"Dies ist das größte Red-Sox-Team aller Zeiten", sagte Teameigner John Henry auf dem Feld im Dodger Stadium bei der Übergabe der Commissioner's Trophy an seinen neuen Besitzer. Die Red Sox gewannen 119 Spiele und ist damit sogar der - nach Siegen - zweitbeste Champion aller Zeiten (Yankees 1998: 125 Siege).
Die Red Sox schalteten nach 108 Siegen in der Regular Season - für diese Franchise die meisten überhaupt in ihrer Geschichte - mit den New York Yankees (100 Siege) und Houston Astros (103) gleich zwei weitere Teams mit mindesten 100 Siegen in der Regular Season auf dem Weg zum Fall Classic aus. Anschließend wirkten die Dodgers auf dem Papier schon fast wie ein heftiger Underdog, hatten sie doch "lediglich" 92 Siege eingefahren.
Doch sie präsentierten sich als harter Brocken für ein Team auf einer Mission. Besonders in Spiel 3, das 7:20 Stunden dauerte, bewiesen sie, dass sie durchaus ebenbürtig sein konnten. Allerdings spielten beziehungsweise pitchten die Dodgers an jenem Abend auch nahezu perfekt. Das jedoch war letztlich auch nötig, um irgendwie mit den Red Sox mitzuhalten. Sie taten dies nicht in den anderen Begegnungen.
Zu gut und zu unnachgiebig zeigten sich die Sox, die besonders in einer Disziplin schier unglaublich effektiv agierten: Hitting mit Runners in Scoring Position und zwei Outs. Kurz gesagt: Sie waren brutal effektiv und nutzten fast 50 Prozent dieser Möglichkeiten. Es ist genau das, was einem Team in einem engen Spiel das Genick brechen kann. Und Boston brach einige davon!
2-Out-Magic der Boston Red Sox
Sie schlugen .420 in diesen Situationen und hatten ein 1.347 OPS mit 40 Runs. Jackie Bradley Jr. allein kam in der Postseason auf zehn RBI mit zwei Outs und "RISP". Jener JBJ, der in der Regular Season noch kaum etwas auf die Kette bekam und ein unerwarteter Held - und MVP - in der ALCS gegen die Astros wurde. Und er war bei weitem nicht der einzige unerwartete Held für dieses Team.
Doch was ist das Geheimnis dieses so speziellen Erfolges? Laut FOX-Experte Hall-of-Famer John Smoltz war es die Ruhe an der Platte. Im Gegensatz zu anderen Teams versuchten die Red Sox nicht, zu viel zu machen. Und ganz wichtig: Sie weigerten sich, die Strikezone zu vergrößern. Sprich: Sie halfen den Pitchern nicht aus und schwangen nur auf Strikes. Viele andere Teams wurden aggressiver und schadeten sich selbst in diesen Gelegenheiten, die Red Sox hingegen fokussierter.
World Series 2018
Datum | Uhrzeit | Spiel | Ergebnis |
24. Oktober | 2.09 Uhr | Boston Red Sox - Los Angeles Dodgers, Spiel 1 | 8:4 |
25. Oktober | 2.09 Uhr | Boston Red Sox - Los Angeles Dodgers, Spiel 2 | 4:2 |
27. Oktober | 2.09 Uhr | Los Angeles Dodgers - Boston Red Sox, Spiel 3 | 3:2 (18 Inn.) |
28. Oktober | 2.09 Uhr | Los Angeles Dodgers - Boston Red Sox, Spiel 4 | 6:9 |
29. Oktober | 1.15 Uhr | Los Angeles Dodgers - Boston Red Sox, Spiel 5 | 1:5 |
Zudem - und das ist wohl der Hauptgrund für diese unglaublich konstante Saison - präsentierten sie sich alle extrem selbstlos. Keiner wollte der Held sein, jeder versuchte, seinen Teil zum Teamerfolg beizutragen. Wenn man nicht überaggressiv an der Platte ist, nimmt man auch zahlreiche Walks, ermöglicht es dem jeweils nächsten Hitter, an die Platte zu treten und eine Chance zu haben. Die Sox taten genau dies. Denselben Effekt haben simple Single, wo andere mit aller Macht Homeruns schlagen wollen - und dem Gegner helfen.
Noch mehr war diese Selbstlosigkeit beim Pitching zu erkennen. Jeder spricht in jeder Postseason davon, dass "alle Mann an Deck" sein müssen für jedes Spiel. Doch niemand lebte dies so vor wie dieses Team! Alle vier Starter dieser Postseason - genau genommen fünf, denn Eduardo Rodriguez startete schließlich Spiel 4 der Serie - waren auch im Bullpen aktiv.
Boston Red Sox: Starting Pitcher im Bullpen
Sale besorgte die letzten drei Outs der Serie, nachdem er sie schon mit Spiel 1 eröffnet hatte. Price pitchte aus dem Pen gegen die Astros und Eovaldi pitchte bis zum Umfallen im Marathon-Spiel 3, nachdem er bereits in den spielen 1 und 2 jeweils eingewechselt worden war. So viel Einsatz, so viel Hingabe und so viel schiere Gleichgültigkeit, was das eigene Befinden betrifft, sieht man sonst eher selten. Für Boston war es jedoch selbstverständlich.
