Am Ende war es nicht mehr wirklich überraschend, dass Aaron Boone der 35. Manager der New York Yankees geworden ist. In den letzten Wochen sickerten nach und nach Informationen über die Vorstellungsgespräche durch, die suggerierten, dass sich der Analyst vom prestigeträchtigen "Sunday Night Baseball", dem MLB-Flaggschiff vom Sportnetwork ESPN, sehr gut verkauft habe.
In den Tagen vor der Bestätigung Boones wurden in den Medien dann Kandidaten eliminiert, bis letztlich nur noch Hensley Meulens, Bench Coach der San Francisco Giants, und eben Boone übrig geblieben waren. Boone steht für das, was General Manager Brian Cashman wollte: Einen kommunikativen Typen, der eine Connection zu den überwiegend jungen Spielern im mit hochveranlagtem Talent gespickten Kader des 27-maligen Champions aufbauen könne. Und analytischen Daten gegenüber ist er auch aufgeschlossen. All das demonstrierte er bereits während seiner acht Jahre bei ESPN.
Yankees-Fans ist Boone ohnehin in bester Erinnerung, war er es doch, der diesen ikonischen Walk-Off-Homerun in Spiel 7 der ALCS 2003 gegen den Erzrivalen Boston Red Sox geschlagen hat. Im 12. Inning drosch er Tim Wakefields ersten Pitch auf die Tribüne im Left Field und ließ das alte Yankee Stadium beben. Seither erreichten - und gewannen - die Yankees nur noch eine World Series (2009).
Das war allerdings auch der einzige Moment für Boone in Pinstripes. Kurz darauf war sein kurzer Aufenthalt in der Bronx auch schon wieder vorbei. Er hatte sich beim Basketball das Kreuzband gerissen. Basketball freilich ist eine Aktivität, die MLB-Profis vertraglich untersagt ist. Die Yankees nutzten dies und lösten den Kontrakt mit dem Third Baseman auf. Als Ersatz holte man schließlich einen gewissen Alex Rodriguez für die Hot Corner - gewissermaßen half Boone also indirekt mit, den Titel 2009 zu sichern.
Aaron Boone: Yankees-Rückkehr mit erheblichen Fragezeichen
15 Jahre später ist Boone zurück und kommt nicht ohne erhebliche Fragezeichen. Die schreibende Zunft zeigte sich skeptisch, vor allem die lokalen Beat Writer attackierten die Unerfahrenheit des Rookie-Managers, obwohl der noch nicht mal offiziell vorgestellt wurde.
Diese Unerfahrenheit ist sicherlich ein valider Kritikpunkt, schließlich hat Boone noch rein gar nichts im Baseball außerhalb seiner Spielerkarriere gemacht. Direkt nach seinem durch einen Herzklappenfehler hervorgerufenen vorzeitigen Ruhestand stieg er ins TV-Geschäft ein und arbeitete als Experte - erst im Studio, dann als Teil der Monday-Night- und schließlich Sunday-Night-Crew mit Kommentator Dan Shulman und Expertin Jessica Mendoza.
Doch wie wichtig ist lange Erfahrung wirklich für einen Manager? Für A.J. Hinch sind die Astros erst die zweite Manager-Station gewesen, nachdem er 2009 und 2010 die Diamondbacks angeführt hatte. Als Joe Girardi vor zehn Jahren die Yankees übernahm, hatte er genau ein Jahr Erfahrung als Manager - bei den Marlins 2006. Beide tragen nun Ringe.
Die Yankees wiederum sind ein anderes Kaliber, schließlich wird von ihnen in jedem Jahr der Titel verlangt, obgleich das in den letzten Jahren nicht immer realistisch erschien. Mit Aaron Judge, Gary Sanchez und den anderen jungen Wilden dürften die Ambitionen jedoch wieder steigen. Boone übernimmt also einen Posten, auf dem er nur verlieren kann - es sei denn, er bringt die Commissioner's Trophy in die Bronx!
Aaron Boone: Erfahrung durch lange Baseball-Familiengeschichte
Auch im Vorstellungsgespräch mit den Yankees kam der Punkt Erfahrung zur Sprache. Hal Steinbrenner, der Eigner des Teams, ließ kürzlich in einem Interview wissen, dass er Bedenken hätte bei einem unerfahrenen Manager. Er schränkte jedoch ein, dass dies für GM Cashman nicht ganz so tragisch wäre. Boone ist somit zweifelsohne die Wahl von Cashman.
