MLB

Wenn eine Katze Hoffnung macht ...

Lucas Hackmann mit der "Rally Cat" - noch unverletzt
© https://twitter.com/Cardinals
Cookie-Einstellungen

Verpatzer Saisonstart: "Niemand sollte sich sicher fühlen"

Doch diese Selbstsicherheit fing zuletzt an zu bröckeln: Nach vier NLCS-Teilnahmen in Serie schied man 2015 in der ersten Playoff-Runde aus, 2016 wurde die Postseason gar komplett verpasst. Die Konkurrenz hat aufgeholt, der so lange belächelte Erzrivale aus Chicago ist sogar vorbeigezogen und gewann im letzten Jahr nach 108 Jahren wieder den Titel. Plötzlich waren die Cardinals nicht mehr der große Bruder - für die Fans eine bittere Pille.

Ein Übergangsjahr war gerade noch erlaubt, aber was den Fans bislang in dieser Saison besonders übel aufstößt, war die Art und Weise, wie ein Sieg nach dem anderen weggeschenkt wurde. Schlampiges Spiel, Fehler auf den Bases und in der Defensive, zu viele knappe Niederlagen, auch durch ungewohnte Schwächen im Bullpen. Das ist er nicht, der "Cardinal Way".

Dank der ebenfalls lange schwächelnden Cubs ist der Division-Titel nicht wirklich außer Reichweite, aber der erhoffte Run will einfach nicht gelingen. Sind die Starting Pitcher gut, versagt der Bullpen. Hält die Defensive dicht, will offensiv nichts klappen. Am 9. Juni stand man bei einer Bilanz von 26-32, trotz der drittbesten Rotation der MLB (3.58 ERA). So schlecht war man seit zehn Jahren nicht mehr.

President of Baseball Operations John Mozeliak feuerte als Reaktion mehrere Coaches, Infielder Jhonny Peralte wurde trotz ausstehender Gehaltszahlungen von über sechs Millionen Dollar direkt entlassen. "Wir haben auf vielen Ebenen versagt", droht Mozeliak. "Niemand soll sich sicher fühlen, mich selbst eingeschlossen."

Den St. Louis Cardinals fehlt der Superstar

Es wird besser, wenn auch nur marginal: Mehrere Monate schrammte man immer wieder an der ausgeglichenen Bilanz vorbei, gleichzeitig stürzte man aber auch nicht ab. Die Cardinals stehen im Niemandsland, und deshalb geht die Trade Deadline auch ereignislos vorüber - das Farm System für einen Star auszuweiden ist zu riskant, ein eigener Schlussverkauf aber ebenfalls nicht zwingend. Also hält Mozeliak die Füße still, der große Knall könnte im Winter folgen. "Wären wir bereit, für einen sehr guten Spieler tief in die Tasche zu greifen? Absolut, ja", betonte General Manager Michael Girsch vor kurzem.

Gleichzeitig will das Front Office aber auch nicht vom bisherigen Modus Operandi ablassen und zu viel opfern, um einen Superstar ins Lineup zu bekommen. Doch der fehlt an allen Ecken und Enden. Das Team ist noch immer größtenteils jung und lange unter Vertrag, gerade im Outfield gibt es fast schon zu viele Optionen. Aber der Spieler, der den Unterschied macht, der fehlt eben: 7 Spieler haben mindestens 14 Homeruns geschlagen, aber keiner bisher die 20 geknackt. Gleich vier Starter stehen bei einem ERA unter 4.00, aber ein wirkliches "Ass", einen Starter mit einem ERA unter 3.00 hat man für ein eventuelles Wildcard-Game ebenfalls nicht im Ärmel.

"Mann, wir sind einfach nicht gut" - oder?

Ein zweites Jahr in Serie ohne Playoffs würde nicht ohne Folgen bleiben. Vielleicht würde Besitzer William DeWitt Jr. die Payroll (Platz 15 in der Liga) noch etwas anheben, kaum vorstellbar aber, dass Manager Mike Matheny seinen Job behalten dürfte. Trotz der großen Erfolge in seinen sechs Jahren als Teamchef.

Matheny selbst, als Spieler von 2000-2004 im Jersey der Cardinals aktiv, predigt in den letzten Wochen stoisch Durchhaltevermögen. Die Spieler schieben derweil Frust. "Mann, wir sind einfach nicht gut. Wir sind nicht dynamisch, wir sind zu langsam, haben nicht genug Power", spricht Outfielder Tommy Pham Anfang August Klartext. "Die guten Teams haben das. Wir haben nur eine Menge Jungs, die nach einer Lösung suchen."

First Baseman Matt Carpenter dagegen bleibt optimistisch: "Ich habe es immer wieder gesagt: Wir haben zu viele etablierte Spieler, die nicht gut waren. Früher oder später kommt dann der Durchbruch."

Magische Aufholjagd dank der "Rally Cat"?

Der Durchbruch. Ist er endlich da? Vielleicht sogar durch die "Rally Cat"? "Als ich die Katze sah, wusste ich, dass etwas Außergewöhnliches passieren würde", sagt Carpenter am Mittwoch. Nach dem Auftritt des Stubentigers gewannen die Cardinals erstmals in diesem Jahr ein fünftes Spiel in Folge, tags darauf folgte der nächste Sieg. Plötzlich trumpft die Offense auf, erzielt in den sechs Spielen im Schnitt enorme 9 Runs, und der Bullpen stellt seit Juli die besten Reliever der MLB (2.20 ERA).

Vielleicht ist es nur ein Zwischenhoch. Womöglich hat sich der Hype um "Rally Cat" in wenigen Tagen wieder erledigt, wenn das Team ein paar Niederlagen kassiert und die Cubs wieder davonziehen. Wer weiß, welche Spieler dann im Winter ihren Spind ausräumen müssen.

Aber mit nur noch einem Spiel Rückstand auf die Division-Spitze ist wieder alles möglich und das Selbstvertrauen bei Spielern und Fans so hoch wie noch nie in dieser Saison. Und Baseball ist manchmal einfach nur ein verrückter Sport. Wer weiß: Wenn ein Eichhörnchen in St. Louis zur Legende werden kann, warum dann nicht auch eine Katze?

Die ist übrigens spurlos verschwunden: Ein weiblicher Fan wollte das Tier mit nach Hause nehmen, doch in einem Park riss es sich los und war auf und davon.

Ob die "Rally Cat" bei einer Playoff-Teilnahme wieder auftaucht?

Inhalt:
Artikel und Videos zum Thema