Manager Alex Cora, der nach Terry Francona (2004) und John Farrell (2013) ebenfalls in seinem ersten Jahr die World Series mit den Red Sox gewann - und er als echter Rookie-Manager - hatte sogar einen Namen für diesen Einwechsel-Starter: "Rover". Er plante einen solchen dem Vernehmen nach in jedem Inning ein.
Das tat er freilich nicht aus ganz freien Stücken, denn er hatte ein paar Schwachstellen zu übertünchen. Weder Matt Barnes noch Joe Kelly waren zuletzt übermäßig zuverlässig. Doch auch sie dominierten in den Playoffs. Gegen Ende ließ eigentlich kein Reliever mehr irgendwas zu.
Helden gab es einige für Boston auf dem Weg zum ultimativen Triumph. Nehmen wir den als Red-Sox-Fan aufgewachsenen Steve Pearce. Die Definition eines "Journeyman" - er spielte bereits für alle fünf Teams der American League East - kam erst im Laufe des Jahres per Trade nach Boston und sollte eigentlich nur eine günstige Ergänzung gegen Linkshänder an der ersten Base sein, um Linkshänder Mitch Moreland zu entlasten.
Und er drehte auf. Insgesamt kam er in dieser Serie auf acht RBI - vier davon im letztlich entscheidenden Spiel 4 der World Series. Er sorgte für den dramatischen Ausgleich mit seinem Homerun im achten Inning. Und er war es auch, der ultimativ den Deckel drauf machte mit seinem Bases-Clearing 3-Run-Double im neunten Inning.
World Series MVP 2018: Steve Pearce
Mit seinen zwei Homeruns in Spiel 5 sicherte sich Pearce obendrein den Titel des World Series MVP. Und durch seine drei World-Series-Homeruns stellte er den Red-Sox-Single-World-Series-Rekord für Homeruns von einem gewissen Carl Yastrzemski ein!
Für den "Go-Ahead-Run", also den zur ultimativen Führung in dem Spiel jedoch sorgte ein anderer unerwarteter Held: Rookie-Third-Baseman Rafael Devers! Devers, der aufgrund seiner ausbaufähigen Defense in der Saison stets kritisch beäugt wurde und nur bedingt an sein elektrisierendes Debüt Ende 2017 anknüpfte, sorgte gleich für eine Reihe von Clutch-Hits in dieser Postseason. In Erinnerung bleibt besonders der 3-Run-Shot gegen Houston in Spiel 4, das den Astros den Zahn zog.
In der World Series sorgte er neben seinem so wichtigen Hit in Spiel 4 auch für den letztlich entscheiden RBI-Hit zum 5:3 in Spiel 1. Sein Platoon-Partner Eduardo Nunez brachte eben diese Partie letztlich mit seinem 3-Run-Shot außer Reichweite und ist ebenso einer, mit dem keiner in einem großen Moment gerechnet hätte.
Ebenfalls alles richtig machte Boston mit seinen Personalentscheidungen. Allen voran J.D. Martinez machte sich bezahlt. Der Outfielder und Designated Hitter lieferte eine Saison wie gemalt. Er trat als Free Agent in die großen Fußstapfen eines David Ortiz und avancierte wie gewünscht zum Power-Hitter Nummer 1 für dieses Team. Er brachte damit das Element zurück, was diesem Team 2017 noch abgegangen war.
Ebenso schlugen die Trades unter der Saison ein: Pearce kam von den Blue Jays, Eovaldi von den Rays. Rund machte die Sache schließlich das potenzielle MVP-Jahr von Mookie Betts, der der Motor dieser Truppe ist und als Lead-Off-Hitter die beste Offense der Liga von der Spitze befeuerte.
Red Sox 2018: Perfekter Mix aus Eigengewächsen und Free Agents
Betts und Martinez verkörpern so etwas wie die Essenz dieses Teams: Ein perfekter Mix aus Eigengewächsen und (teuren) Free Agents. Betts, Andrew Benintendi, Devers, Xander Bogaerts, Bradley, Kelly, Barnes sind wohl die prominentesten Spieler aus dem Farmsystem der Sox. Hinzu kommen die hochkarätigen Einkäufe wie Price (7 Jahre/217 Millionen Dollar), Martinez (5/110 Mio.) und Porcello (4/82,5 Mio.) sowie die High-Profile-Trade-Akquisen Sale und Kimbrel, die einiges an Talent gekostet haben.
Sie alle bildeten eine Einheit, die durch die Saison marschierte und erst das 13. Team seit 1969 wurden, das mit der besten Bilanz der Regular Season (108-54) letztlich auch den Titel holte. In beeindruckender Manier mit nur drei Niederlagen in der Postseason insgesamt.
Dass sie auch das teuerste Team waren, muss dabei gar nicht negativ ausgelegt werden. Die Dodgers hatten in den vergangenen vier Jahren jeweils die mit Abstand höchste Payroll und sie warten seit nunmehr 30 Jahren auf einen Titel.
Die Red Sox gingen mit der größten Payroll in die Saison, ebenso als einer der Topfavoriten und brachten ihre Mission Hollywood-reif in Hollywood zu Ende. Sie waren 2018 einfach nicht zu stoppen.
Dieser Artikel wurde ohne vorherige Ansicht durch die Major League Baseball veröffentlicht.