Boone selbst sagte kürzlich: "Ich bin in den Ballpark gegangen, seit ich drei oder vier Jahre alt war. So habe ich gewissermaßen schon in sehr jungem Alter das Spiel gemanagt." Grund dafür war sein Vater, Bob Boone: "Mein Dad war von meiner Geburt bis zu meinem Senior-Jahr in der High-School in den Big Leagues. Dadurch, dass ich immer in der Nähe von großartigen Teams und Spielern war, habe ich das Spiel gelebt." Unterm Strich fasste er zusammen: "Ich würde sagen, dass ich mich auf diesen Job gewissermaßen seit 44 Jahren vorbereitet habe", sagte der 44-Jährige.
Bob Boone spielte 19 Jahre als Catcher in der MLB, gewann mit den Phillies 1980 die World Series, war vier Mal All-Star und wurde sieben Mal mit dem Gold Glove Award ausgezeichnet. Anschließend managte er drei Jahre die Royals und drei Jahre die Cincinnati Reds, bei denen Aaron den Großteil seiner Karriere verbracht hatte. Bis 2003, als jener in der Saison nach New York getradet wurde. Seit 2004 arbeitet Bob Boone als Assistant General Manager für die Washington Nationals.
Bob wiederum ist der Sohn vom früheren Major-League-All-Star Ray Boone, der 1948 mit den Cleveland Indians die World Series als Infielder gewann. Zudem spielte auch Bret Boone, Aarons Bruder, lange Jahre in den Big Leagues. Der Name Boone hat also eine lange Tradition im Baseball.
Über die nötige Kommunikationsfähigkeit verfügt Boone nachweislich, eine Connection zu den jungen Spielern sollte schon aufgrund seines jungen Alters kein großes Problem darstellen. Erfahrung bringt er durch seine Familie ebenso mit. Was ist also mit dem in der heutigen Zeit so wichtigen Thema Analytik?
Aaron Boone: Manager als Erweiterung des Front Offices
Boone gibt jedenfalls die richtige Antwort auf diese Frage: "Es gibt einiges, das man bedenken muss und es gibt sehr viele großartige Informationen, die ins Spiel eingeträufelt werden. Heute ist es mehr denn je eine Partnerschaft zwischen Front Office und Manager", um es auf den Punkt zu bringen: "Wir sind eine Erweiterung des Front Offices und ein Teil des Front Offices. Wie wir Informationen sammeln und sie den Spielern vermitteln, ist ein sehr wichtiger Teil des Jobs heutzutage."
Auf der anderen Seite spricht die Historie der Yankees eher nicht für Erfolg, wenn es um Rookie-Manager geht. Seit 1946 haben sie das nicht mehr versucht. Damals durfte sich der ehemalige Catcher und spätere Hall-of-Famer Bill Dickey versuchen, mit überschaubarem Erfolg. Er wurde allerdings erst mitten in der Saison inthronisiert.
Unterm Strich erfüllt Boone die Kriterien, die Cashman als wichtig erachtete, wobei übermäßige Erfahrung anscheinend kein großer Faktor war. Neben Boone sollen auch Meulens und der kürzlich zurückgetretene Carlos Beltran im Interview äußerst überzeugend aufgetreten sein - beide haben noch nie als Manager fungiert, wenn man vom WBC-Auftritt Meulens' mit den Niederlanden absieht.
Die Entscheidung für Boone ist eine erfrischende, Cashman will frischen Wind entfachen und sieht die Rolle des Managers klar definiert: Er muss für gute Atmosphäre sorgen, sich der enormen Menge an analytischen Daten bedienen und sich diese zunutze machen. Hinch tat dies gerade in den Playoffs und schlug die Yankees in Spiel 7 mit einer rauen Menge an Breaking Balls, weil die Analytik-Abteilung eine Schwäche gegen diese Pitches bei den Yankees erkannt hatte. Cashman will solche Informationen auch umgesetzt wissen.
Die Yankees verfügen über einen Luxuskader, in den noch einige Youngster nachrücken werden, die allesamt großes Potenzial versprechen. Boones Aufgabe ist nun, dieses Potenzial auszuschöpfen. Nicht mehr, aber auch auf keinen Fall weniger.
Dieser Artikel wurde ohne vorherige Ansicht durch die Major League Baseball veröffentlicht.