playoff-Teams. In den verbleibenden 16 Saisonspielen könnten die Clippers in vier Spielen gegen direkte Western-Playoff-Konkurrenten zudem noch einige Plätze gut machen.

Die Thunder sind nicht mehr darunter - Ibaka dürfte es freuen.

DeAndre Jordan im Steckbrief