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MLB: Baseball-Legende Babe Ruth im Porträt: Der Vater von Michael Jordan

Babe Ruth war der erste Popstar der Sportwelt.
© getty/imago

Denkt man an Baseball, denkt man zwangsläufig an Babe Ruth. Der vielleicht größte Name überhaupt in der Geschichte der Major League Baseball gilt als Ikone des amerikanischen Sports. Ein Star sondergleichen, der die Grenzen des Sports lange vor allen anderen Athleten durchbrach. Er machte spätere Idole wie Michael Jordan erst möglich. SPOX blickt zurück auf die einzigartige Geschichte des Bambinos.

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Seite 1: Babe Ruth: Der erste Superstar der Sportwelt

Ein stabiler, seitlicher Stand, die rechte Schulter zeigt nach vorne, das rechte Bein ebenso und ist leicht eingedreht. Die Hände greifen um den Schläger, wippen leicht hin und her vor der Brust. Und dann ... ein Schwung, ein Knall!

Manchmal braucht es nur eine einzige Bewegung. Ein Schuss, ein Sprung, eine Eingebung und die Karriere eines Sportlers verändert sich für immer. Der Sportler kreiert scheinbar aus dem Nichts ein ikonisches Bild, das für immer in den Köpfen bleibt, das für immer in den Ohren klingt: Rahn, Ali, Jordan, Bolt - die Liste lässt sich beliebig fortsetzen. Sie alle wären nicht hier, sie alle wären nicht für immer in diesem unsterblichen Mythos aus Bildern und Erzählungen festgehalten worden, wäre nicht am 6. Februar 1895 ein sehr, sehr kräftiger Junge in Baltimore/Maryland geboren worden. Sein Name: George Herman Ruth Junior - der erste Homerun-König des Baseballs, der erste Hollywood-Sportler. Die erste große Ikone der Sportwelt oder wie man in den Staaten zu sagen pflegt: "He was larger than life."

Ruth ist die Blaupause für jede gute Sportlerbiographie: Die Eltern deutsche Immigranten aus der Pfalz und Betreiber einer traurigen Spelunke im ärmlichsten Zipfel von Baltimore. Barbetrieb und Kindererziehung? Schwierig. Der kleine George verbrachte bereits in jungen Jahren die meiste Zeit rauchend und trinkend auf der Straße, Probleme schien er magisch anzuziehen. Zahlreiche Schlägereien und Diebstahldelikte machten ihn in der Nachtbarschaft bekannt.

Der junge Babe Ruth: Mit Bier und Schlägereien ins Jugendheim

Die Schule besuchte George ohnehin nur dann, wenn ihm danach war. Deshalb zogen die Eltern irgendwann die Notbremse. Es ging für den siebenjährigen Ruth in ein katholisches Heim für schwer erziehbare Kinder; auch wenn er zunächst immer wieder ausbüxte, um jeden Abend bei ein paar Bier am elterlichen Kneipentresen aufzutauchen. Im Laufe der Zeit und im geregelten Betrieb der Schulmannschaft verliebte sich Babe jedoch in Baseball. Pitchen und Schlagen. Zwei simple Bewegungsabläufe und bereits Anfang des 20. Jahrhunderts die beliebteste Sportart in den USA. Bis zu America's favorite pastime fehlte allerdings noch etwas, beziehungsweise jemand.

Groß, ein wuchtiger Oberkörper, lange Arme - Ruth wurde dank seines sportlichen Talents rasch zu einem lokalen Phänomen. Der physisch beeindruckende Junge führte die Schulmannschaft der St. Mary's Industrial School For Boys von einem Sieg zum nächsten. Großen Anteil daran hatte Bruder Matthias, einer der Priester in der streng katholischen Anstalt. Er förderte das Talent des Energiebolzens, den alle später wegen seines juvenilen Charakters nur Babe riefen.

Jeder kennt Babe Ruth den Baseball-Spieler

Jeder kannte Babe. Er war laut, ungehobelt, herzlich und konnte mehr Essen verschlingen als jede Restetonne eines Supermarkts. Matthias war der erste Erwachsene in Babes Leben, der erkannte, welches Talent in dem aufmüpfigen Jungen steckte. Aber Geld verdienen mit Baseball? Pitchen und Schlagen? Ein Traum, der damals noch hoffnungsloser erschien als heutzutage.

Der amerikanische Sport war zwar mit der erste, der Profispieler zuließ, allerdings ähnelte die damalige Baseball-Landschaft viel mehr einem Zirkus auf Reisen. Die kurze Saison der Major League spielte sich nur in den größeren Städten ab. Mehr Geld erzielten die Teams mit Showmatches. Kein Dorf zu klein, kein Platz zu abgelegen. Die Spieler waren fast 365 Tage auf Achse und allein mit Kurzzeitverträgen ausgestattet. Nur die wirklich großen Namen konnten mit ihrem Gehalt ein sorgenfreies Leben führen. Das schreckte Ruth aber nicht ab. Als linkshändiger Pitcher ging es über Umwege zu den Boston Red Sox. Es dauerte nicht lange, bis Ruth auch dort von sich reden machte.

Babe Ruth legt sich mit den Boston Red Sox an

Trotz seines unübersehbaren Talents geriet er mit seiner vorlauten Art schnell mit nahezu dem gesamten Team aneinander. So wurde ihm nicht nur aus sportlichen Gründen verboten, das Batting zu üben. Er sollte pitchen, dafür wurde er bezahlt. Nicht mehr und nicht weniger. Als er zum wiederholten Male dabei erwischt wurde, wie er den Schläger in die Hand nahm, wurden ihm all seine Schläger in zwei Teile gesägt.

Sein Debüt in der Major League Baseball im Jahr 1915 konnte dennoch niemand verhindern. Die ersten Spiele verliefen ohne große Höhepunkte, bis es zum ersten Aufeinandertreffen mit den New York Yankees kam. Die perfekte Bühne für das erste Ausrufezeichen. Ruth trat als großer Unbekannter in die Batter's Box, ihm gegenüber Stand Jack Warshop, der den USA bis heute vor allem deshalb bekannt ist, weil er eben den ersten Homerun des großen Bambinos zuließ. Bereits der erste Schlag saß, Ruth katapultierte den Ball mit seinem linken Schwung brachial durch die milde Frühlingsluft direkt in den oberen Rang der Tribüne im Right Field. Die 8000 Zuschauer rieben sich verwundert die Augen.

Laut des New York Evening Journal sah Warshop den Jungspund danach "vorwurfsvoll an, der so dreist war, einem Kollegen so etwas anzutun." Ja, anzutun. Ein Homerun war zu jener Zeit eine absolute Rarität und eine Schmach für jeden Pitcher. Baseball war enorm defensiv, Pitcher bestimmten die Dynamik eines Spiels, während Batter vor allem mit Sicherheitsschlägen kurze Läufe von Base zu Base ermöglichen sollten. Jene kompromisslose Risikofreude war es, die Ruth von allen Spielern zu jener Zeit abhob. Er entwickelte im Laufe seiner Karriere ein simples Mantra: "Jeder Strike bringt mich dem nächsten Homerun näher."

Babe Ruth gewinnt die erste World Series

Trotzdem feierte er seine ersten World-Series-Titel (1915, 1916) mit den Boston Red Sox hauptsächlich als erfolgreicher Pitcher. Besonders sticht dabei seine Leistung in Spiel 2 der 1916er-Serie heraus. Sein Complete Game gegen die Brooklyn Suberbas (Vorgänger der Dodgers) ist mit 14 Innings bis heute das längste in der Geschichte der MLB-Playoffs. Das Kuriose: Gerade seine starken Pitching-Leistungen verhinderten lange Zeit, dass Babe häufiger als Batter in Erscheinung trat. Als vermeintlich bester linkshändiger Pitcher der MLB tat sich das Management schwer, dem jungen, leichtsinnigen Star noch mehr Aufgaben zu übertragen; sehr zum Missfallen von Ruth. Er liebte es, neben seinem "Job" als Pitcher, den Ball hin und wieder Richtung Himmel zu prügeln.

Sein Glück: Die Fans liebten es, ihm dabei zuzusehen. Der knallharte Zug seiner Donnerschläge, die voll auf Risiko ausgelegt waren, machte an der Ostküste so langsam die Runde. Deshalb hatte die Franchise irgendwann ein Einsehen - mehr Zuschauer, mehr Einnahmen. Im Mai 1917 gelangen Ruth erstmals vier Home Runs in vier Spielen, endlich rückte er in der Batting Order weiter auf. Seine Popularität explodierte förmlich. Jeder wollte sehen, wie der nächste Ball wie ein Komet durch das Stadion flog. Selbst seine Strikes wurden vom Publikum gefeiert: "Wenn Ruth einen Schwung neben den Ball setzt, fängt die Menge sofort an zu johlen", hielt ein Journalist aus Boston fest.

Babe Ruth knackt Rekorde

Und Ruth wurde immer besser. Mit Leichtigkeit knackte er 1918 den AL-Saisonrekord von Ralph Seybold, der 1902 16 Home Runs geschlagen hatte. Mitte des Sommers war auch der MLB-Rekord dahin (24). Ruth schloss schließlich mit 29 Home Runs die Saison ab und avancierte zum ersten Spieler, dem in allen 8 Stadien der MLB ein Home Run gelang. Der endgültige Hype brach allerdings erst aus, als der damalige Red-Sox-Besitzer, Theater-Vermarkter Harry Frazee, aus finanziellen Gründen gezwungen war, den Publikumsmagneten nach New York zu verkaufen. Bis heute glauben zahlreiche Bostonians an eine Verschwörung. Schließlich war Frazee selbst aus New York und soll unter der Hand einen Deal mit Yankees-Besitzer Jacob Ruppert eingefädelt haben.

Für 100.000 Dollar (damals die höchste Ablösesumme der Sportwelt) wechselte der Vertrag von Ruth 1919 zum bis heute größten Rivalen der Red Sox. Dieser Wechsel gilt nach wie vor als einer der größten 'Steals' der Sportgeschichte. Während sich die Yankees zu einem der erfolgreichsten und wohlhabendsten Teams der Sportwelt entwickelten, litt Boston von 1918 bis 2004 unter dem "Fluch des Bambinos": 86 Jahre lang sollten die Red Sox keinen World-Series-Titel mehr gewinnen. Doch der Wechsel markiert nicht nur aus Baseball-Sicht einen historischen Wendepunkt. Die richtige Person, der richtige Ort, die richtige Zeit. Ruth, New York, die Roaring 20s.

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